
Mortimer Road 121 in Hackney.
Photo © Chris Whippet (cc-by-sa/2.0)
Über Exzentriker, die aus welchen Gründen auch immer, den starken Drang verspürten, unter ihren Häusern tiefe Tunnel und Höhlen zu graben, habe ich in meinem Blog schon zweimal berichtet. Da war einmal Lord William John Cavendish-Scott-Bentinck, der 5. Duke of Portland, der unter seiner Welbeck Abbey ein Labyrinth an Gängen und Sälen ausgraben ließ, und dann Joseph Williamson, der Maulwurf von Liverpool, der dort in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Edge Hill-Distrikt Ähnliches tat.
Auch im London Borough of Hackney gab es einen Mann namens William Lyttle (1931-2010), der sein Haus in der Mortimer Road Nummer 121 derart unterhöhlte, dass dort sogar schon einmal der Bürgersteig einbrach und die verängstigten Anwohner einen Blick auf die Tunnelgänge werfen konnten. Diese unterirdischen Bauarbeiten waren aber keine vorübergehende Marotte des Mannes, er arbeitete sage und schreibe vierzig Jahre an seinem Höhlensystem. Kurz nachdem The Mole Man of Hackney das Haus von seinen Eltern geerbt hatte, machte er sich ans Werk und wollte, nach seinen eigenen Worten, nur einen Weinkeller ausgraben, doch dann konnte er einfach nicht mehr aufhören mit dem Buddeln. Über hundert Kubikmeter Erde hob er aus und dass er dabei auch hin und wieder auf unterirdisch verlegte Stromkabel stieß, brachte ihn nicht aus der Ruhe, dafür aber die Nachbarn, die plötzlich ohne Strom dasaßen. Ihnen wurde der Mann in der Nummer 121 allmählich unheimlich und sie wendeten sich an die Stadtverwaltung, die der Angelegenheit auf den Grund ging und die Grabungsarbeiten stoppte. William Lyttle wurde aus dem einsturzgefährdeten Haus verbannt und von einem Gericht zur Zahlung von £293,000 verurteilt, Kosten die der Stadtverwaltung für Reparaturarbeiten entstanden waren und die der Mann natürlich nicht bezahlen konnte. 33 Tonnen Unrat holte man aus den Gängen und von seinem Grundstück, darunter mehrere Schrottautos. Die Tunnel mussten mit Beton aufgefüllt werden, damit nicht eines Tages alles zusammenkrachte. Die Stadtverwaltung brachte Lyttle erst in einem Hotel, dann in einer in einem Hochhaus (!) gelegenen Wohnung unter, in der der Exzentriker dann am 7. Juni 2010 starb.
Das Haus in der Mortimer Road wurde zum Verkauf angeboten, doch es fanden sich erst keine Käufer, bis es dann von dem Künstlerpaar Sue Webster und Tim Noble für £1.1 Millionen ersteigert wurde. Zusammen mit dem Architektenbüro David Adjaye wollen sie das Gebäude erhalten, aber umbauen. Einige der noch offenen Tunnel planen sie als Studios zu verwenden. Den Künstlern und dem Architekten sind wir in meinem Blogartikel über das Londoner Dirty House in der Chance Street schon einmal begegnet.
Hier ist ein Film über das Haus in der Mortimer Street und ein Lied, das vom Mole Man of Hackney inspiriert wurde.

William Lyttles Haus aus einer anderen Perspektive.
Photo © Chris Whippet (cc-by-sa/2.0)