The Missing Princes Project – Auf der Suche nach den wahren Mördern der Söhne Edwards IV

Der Tower of London; hier wurden die beiden Prinzen das letzte Mal gesehen.   © Copyright David Dixon and licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

Der Tower of London; hier wurden die beiden Prinzen das letzte Mal gesehen.
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Die schottische Historikerin Philippa Langley hat ein Händchen für das Aufspüren historischer Persönlichkeiten. Erst fand sie die sterblichen Überreste Richards III. unter einem Parkplatz in der Stadt Leicester und sorgte dadurch dafür, dass der umstrittene König nun seine letzte Ruhestätte in der Kathedrale der Stadt gefunden hat, und nun geht sie ein neues Projekt an, durch das sie beweisen möchte, dass King Richard zu Unrecht einen so schlechten Ruf genießt und er nicht der Mörder seiner beiden Neffen ist.

Die Richard III Society hat viele tausend Mitglieder, die in der ganzen Welt zu finden sind. Ihr Ziel: „The Society aims to promote, in every possible way, research into the life and times of Richard III, and to secure a reassessment of the material relating to this period, and of the role of this monarch in English history“. Philippa Langley, eines der aktivsten Mitglieder der Gesellschaft, hat nun mit dem The Missing Princes Project ein weiteres ehrgeiziges Ziel in Angriff genommen und genießt dabei die volle Unterstützung der Richard III Society.

Was war 1483 geschehen? Die beiden Söhne König Edward IV, der 12jährige Edward V und der 9jährige Richard of Shrewsbury, waren in diesem Jahr im Londoner Tower untergebracht und verschwanden von dort spurlos. Sie sind zweifellos ermordet worden, denn sie standen mehreren hochrangigen Personen im Weg. Hauptverdächtiger war ihr Onkel Richard III, und ob er tatsächlich der Auftraggeber für die Morde war, darüber streiten sich die Historiker noch heute. In ihrem The Missing Princes Project geht Philippa Langley nun diesem geheimnisumwitterten Fall nach und will dabei jeder noch so kleinen Spur folgen, in Archiven nach noch unveröffentlichten Dokumenten suchen und mit Hilfe der Richard III Society-Mitglieder den Fall endgültig lösen.

Im Polizeijargon spricht man von einem „Cold Case“ und mit kriminalpolizeilichen Untersuchungsmethoden soll die Lösung des Falles der ermordeten Prinzen gefunden werden, auch unter Hinzuziehung von Experten wie Profilern und Forensikern. Die Untersuchung beginnt ganz von vorn, alle Gerüchte, die sich im Laufe der Jahrhunderte gebildet haben, werden beiseite geschoben, nur Fakten zählen. Käme der Fall heute vor Gericht, so ein US-amerikanischer Strafverteidiger, würde keine Jury der Welt Richard III verurteilen, denn es liegen keinerlei Beweise gegen ihn vor, niemand sah ihn auf frischer Tat, alles beruht nur auf Hörensagen und Vermutungen.

The Missing Princes Project könnte viele Jahre in Anspruch nehmen (die Suche nach den Überresten Richards III dauerte zehn Jahre). Für ihre bisherigen Arbeiten wurde Philippa Langley von der Queen mit dem Orden Member of the Most Excellent Order of the British Empire (MBE) ausgezeichnet. Über den Fortgang des neuen Projektes kann man sich auf ihren Webseiten bzw. auf Revealing Richard III informieren.

Dieser Film zeigt die historischen Zusammenhänge um die beiden Prinzen im Tower.

Das Buch zum Artikel:
Bertram Fields: Royal Blood – King Richard III and the Mystery of the Princes. The History Press 2006. 352 Seiten. ISBN 978-0750943901.

Die letzte Ruhestätte Richard III in der Kathedrale von Leicester.   © Copyright Julian P Guffogg and licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

Die letzte Ruhestätte Richard III in der Kathedrale von Leicester.
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Foto meines Exemplares.

