The Wirral Egg Run – Ein jährliches Bikertreffen in Merseyside für wohltätige Zwecke

Photo: Meonia.
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Im April 1981 wurde der Wirral Easter Egg Run ins Leben gerufen, eine Idee des New Brighton Empress Motorcycle Club auf der Wirral-Halbinsel in Merseyside. Gerade einmal zwanzig Teilnehmer fuhren damals mit. Man wollte mit dem Easter Egg Run kranken Kindern im Heswall’s Children Hospital eine Freude machen, in dem sie jedem ein Osterei überreichten. Der nette Brauch wurde im Jahr 2013 aufgegeben, doch findet er wieder unter dem Namen Wirral Egg Run statt…aber erheblich erweitert. In diesem Jahr trafen sich am Sonntag, dem 17. März etwa 5000 Motorradfahrer, um Ostereier für benachteiligte Kinder auf der Halbinsel und Spenden für wohltätige Zwecke zu sammeln.

The Wirral Egg Run startete in New Brighton an der Coastal Road auf einer großen Freifläche namens The Dips und führte auf einer gemächlich gefahrenen, dreißig Kilometer langen Strecke durch Ortschaften der Halbinsel wie Wallasey, Hoylake, Heswall zur Claremont Farm an der Old Clatterbridge Road bei Bebington, dem Endpunkt. Da wir in England sind, nahmen zahlreiche Biker an dem Egg Run auch im „fancy dress“ teil, man kleidet sich zu allen möglichen Anlässen in England eben gern ein bisschen verrückt. Das eingesammelte Geld ging in diesem Jahr unter anderem an das Claire House Children’s Hospice, das nur einen Katzensprung von der Claremont Farm entfernt ist.

Dieser Film von Mr Drone UK, dessen Videos ich in meinem Film schon mehrfach gezeigt habe, dokumentiert den Start zum diesjährigen Wirral Egg Run aus luftiger Höhe.

Photo: Meonia.
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Dieses Luftbild zeigt New Brighton (Merseyside) und The Dips, die grünen Flächen am Meer, wo der Wirral Egg Run startet.
Photo © Peter Craine (cc-by-sa/2.0)

Die „Mählotterie“ in Yarnton in der Grafschaft Oxfordshire

Pixey Meads.
Photo © N Chadwick (cc-by-sa/2.0)

Bei Yarnton in der Grafschaft Oxfordshire, nördlich der Universitätsstadt, liegt die Wiesenlandschaft der Oxey Meads, der Pixey Meads und der Yarnton Meads. Mead ist ein veraltetes Wort für Auen und Flure. Die Wiesen gehören zu den sogenannten SSSI, den Sites of Special Scientific Interest, also ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Doch das war nicht immer so, denn diese „meads“ wurden jahrhundertelang landwirtschaftlich genutzt, sie wurden gemäht und das Heu als Viehfutter genutzt.

Die Mährechte sind jedes Jahr neu vergeben worden und zwar in Form eines lotterieartigen Verfahrens. Dreizehn Felder waren ausgewiesen, die alle einen bestimmten Namen trugen. Es gab dreizehn Kugeln, die Mead Balls, die mit den Namen der Mähfelder versehen waren, die in einem „Lotterietopf“ lagen, und die an einem bestimmten Tag des Jahres, dem ersten Montag, der dem St Peter’s Day folgte (dem 29. Juni), im Dorfpub von Yarnton gezogen wurden. Damals hieß er The Grapes Inn, heute ist es The Turnpike an der A44. Bei dieser traditionellen Veranstaltung ging es nicht immer besonders ruhig zu, denn man traf sich zu einem ausgiebigen Gelage, bei dem dem Alkohol kräftig zugesprochen wurde. Wenn alle Kugeln gezogen worden waren, begaben sich die glücklichen Gewinner auf die jeweiligen Felder, wo sie mit ihren Sensen ihre Initialen in das hohe Gras schlugen; jetzt konnte mit dem Mähen begonnen werden. Als in den 1970er Jahren die Wiesenlandschaft unter Naturschutz gestellt wurden, war es mit der alten Tradition vorbei.

The Turnpike in Yarnton (Oxfordshire).
Photo: Motacilla.
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Published in: on 27. März 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Cutty Wren – Eine uralte Zeremonie, die am Boxing Day in Middleton in Suffolk gefeiert wird

Der Ausgangspunkt der Prozession, die Village Hall von Middleton.
Photo © Geographer (cc-by-sa/2.0)