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Published in: on 28. September 2016 at 02:00  Kommentar verfassen  
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König Richard III und seine Abschiedstour durch Leicestershire am 22. März 2015

Die Kathedrale von Leicester.    © Copyright Ashley Dace and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

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Über das Auffinden des Skeletts von Richard III unter einem Parkplatz in der Stadt Leicester habe ich in meinem Blog schon berichtet. Kurz nach der Entdeckung besuchten wir Leicester und wandelten einen Vormittag auf den Spuren Richards. Eine Zeit lang gab es Streitigkeiten, wo der König denn nun seine letzte Ruhestätte finden sollte; sowohl Leicester als auch York wollten die Gebeine in ihren Mauern haben. Dann fiel die Entscheidung doch auf Leicester. Hier wird Richard III am 26. März 2015 in Anwesenheit der Erzbischöfe von Canterbury und Westminster in der Kathedrale beigesetzt. Doch vorher soll es noch so eine Art Abschiedstournee durch die nähere Umgebung von Leicester geben, zu Plätzen, die für Richard III von Bedeutung waren.

Am Sonntag, dem 22. März geht es los. Die sterblichen Überreste des einstigen Königs werden von der Universität von Leicester abgeholt, wo man sie wissenschaftlich untersucht hat. Der Trauerzug setzt sich dann in Richtung Fenn Lane Farm in Bewegung, das ist der Ort, an dem der König während der Schlacht von Bosworth am 22. August 1485 erschlagen wurde. Weiter geht es zur Kirche St James the Greater in Dadlington, wo auf dem Kirchhof zahlreiche Gefallene der Schlacht beigesetzt wurden.
Die nächste Station ist das Dorf Sutton Cheney mit seiner Kirche St James; es heißt, hier hätte Richard III am Vorabend der Schlacht seine letzte Messe besucht.
Dann geht es weiter in Richtung Bosworth Battlefield Heritage Centre. Auf diesem weitläufigen Gelände, auf dem die Schlacht von Bosworth ausgetragen wurde, ist ein Open-Air-Geschichtsmuseum eingerichtet worden. Der Bischof von Leicester wird hier am frühen Nachmittag eine kurze Gedenkzeremonie abhalten. Anschließend wird der Trauerzug die Orte Market Bosworth, Newbold Verdon und Desford besuchen, bevor er die letzte Etappe zurück nach Leicester einschlägt. An der Bow Bridge, die über den River Soar führt, wird der Zug vom City Mayor und Lord Mayor von Leicester empfangen. Über diese Brücke zog Richard in die Schlacht und über diese Brücke kam er wieder zurück, als toter Mann über den Rücken eines Pferdes geworfen. Von hier aus werden die sterblichen Überreste auf einem pferdegezogenen Leichenwagen durch das Stadtzentrum zur Kathedrale gebracht, wo sie der Dean of Leicester empfangen wird. Von jetzt ab ist die Kirche und nicht mehr die Universität für den Leichnam verantwortlich.

Von Montag bis Mittwoch bleibt Richard III in der Kathedrale aufgebahrt, so dass die Bevölkerung (und die vielen Anhänger, die er noch immer in der ganzen Welt hat) Abschied nehmen können, bevor schließlich am 26. März der sogenannte „re-burial service“ stattfindet. Am Tag darauf wird dann das versiegelte Grab erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.

Fenn Lane Farm.    © Copyright Mat Fascione and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

Fenn Lane Farm.
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St James the Greater in Dadlington (Leicestershire).    © Copyright John Salmon and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

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St James in Sutton Cheney (Leicestershire).    © Copyright John Salmon and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

St James in Sutton Cheney (Leicestershire).
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Bosworth Battlefield Heritage Centre. Eigenes Foto.

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Die Bow Bridge in Leicester.    © Copyright Stephen Richards and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

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Published in: on 2. Dezember 2014 at 02:00  Kommentar verfassen  
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Zwei bemerkenswerte Brücken Teil 2: Die Bow Bridge in Leicester – Richard III und eine Wahrsagerin

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Vor einigen Monaten schloss ich mich einer geführten Tour an, die auf den Spuren von Richard III durch die Stadt Leicester führte (ich berichtete in meinem Blog darüber). Im letzten Jahr fand man dort ja das Skelett des Königs unter einem Parkplatz, was sogar in den großen nationalen und internationalen Tageszeitungen für Schlagzeilen sorgte. Die Tour machte auch an der Bow Bridge Halt, die über den River Soar führt.