Wenn ich ein Zaunkönig gewesen wäre, dann hätte ich in früheren Zeiten am Boxing Day, dem 26. Dezember, einen großen Bogen um das kleine Dorf Middleton in der Grafschaft Suffolk gemacht. Denn dann wäre ich Gefahr gelaufen, von den Dorfbewohnern gefangen und getötet zu werden, um bei der uralten Zeremonie namens Cutty Wren gegen meinen Willen teilzunehmen.
Cutty Wren heißt kleiner Zaunkönig und die Jagd nach ihm am Boxing Day geht weit in die Vergangenheit zurück. Nur in Middleton ist diese Tradition rund um den kleinen Vogel in England noch erhalten geblieben, das heißt, sie war eigentlich schon ad acta gelegt worden, doch die Old Glory Molly Dancers and Musicians haben sie 1994 wieder ins Leben gerufen. Glücklicherweise ersetzt heute ein hölzerner Zaunkönig den früher frisch getöteten.
In einem mit Bändern versehenen Kranz aus Efeu wird der Vogel von der Village Hall in Middleton zum Pub The Bell getragen. An der Prozession nehmen Männer mit geschwärzten Gesichtern teil wie der Sweeper und der Umbrella Man. Die Hauptpersonen sind der Lord und die Lady, die den feierlichen Fackelzug in Richtung Pub anführen. Ganz in schwarz gekleidete Frauen tragen Musikinstrumente mit sich. Im Anschluss an diese Prozession der Old Glory Molly Dancers and Musicians schreiten die Dorfbewohner und Besucher in Richtung Pub, wo dann ausgiebig gesungen und getanzt wird. Nachdem auch dieser Teil der Zeremonie abgeschlossen ist, begibt man sich in The Bell, wo Geschichten über den Zaunkönig vorgetragen werden und wo weiter gesungen und getanzt (und sicher auch getrunken) wird. Cutty Wren ist beendet, wenn Old Glory den Pub verlässt und schweigend von dannen zieht. Hier kann man sich das Ganze im Film ansehen.

Wie ich gerade erfahren habe, geben die bisherigen Betreiber des Pubs auf; sie hatten ihren letzten Öffnungstag am 17. März. Ich hoffe sehr, dass The Bell nicht komplett geschlossen werden wird.

…und das Ziel, The Bell.
Photo © Robert Edwards (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 19. März 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Flash in Staffordshire – Das höchst gelegene Dorf in Großbritannien und die Teapot Parade

Downtown Flash, im Hintergrund rechts die ehemalige Methodist Chapel.
Photo © Jonathan Clitheroe (cc-by-sa/2.0)

Das Dorf mit dem eigenartigen Namen Flash ist mit 463 Metern das höchst gelegene Dorf in Großbritannien. Es liegt im Peak District in der Grafschaft Staffordshire, die Grafschaften Derbyshire und Cheshire liegen ganz in der Nähe. Erreichen kann man das abgelegene Dorf über die A53 (Buxton-Stoke-on-Trent). Flash hat eine Kirche, die anglikanische St Paul’s Church (die ehemalige Flash Methodist Chapel ist in ein Ferienhaus umgewandelt worden), und einen Pub, The New Inn, der sich stolz „Britain’s Highest Village Pub“ nennt. Es dürfte ganz schön einsam sein hier oben in der Moorlandschaft, wenn im Winter viel Schnee gefallen ist, aber glücklicherweise gibt es ja noch den Pub, in dem sich die wenigen Dorfbewohner versammeln können.

Einmal im Jahr findet hier die Flash Teapot Parade statt, ein kleiner Umzug, in dessen Mittelpunkt eine große Teekanne steht, die daran erinnert, dass in der Zeit, bevor der National Health Service entstanden war, die Dorfbewohner Geld in einer Teekanne sammelten, das dafür gedacht war, krank gewordenen oder in Not geratenen, bedürftigen Mitbürgern finanziell unter die Arme zu greifen. War die Kanne leer, begann man erneut mit dem Geldsammeln. Schon die Flash Loyal Union widmete sich 1846 dieser Aufgabe, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in The Tea Pot Club umbenannte. Die überdimensionale Teekanne wird bei dem Umzug durch das Dorf getragen.

Es gab auch eine Zeit, zu der in Flash Falschgeld hergestellt wurde, das sogenannte „flash money“. Der Ort war dafür ideal gelegen, denn man konnte das „counterfeit money“ schnell von hier aus in die anderen angrenzenden Grafschaften verteilen. Falschgeld wird heute nicht mehr in Flash hergestellt, das hat man schon vor langer Zeit anderen überlassen.

Ach ja, dann gibt es noch eine Brauerei außerhalb des Dorfes, die Flash Brewery, deren Biere Namen tragen wie Flash Black, Flash Blond, Cerberus Ruby Ale und Mermeg Golden Ale.

Hier ist ein Film über Flash und die nähere Umgebung.

Die St Paul’s Church.
Photo © Colin Park (cc-by-sa/2.0)

Photo © Dave Dunford (cc-by-sa/2.0)

Photo © Neil Theasby (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 26. Dezember 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Shebbear – Ein kleiner Ort in Devon und seine Tradition „Turning the Devil’s Stone“

Photo © Humphrey Bolton (cc-by-sa/2.0)

Nördlich des Dartmoors in Devon liegt der kleine Ort Shebbear, in dem jedes Jahr am 5. November, an dem das restliche England den Guy Fawkes Day feiert, ein eigenartiges Ritual vollzogen wird. Die Bell-Ringer des Dorfes versammeln sich um 20 Uhr in der Kirche St Michael and All Angels und läuten die Glocken, allerdings so unharmonisch, dass man sich am liebsten die Ohren zuhalten möchte. Von der Kirche ziehen sie dann zum Dorfplatz, wo unter einer großen Eiche der Devil’s Stone liegt, ein Felsbrocken mit einem Gewicht von etwa einer Tonne, den sie unter Aufbringung aller Kräfte mit Hilfe von Brechstangen einmal komplett umdrehen. Wenn das vollbracht ist, atmet ganz Shebbear auf, denn mit dem Turning the Devil’s Stone ist für ein weiteres Jahr jegliches Unglück vom Dorf abgewendet.

Der Felsbrocken muss irgendwann einmal in der Eiszeit hierher verfrachtet worden sein und im Laufe der Jahrhunderte haben sich mehrere Legenden darum gebildet. Eine davon ist, dass der Teufel unter dem Stein liegt, und wenn die Dorfbewohner ihn nicht einmal jährlich umdrehen, könnte der Teufel möglicherweise entkommen und Unheil anrichten. Das misstönende Glockengeläut vorher dient dazu, etwaige böse Geister zu irritieren. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Prozedur einmal nicht vorgenommen und sofort ereigneten sich Missgeschicke in Shebbear.

Was macht man nach der schweißtreibenden Arbeit mit dem angebrochenen Abend? Man geht natürlich in den Dorf-Pub (wir sind ja in England), der passenderweise den Namen Devil’s Stone Inn trägt und von dem es heißt, dass er „haunted“ ist wie dieser Film zeigt.

Wie Turning the Devil’s Stone genau vor sich geht, zeigt dieser Film.

St Michael and All Angels.
Photo © Peter Wood (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 23. August 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Maypoles – Einige der höchsten Maibäume Englands

Bevor der Monat Mai zu Ende ist, möchte ich noch auf das Thema Maibäume eingehen und vier der höchsten in England vorstellen. Um die Wikipedia zu zitieren: „Bei Maibäumen handelt es sich um meist große, hochstämmige, bis nahe zur Spitze entastete, verzierte Bäume, die an zentralem Platz im Ort bei einer festlichen Veranstaltung aufgerichtet werden„. In manchen Orten werden sie jedes Jahr neu errichtet, in manchen Orten bleiben sie viele Jahre stehen. Die Tradition des Maibaumaufstellens reicht weit in die Vergangenheit zurück; der Tanz um den Maibaum gehört oft dazu wie in diesem Film zu sehen ist.

Sehen wir uns einige der höchsten „maypoles“ Englands an:

The Maypole of Barwick-in-Elmet in West Yorkshire, östlich von Leeds gelegen, ist 26 Meter hoch und wird alle drei Jahre für Wartungsarbeiten umgelegt, aufgehübscht und anschließend wieder aufgestellt. Das wird natürlich mit einem Fest gefeiert, bei dem eine Maypole Queen im Mittelpunkt steht wie es hier zu sehen ist.

Photo © Gordon Hatton (cc-by-sa/2.0)

The Maypole of Welford-on-Avon in Warwickshire; eines meiner Lieblingsdörfer in England, in dem ich einmal für kurze Zeit gewohnt habe, vor den Toren Stratford-upon-Avons gelegen. Dieser Maibaum ist 20 Meter hoch und besteht aus Aluminium, weil der ursprüngliche Baum bei einem Blitzeinschlag „ums Leben kam“. An dieser Stelle mitten im Dorf soll schon zu Shakespeares Zeiten ein Maibaum gestanden haben. Wie der Baum in Barwick-in-Elmet ist auch dieser mit einer Wetterfahne in Form eines Fuchses verziert.

Photo © Philip Halling (cc-by-sa/2.0)

The Maypole of Nun Monkton in North Yorkshire. 27 Meter hoch ist dieser Maibaum, der auf dem Village Green errichtet worden ist. Nun Monkton liegt nordwestlich von York. Schon seit 200 Jahren gibt es in dem Dorf einen Maibaum, der immer wieder einmal ersetzt werden musste, wenn Teile des Holzes morsch geworden waren. An der Spitze des Baumes sind ein Pfeil und eine Krone angebracht.

Photo © Chris Heaton (cc-by-sa/2.0)

The Paganhill Maypole in Stroud in Gloucestershire. 18 Meter hoch ist dieser Maibaum in der Stadt Stroud, der im Mai 2004 anlässlich der 700-Jahr-Feiern errichtet wurde. Bis ins 17. Jahrhundert zurück reicht die Tradition des Maibaums in Stroud. Auch dieser Baum besteht nicht mehr aus Holz sondern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. An der Spitze ist keine Wetterfahne angebracht, hier weht die Fahne von Gloucestershire. Es gibt sogar eine Paganhill Maypole Society und eine Website nur für diesen Maibaum.

Photo © Christine Johnstone (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 29. Mai 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

„Bleib gesund und bringe einen gute Ernte!“ – Wassailing, ein uralter Brauch in England

In Bourne in Lincolnshire.
Photo © Bob Harvey (cc-by-sa/2.0)

König Charles III. sorgte vor vielen Jahren für Heiterkeit, als er davon sprach, dass er mit den Pflanzen auf seinem Landsitz Highgrove in Gloucestershire redet. Aber ist das wirklich nur lächerlich und schrullig? Haben Pflanzen möglicherweise doch ein eigenes Gefühlsleben? Es sind viele Bücher darüber geschrieben worden.