Am Morgen des 21. August 1485, einem Sonntag, zog Richard III „with great triumph and pomp“ über diese Brücke in die Schlacht von Bosworth, die er nicht überleben sollte. Eine alte Frau beobachtete den Auszug aus Leicester und machte eine Prophezeiung: Dort wo der König   mit seinen Sporen gegen einen Stein der Brückenbrüstung stoßen wird, an dieser Stelle wird er bei der Rückkehr aus der Schlacht auch mit seinem Kopf stoßen. Die Wahrsagerin hatte Recht, denn nachdem der König in der Schlacht gefallen war, legte man seinen Körper quer über ein Pferd und brachte ihn nach Leicester zurück. Beim Überqueren der Bow Bridge stieß dann tatsächlich sein Kopf gegen die gleiche Stelle. Diese Legende/Geschichte ist auf einer Tafel festgehalten, die direkt an der Brücke angebracht ist. Natürlich handelt es sich nicht mehr um die gleiche Brücke wie damals im Jahr 1485; die heutige Bow Bridge wurde 1862 an der gleichen Stelle errichtet, wo die alte stand.

Die Stadtväter von Leicester widmeten die Gestaltung der Brücke ganz dem in der Schlacht von Bosworth gefallenen König: Das Geländer ist mit der weißen Rose von York, Richards Emblem, dem weißen Eber, und seinem Wahlspruch „Loyaulte me Lie“ (Loyalty binds me) verziert.

Bis vor kurzer Zeit war man der Meinung, dass Richards Leiche damals in der Nähe der Brücke in den River Soar geworfen wurde,  worüber eine weitere Plakette an der Bow Bridge informiert; eine Falschinformation wie man jetzt weiß.

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden in der ersten Jahreshälfte die Überreste des Königs in der Kathedrale in Leicester beigesetzt (es gibt auch eine Fraktion, die sie nach York holen will). Pläne für ein Grabmal existieren bereits und die Nachfrage nach Plätzen in der Kathedrale für die Trauerfeier scheint sehr groß zu sein wie das „Ricardian Bulletin“ in seiner Ausgabe vom Dezember 2013 berichtet.

Am 3. Oktober letzten Jahres erschien ein Buch von Philippa Langley, der treibenden Kraft für die Suche nach den Gebeinen des Königs unter dem Parkplatz in Leicester, mit dem Titel „The King’s Grave“, das über die Ausgrabungsarbeiten berichtet:

Philippa Langley & Michael Jones: The King’s Grave: The Search for Richard III“. John Murray 2013. 320 Seiten. ISBN 978-1848548909.

Eigenes Foto.

Eigenes Foto.

Eigenes Foto.

Eigenes Foto.

Blick von der Bow Bridge auf den River Soar. Eigenes Foto.

Blick von der Bow Bridge auf den River Soar.
Eigenes Foto.

Foto meines Exemplares. Hier handelt es sich um die US-Ausgabe; die englische Ausgabe hat ein anderes Umschlagbild und einen anderen Untertitel.

Foto meines Exemplares. Hier handelt es sich um die US-Ausgabe; die englische Ausgabe hat ein anderes Umschlagbild und einen anderen Untertitel.

Leicester – Eine Stadt ganz im Zeichen Richards III

Das rekonstruierte Gesicht Richards III. Eigenes Foto.

Das rekonstruierte Gesicht Richards III.
Eigenes Foto.

Seitdem man unter einem Behördenparkplatz in der Stadt Leicester die Gebeine des Königs Richard III gefunden hat, schlägt man dort daraus ganz schön Kapital, denn überall findet man in der Stadtmitte Plakate, die auf King Richard und die damit verbundenen Aktivitäten hinweisen.

Wir buchten schon früh von zuhause aus einen Blue Badge Guided Walk, der uns am Samstag, dem 25. Mai auf den Spuren Richards III quer durch das alte Leicester führte. Es war auch gut, dass wir im voraus unsere Tickets online bestellt hatten, denn die Führung war komplett ausgebucht, ja, es mussten sogar mehrere Leute, die auch teilnehmen wollten, weggeschickt werden. Der Walk führte zu mehreren markanten Stellen, die mit dem König zusammenhängen, wie u.a. zu seinem Standbild in den Castle Gardens, zu der Plakette am River Soar, die davon berichtet, dass seine Leiche an dieser Stelle in den Fluss geworfen worden ist (was sich ja mittlerweile als falsch erwiesen hat) und natürlich, als Highlight der Tour, zu der Ausgrabungsstelle am Grey Friars Car Park. Dort wurde ein Zelt über den Erdarbeiten errichtet, so dass man nicht allzuviel erkennen konnte.