Obstbäume in England, vornehmlich Apfelbäume, freuen sich immer schon auf die ersten Januartage des Jahres, vor allem auf die Twelfth Night, das ist der fünfte oder der sechste Januar. Dann findet nämlich in einigen Teilen des Landes das sogenannte Wassailing statt, was soviel wie „Sei guter Gesundheit“ heißt. Dann werden die Apfelbäume in den Obstplantagen nach Strich und Faden verwöhnt, denn man möchte ja, dass sie eine gute Ernte erbringen. Was kann man ihnen Gutes tun? Zum Beispiel Cider über ihre Wurzeln gießen, was sie sehr zu schätzen wissen, oder Gewehre neben ihnen abschießen, um die bösen Geister zu vertreiben oder in Cider getränkte Toastscheiben an ihren Ästen anbringen, um die guten Geister anzulocken und natürlich Lieder singen, die die Bäume in eine gute Stimmung versetzen wie:

Here’s to thee, old apple tree,
That blooms well, bears well.
Hats full, caps full,
Three bushel bags full,
An‘ all under one tree.
Hurrah! Hurrah!

Natürlich trinken die häufig verkleideten Männer und Frauen auch so etliche Pints Cider und oft sind die unvermeidlichen Morris Men auch nicht weit. In Somerset, einer der Hochburgen der englischen Cidergewinnung, wird beispielsweise in Carhampton der alte Brauch des Wassailing jedes Jahr ausgeübt wie dieser Film zeigt.

Das Wurzelwerk des Apfelbaums wird mit Cider getränkt wie hier in Maplehurst in West Sussex.
Photo © Glyn Baker (cc-by-sa/2.0)

Toastscheiben werden in die Äste gehängt, ebenfalls in Maplehurst in West Sussex.
Photo © Glyn Baker (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 18. Mai 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Well Dressing – Das Schmücken von Brunnen in Derbyshire

In Tissington.
Photo © Martin Dawes (cc-by-sa/2.0

Wenn man in den Monaten Mai bis September durch Derbyshire fährt, findet man in zahlreichen Dörfern blumengeschmückte Gebilde, die sich bei näherem Hinsehen als Brunnen herausstellen. Dieser alte Brauch des „Well Dressings“ oder Brunnenschmückens geht weit in die Vergangenheit zurück und kann möglicherweise mit dem „Black Death“ zusammenhängen, jener großen Pestepedemie im 14. Jahrhundert, der unendlich viele Menschen zum Opfer fielen. Aus Dankbarkeit, dass bestimmte Brunnen reines unverseuchtes Wasser lieferten, sollen diese mit Blumen geschmückt worden sein.

Der schöne Brauch war bis die 1920 und 1930er Jahre so gut wie verschwunden, bis er wieder ins Leben gerufen wurde. Das Bilderbuchdorf Tissington in Derbyshire soll die Tradition des Well Dressings am längsten pflegen und auch heute noch besuchen tausende von Menschen die sechs Brunnen des Ortes in der Woche um Christi Himmelfahrt, die dann besonders schön herausgeputzt werden.

Wie das Well Dressing vor sich geht, hat der „Tagesspiegel“ in seiner Ausgabe vom 14.06.2008 sehr gut beschrieben:

„Die aufwendigen Pflanzgebilde werden mit Hilfe von Lehm und Ton, die als Bindemittel eingesetzt werden, auf große hölzerne Rahmen aufgezogen. Die Mosaike bestehen aus natürlichen Materialien wie Blumen, Blütenblättern, Gräsern, Moosen, Baumrinde, aber auch aus Pflanzensamen, Beeren und Bohnen. In stundenlanger, oft tagelanger Kleinarbeit werden die jährlich wechselnden Motive von einer Schar an Helfern liebevoll arrangiert. Rund 40 Hände sind notwendig, um binnen einer Woche ein circa zwei Meter mal 2,5 Meter großes Brunnenbild zu erstellen. So arbeitsintensiv das Erstellen der filigranen Kunstwerke ist, so kurz ist deren Haltbarkeit. Denn zumeist schon nach wenigen Tagen verwelken die Blumengebilde oder zerbröseln die Bilder, die zuvor in einer feierlichen Zeremonie gesegnet werden“.

Mittlerweile ist das Well Dressing auch in zahlreichen anderen englischen Grafschaften zu finden.
Hier ist ein Film über das Brunnenschmücken zu sehen.

In Milford.
Photo © John M (cc-by-sa/2.0)

In Etwall.
Photo © John M (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 27. April 2023 at 02:00  Comments (2)  

Die Hunt Saboteurs Association – Aktivisten im Kampf gegen die Fuchsjagd

Die North Staffordshire Hunt.
Photo © Jonathan Hutchins (cc-by-sa/2.0)

The unspeakable in pursuit of the uneatable“ hat Oscar Wilde einmal gesagt und meinte damit die Fuchsjagd. Die einen sehen die Fuchsjagd in England als wichtigen Teil der Traditionen des Landes an, die anderen sind dagegen, manche von ihnen ergreifen als Aktivisten die Initiative und versuchen sie bei jeder Gelegenheit zu unterbinden, auch wenn es dabei zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt.

Die  Hunt Saboteurs Association (HSA) ist eine der Organisationen, die schon seit Jahrzehnten gegen diese Form der Tierquälerei ankämpft. Gegründet wurde sie 1963, und sie feiert in diesem Jahr ihr sechzigjähriges Bestehen. John Prestige aus Brixham in Devon war der Gründer der HSA, der einmal mit eigenen Augen miterlebte wie bei einer Jagd ein Reh in ein Dorf getrieben und dort getötet worden war. Das brachte ihn auf die Palme, und er wollte von da an aktiv gegen Jäger vorgehen, nicht nur gegen die Fuchsjäger.

Die Fantasie der Aktivisten kannte/kennt keine Grenzen, wenn es darum geht, den Jägern den Spaß an der Jagd zu nehmen. Da kommen Pfeifen und Jagdhörner zum Einsatz, um die Hunde zu verwirren, es werden falsche Spuren gelegt und alle möglichen Geräusche erzeugt, die den gejagten Tieren helfen und die Hunde ablenken sollen. Wütende Jäger haben oft auf die Tierschützer eingeschlagen, es kam zu Anzeigen und zu Prozessen, doch die HSA-Mitglieder haben sich nicht abschütteln lassen.

Im Jahr 2005 trat der Hunting Act in Kraft, ein vom britischen Parlament verabschiedetes Gesetz, das die Jagd mit Hunden auf Wild, Füchse, Hasen und andere wildlebenden Säugetiere verbietet, aber einige Schlupflöcher hat, die auch ausgenutzt werden. Zehn Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes fragte der Daily Telegraph in seiner Ausgabe vom 14. Juli 2015 „Ten years on from the fox hunting ban, has anything really changed?“ und kam zu dem Schluss, dass das Töten in den Wäldern und auf den Feldern weitergeht, trotz des Gesetzes…und das heißt, dass die Arbeit der Hunt Saboteurs Association so bald nicht zu Ende gehen wird.
Dieser Film zeigt eine besonders üble Art Füchse zu jagen und zu quälen, indem sie aus ihrem Bau ausgegraben und den Jagdhunden zum Fraß hingeworfen werden.

Hier ist eine Dokumentation der BBC über die „sabs“, die Jagdsaboteure.

Published in: on 21. Februar 2023 at 02:00  Comments (5)  

Christmas Common in Oxfordshire – Ein Dorf und seine Weihnachtsbäume

Photo: Manic Street Preacher.
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Christmas Common in den Chiltern Hills ist doch ein hübscher Name für ein englisches Dorf. Der kleine Weiler liegt einige wenige Kilometer von Watlington und Thame entfernt, in Oxfordshire an der Grenze zur Nachbargrafschaft Buckinghamshire.

Dreimal hat Christmas Common schon die große Ehre gehabt, den Weihnachtsbaum zu liefern, der vor dem Amtssitz des britisches Premierministers in der Londoner Downing Street No. 10 aufgestellt wird: 2011, 2013 und 2015. Genauer gesagt gebührt diese Ehre der Tree Barn, einer Weihnachtsbaumfarm. Die in Harrogate (North Yorkshire) ansässige British Christmas Tree Growers Association schreibt seit 1999 alljährlich einen Wettbewerb aus, bei dem der schönste Weihnachtsbaum prämiert wird und die Reise in die Downing Street antreten darf. Die letzten fünf Jahre sorgte die Tree Barn für die Dekoration des Baumes des britischen PM. In diesem Jahr lieferte Bishops Offley Christmas Trees aus Staffordshire den Weihnachtsbaum nach London, den Kranz an der Tür von Number 10 kreierte Santa Trees aus Cornwall. Premierminister Rishi Sunak entzündete die Beleuchtung des Baumes erstmalig Ende November diesen Jahres.
Hier ist ein Film über die Christmas Tree Barn plantation in Christmas Common.

Allzu viel gibt es über Christmas Common sonst nicht zu sagen. Das Dorf verfügt über einen sehr hübschen Pub „The Fox & Hounds„, der zu der Brakspear Brewery gehört. In zwei Folgen der TV-Krimiserie „Inspector Barnaby“ ist das Dorf kurz zu sehen und zwar in Episode 1 „The Killings at Badger’s Drift“ (dt. „Tod in Badger’s Drift“) und in Episode 22 „Ring Out Your Dead“ (dt. „Glockenschlag zum Mord“).

Wie das Aufstellen und Dekorieren des Weihnachtsbaums vor No. 10 Downing Street vor sich geht, zeigt dieser Film im Schnelldurchlauf.

Die verschneiten Chilterns bei Christmas Common.
Photo: Richard Baker.
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The Fox & Hounds.
Photo © Bikeboy (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 24. Dezember 2022 at 02:00  Comments (3)  

The Ceremony of the Keys im Londoner Tower

Photo: Serendigity.
This photo is in the public domain.

Sentry: Halt! Who comes there?
Chief Warder: The keys.
Sentry: Whose keys?
Chief Warder: King Charles’s keys
Sentry: Pass King Charles’s keys. All’s well
.