Neben der Kathedrale, in der Guildhall, hat man die sehr interessante Ausstellung „Richard III: Leicester’s Search for a King“ aufgebaut, in der detailliert über den König und speziell über die Ausgrabung informiert wird. Ich war erstaunt, dass hier schon um 10 Uhr morgens Hochbetrieb herrschte. Die Ausstellung soll noch bis ins Jahr 2014 fortgeführt werden.
Nebenan in der Kathedrale, in der wir von einem sehr freundlichen Herrn und einer sehr redseligen Dame empfangen wurden, ist eine weitere Verbindung zu Richard III zu finden. Dort wurde in den Fußboden ein Memorial Stone eingelassen, der die Inschrift trägt:

Richard III King of England
Killed at Bosworth Field in this County
22nd August 1485
Buried in the Church of the Grey Friars
In this Parish

Ich warf einige Münzen in bereitgestellte Spendenbehälter; mit den Einnahmen möchte man sich dafür stark machen, dass Richard III seine letzte Ruhestätte hier in Kathedrale findet. Dabei zog ich mir den leisen Unmut meiner Frau zu, die wohl eher dafür plädiert, ihn im York Minster beisetzen zu lassen (ja, auch die Stadt York möchte den König gern in ihren Mauern haben).

Hier ist ein Film über die Ausgrabungen in Leicester und hier ein Rundgang durch die Stadt, so wie wir ihn gemacht haben.

Ein Schaubild von Richards Skelett in der Guildhall-Ausstellung. Eigenes Foto.

Ein Schaubild von Richards Skelett in der Guildhall-Ausstellung.
Eigenes Foto.

Der Gedenkstein in der Kathedrale. Eigenes Foto.

Der Gedenkstein in der Kathedrale.
Eigenes Foto.

Richards Standbild in den Castle Gardens, erklärt von unserem Guide. Eigenes Foto.

Richards Standbild in den Castle Gardens, erklärt von unserem Guide.
Eigenes Foto.

Unter diesem Zelt auf dem Grey Frias Car Park werden die Ausgrabungsarbeiten weitergeführt. Eigenes Foto.

Unter diesem Zelt auf dem Grey Friars Car Park werden die Ausgrabungsarbeiten weitergeführt.
Eigenes Foto.

Überall im Stadtgebiet findet man diese Hinweise auf Richard III. Eigenes Foto.

Überall im Stadtgebiet findet man diese Hinweise auf Richard III.
Eigenes Foto.

Richard III und seine treuen Anhänger im 21. Jahrhundert

Reproduction of a painting that is in the public domain because of its age

Wäre vor mehr als 500 Jahren ein reitender Bote zu Richard III gekommen und hätte  ihm prophezeit, dass 500 Jahre später noch immer tapfere Kämpfer seine Ehre verteidigen würden, so hätte ihn der König wahrscheinlich für verrückt erklären und ihn hinrichten lassen. Nur: Der reitende Bote hätte Recht gehabt!
Es gibt noch immer ein Häuflein Menschen in der ganzen Welt (einige Tauende), die verbissen darum kämpfen, dass Richard III in der Öffentlichkeit nicht als grausamer Tyrann dargestellt wird. Zusammengeschlossen haben sich diese Ricardianer in der „Richard III Society“ mit Sitz in London und vielen „branches“ u.a. in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland.

Auch in Deutschland gibt es einige wenige Menschen, die sich in einer Zweigstelle der britischen Society zusammengefunden haben.
Ich weiß das alles, weil ich mit einer Ricardianerin verheiratet bin, die alles über den Tyrannen, pardon König, weiß, und Mitglied in der britischen Gesellschaft ist. Meterweise Bücher über ihn blockieren unsere Regale und wehe irgendwann fällt das Wort „Heinrich VII“ (der Widersacher Richards) in positivem Sinne, dann kann das zu hitzigen Wortgefechten führen. Selbstverständlich ziert auch das Wappen der Richard III Society (ein weißer Eber) das Auto meiner Frau. Wir sind eben beide etwas englandverrückt.

Published in: on 25. Oktober 2009 at 19:49  Comments (15)  
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