Exakt diese Worte werden seit mehreren hundert Jahren allabendlich anlässlich der Schlüsselzeremonie (Ceremony of the Keys) im Londoner Tower gewechselt. Genau um 7 Minuten vor 22 Uhr verlässt der „Chief Warder“ (der Leiter der historischen Wächtertruppe der Beefeater) mit einer Laterne in der einen und den Tower-Schlüsseln (The King’s Keys) in der anderen Hand, den Byward Tower und begibt sich feierlichen Schrittes entlang der Water Lane zum Traitor’s Gate (Verrätertor), wo ihn eine Eskorte regulärer Soldaten erwartet. Nachdem alle Tore des Towers abgeschlossen sind und obiger Wortwechsel stattgefunden hat, werden die Waffen präsentiert, der Chief Warder lüftet seinen Tudor-Hut und ruft „God preserve King Charles“, worauf die Wachen antworten „Amen“.Wenn Big Ben 22 Uhr schlägt, wird die Zeremonie mit dem Zapfenstreich eines Trompeters beendet.

Wer an dieser Zeremonie teilnehmen möchte, muss das viele Wochen im voraus direkt beim Tower of London beantragen und erhält dann einen Passierschein mit dem man einen nächtlichen Zugang zu dem alten Gemäuer an der Themse erhält.

Hier kann man sich die Ceremony of the Keys einmal ansehen, allerdings noch zu Zeiten von Queen Elizabeth.

Published in: on 18. November 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Hockham Stone Turn – Eine Zeremonie auf einem Village Green in Norfolk

Photo © Adrian S Pye (cc-by-sa/2.0)

Am 2. Juni diesen Jahres war es wieder einmal so weit: Auf dem Village Green von Great Hockham in Norfolk fanden sich acht Männer zusammen, die eine körperlich schwere Aufgabe zu bewältigen hatten, sie mussten einen tonnenschweren Stein, der dort schon seit den 1880er Jahren liegt, umdrehen. The Hockham Stone Turn wurde zum zwölften Mal ausgeführt, und das zu Ehren des Platinum Jubilee der Königin.

Der Felsbrocken, der zur letzten Eiszeit bis in diese Region Norfolks geschoben worden war, wurde außerhalb Great Hockhams von einem Bauern auf seinem Feld gefunden und mit zwei Pferden zum Village Green transportiert. Das erste Mal wurde der Stein anlässlich des goldenen Thronjubiläums Königin Victorias 1887 umgedreht, und damit begann diese merkwürdige Zeremonie, die nun schon seit 135 Jahren besteht. Immer nur zu besonderen Anlässen müssen starke Männer in Great Hockham mit Hilfe von Hebeln und anderen Gerätschaften den Brocken herumdrehen, zum Beispiel zu anderen königlichen Jubiläen, zur Jahrtausendwende und zum 50. Jahrestags des Kriegsendes, dem VE Day.

Unter dem Hockham Stone hat man eine Zeitkapsel installiert, in der sich Gegenstände aus dem jeweiligen Jahr der „Wende“ befinden. In diesem Jahr sind ein Covid-Testgerät und eine ukrainische Fahne hinzugefügt worden.

Great Hockham liegt an der A1075, nordöstlich von Thetford.

Published in: on 8. September 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Der Honiton Hot Pennies Day in Devon – Pfennigwerfen ohne Ende

Einer der Pubs in der High Street von Honiton, aus dessen oberen Fenstern Pennies geworfen werden wie im Film zu sehen ist.
Photo © Ian Capper (cc-by-sa/2.0)

Heute begeben wir uns noch einmal nach Honiton in Devon, wo kürzlich die Tories eine so schmerzliche Wahlniederlage erlitten haben (ich berichtete in meinem Blog darüber). Dort fand am 26. Juli wieder der Hot Pennies Day statt, eine Zeremonie, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht und noch immer von der Bevölkerung mit Enthusiasmus gefeiert wird. Was spielt sich da ab, in der Kleinstadt am Rand der Blackdown Hills, was die Leute in Scharen auf die Straße treibt?

Alles beginnt mit der Proclamation of the Fair am Old Pannier Market für die der Stadtausrufer verantwortlich ist, der seine Aufgabe in voller Uniform an der Seite des Bürgermeisters mit Würde wahrnimmt. Eine mit Blumen verzierte Stange wird aufgerichtet, an dessen Spitze ein großer Handschuh angebracht ist. „No man may be arrested so long as the glove is up“ ruft der Town Crier in die Menge, die daraufhin erleichtert zur Kenntnis nimmt, dass, so lange der Handschuh auf der Stange ist, niemand wegen Schulden verhaftet werden darf. Das geht auf frühere Zeiten zurück, als manche diese Veranstaltung mieden, weil sie befürchteten, aus genau diesem Grund eingesperrt zu werden. In diesem Film kann man die Zeremonie sehen.

Und dann beginnt das, worauf vor allem die Kinder gewartet haben, das Penny Throwing. Die Menschenmenge bewegt sich die High Street auf und ab, und vom ersten Stock der beteiligten Pubs werden Pennies heruntergeworfen, die in vergangenen Zeiten richtig heiß gemacht worden waren, so dass sich die Geldaufsammler daran die Finger verbrannt haben, zum Amusement der wohlhabenderen Schichten, die es nicht nötig hatten, sich nach den Münzen zu bücken. Heute werden die Pennies nur etwas erwärmt, so dass der Tag eigentlich in Warm Pennies Day umbenannt werden müsste. Wenn der ganze Spaß dann wieder vorbei ist, alle Münzen aufgesammelt sind und der Handschuh von der Stange abgenommen worden ist, müssen sich die verschuldeten Menschen in Honiton wieder in Acht nehmen, dass sie nicht verhaftet werden…

Hier ist noch ein weiterer Film, der das Penny Throwing zeigt.

Published in: on 9. August 2022 at 02:00  Comments (2)  

„Hickory, Dickory, Dock“ – Ein alter Kinderreim aus dem 18. Jahrhundert

Die astronomische Uhr der Kathedrale von Exeter.
Photo © Julian P Guffogg (cc-by-sa/2.0)

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Kinderreim „Hickory, Dickory, Dock“ erstmals erwähnt und auch heute noch ist er bekannt, Agatha Christie hat sogar einen ihrer Romane so benannt, der 1955 erschienen ist und auf Deutsch „Die Kleptomanin“ heißt.

Der Reim ist recht simpel, aber Kinder in einem bestimmten Alter lieben ihn.

Hickory, dickory, dock.
The mouse ran up the clock.
The clock struck one,
The mouse ran down,
Hickory, dickory, dock.

Und so geht es in den nächsten Versen weiter, nur dass die Glockenschläge fortgezählt werden, „The clock struck two…“ usw. Ich kann mir vorstellen, dass genervte Eltern heilfroh sind, wenn ihr Kind endlich bei „The clock struck twelve“ angekommen ist.
Es gibt aber auch noch eine etwas anspruchsvollere Version (hier ein Beispiel), in der nicht nur die Maus die Uhr hoch und runter rennt. Da sind dann noch weitere Tiere beteiligt wie die Schlange, das Eichhörnchen, die Katze, der Affe und zu guter Letzt ein Elefant, der die Uhr schließlich ruiniert. Selbstverständlich kann man die Tiere nach Lust und Laune austauschen, aber die Maus im ersten Vers ist de rigueur.

Kommen wir auf die Uhr zu sprechen. Da soll die astronomische Uhr in der Kathedrale von Exeter (Devon) Pate gestanden haben, eine der Sehenswürdigkeiten der Kirche, die Ende des 15. Jahrhunderts hergestellt wurde. Unterhalb der Astronomical Clock führt eine Tür zum kompliziert aussehenden mechanischen Uhrwerk und in dieser Tür gibt es unten ein rundes Loch, wodurch es der Kirchenkatze, oder besser gesagt Kathedralenkatze, ermöglicht wurde, Mäuse zu fangen, die in dem Raum vielleicht Dummheiten machten, die der Uhr nicht gut bekamen.

Das Uhrwerk der astronomical clock.
Photo: Andrew Rabbott.
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Published in: on 1. Juni 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Cornish Hurling in St Columb Major – Ein traditionelles, wildes Event in Cornwall

Das Stadtzentrum von St Columb Major.
Photo © David Gearing (cc-by-sa/2.0)

Am Faschingsdienstag eines jeden Jahres gibt es einige Ladenbesitzer in der Kleinstadt St Columb Major in Cornwall, die ihre Schaufensterscheiben vorsichtshalber mit Brettern abdecken, denn sonst könnten sie zu Bruch gehen. Warum? An diesem Tag, und dann noch einmal elf Tage später, wird in den Straßen und in der näheren Umgebung das traditionelle Cornish Hurling ausgetragen, ein Massenereignis, bei dem sich jüngere und ältere Männer um einen silbernen Ball balgen. Es gibt zwei Teams, die Townsmen und die Countrymen, die gegeneinander antreten (abhängig davon, ob sie in der Stadt oder der näheren Umgebung wohnen). Wie groß die jeweiligen Teams sind, erschließt sich mir nicht, es sollen um die 50 Personen sein, ebenso nicht, woran man erkennen kann, zu welcher Mannschaft die Männer eigentlich gehören. Ziel dieses rauen Wettbewerbs, der am Market Square beginnt, ist es, besagten Ball in eines der Tore zu bringen, die drei Kilometer voneinander entfernt stehen, oder ihn jenseits der Gemeindegrenzen zu bugsieren. Ich habe den Eindruck, dass es den meisten Männern in erster Linie darum geht, mal wieder so richtig die Sau rauszulassen, denn es geht beim Cornish Hurling ganz schön zur Sache. Blaue Flecken am ganzen Körper der Teilnehmer sind vorprogrammiert.

Der Sieger des circa zwei Stunden langen Wettbewerbs darf den silbernen Ball behalten, der einen Wert von etwa £1000 hat. Nachdem sich alle Teilnehmer ihre Wunden geleckt haben, geht es zum eigentlichen Höhepunkt des Tages, dem Besuch aller Pubs von Columb St Major. Dort wird der silberne Ball jeweils in einen Bierkrug eingetaucht und anschließend das „silver beer“ getrunken.
Hier ist ein Film über das St Columb Major Hurling. Eine ganz andere Form des Hurling ist hier zu sehen.

Engländer haben eine Vorliebe für derartige raue „Sportarten“; einige davon habe ich in meinem Blog im Laufe der Jahre vorgestellt, und ich denke da beispielsweise an das ebenfalls am Faschingsdienstag stattfindende Alnwick Shrovetide Football Match in Northumberland oder an das sogenannte Fußballspiel der Uppies gegen die Downies in Workington (Cumbria).

The Silver Ball in St Columb Major.
Photo: Ennor.
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Maidens‘ Garlands in englischen Kirchen

Ein besonders schönes Exemplar in der Holy Trinity Church in Minsterley (Shropshire).
Photo © Annette Randle (cc-by-sa/2.0)

Man findet sie noch in einigen englischen Kirchen, die Maidens‘ Garlands, die früher einmal die Särge unverheirateter Frauen schmückten, die ein „unbeflecktes“ Leben geführt hatten, daher auch manchmal „Virgin’s Crowns“ genannt. Nach der Beerdigung hängte man die kunstvollen Gebilde oft in der Kirche auf, versehen mit dem Namen der Verblichenen. Oxford Reference beschreibt die Maidens‘ Garlands folgendermaßen: „They are made of variegated coloured paper, representing flowers, fastened to small sticks crossing each other at the top, and fixed at the bottom by a circular hoop„.

Expertin für das Thema ist Rosie Morris, die eine eigene Webseite betreibt, und die in Minsterley in Shropshire geboren wurde, wo es in der Holy Trinity Church einige Maidens‘ Garlands zu sehen gibt. Sie schrieb ihre Dissertation an der Birmingham University mit dem Titel „Maidens‘ Garlands: the history and development of a post-reformation funeral custom“ (2001).

Wer sich im Süden des Landes aufhält und sich für das Thema interessiert, sollte unbedingt St Mary the Virgin in Abbotts Ann (Hampshire) aufsuchen, wo es die größte Sammlung von Maidens‘ Garlands in ganz England gibt. Dort lernen wir, dass diese Tradition nicht ausschließlich für Frauen galt, auch Männer bekamen zeitweise eine Virgin’s Crown. Als letzte erhielt hier die 73jährige Miss Lily Myra Annetts im Jahr 1973 einen solchen Sargschmuck.

Eine weitere Kirche, in der Maidens‘ Crowns zu sehen gibt, ist Old St Stephen’s in Robin Hood’s Bay an der Küste von North Yorkshire.

In St Mary the Virgin in Abbots Ann (Hampshire).
Photo © Maigheach-gheal (cc-by-sa/2.0)
In Old St Stephen’s in Robin Hood’s Bay (North Yorkshire)
Photo: FlickrDelusions.
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Published in: on 4. Januar 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die blauen Laternen vor englischen Polizeistationen

Charing Cross Police Station in London.
Author: Canley.
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In den 1860er Jahren tauchten immer häufiger blaue Laternen vor Londoner Polizeistationen auf. Das blieb nicht auf die Hauptstadt beschränkt, die „police blue lamps“ verbreiteten sich im ganzen Land und zeigten der Bürgern an, wo sie sich hinwenden konnten, wenn sie Hilfe benötigten. Warum sich die zuständigen Behörden für die Farbe Blau entschieden, ist nicht so ganz geklärt. Eine Vermutung geht in die Richtung, dass, da die Uniformen der Polizisten blau waren, man bei dieser Farbe bleiben wollte. Die blaue Laterne ist zu einem britischen Symbol geworden, ähnlich wie die vom Aussterben bedrohte rote Telefonzelle. Man sieht sie auch heute noch vor Dienststellen der Polizei.

Im Jahr 1950 kam ein Film in die Kinos, der den Titel „The Blue Lamp“ trug und damit schon auf den Inhalt hinwies, auf die tägliche Polizeiarbeit, in diesem Fall in London angesiedelt. In der Hauptrolle war Jack Warner als Police Constable George Dixon zu sehen. Aus diesem Spielfilm entwickelte sich einige Jahre später die erfolgreiche TV-Serie „Dixon of Dock Green“ (1955-1976), in der Jack Warner wieder in derselben Rolle zu sehen war. In den frühen Folgen begann jede Episode damit, dass PC Dixon unter einer blauen Laterne einige Worte sprach, das heißt, da die Serie noch in Schwarz-Weiß gedreht wurde, darf man annehmen, dass sie blau war. Hier ist ein Beispiel.

Hornsey Police Station in London.
Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)
Petersfield in Hampshire.
Photo © Colin Smith (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 28. November 2021 at 02:00  Comments (1)  

The Needle and Thread Gaudy im Queen’s College in Oxford

Photo © Marathon (cc-by-sa/2.0)

Es ist immer wieder interessant, von den merkwürdigen Traditionen zu hören, die in den Colleges von Oxford und Cambridge, manchmal schon seit Jahrhunderten, gepflegt werden. In meinem Blog habe ich schon einige davon vorgestellt. Heute möchte ich mich etwas mit einem Brauch aus dem Queen’s College in Oxford beschäftigen, der The Needle and Thread Gaudy heißt und der immer zu Beginn eines neuen Jahres ausgeübt wird. Wer den Begriff „gaudy“ noch nicht gehört hat: Es handelt sich dabei um ein feierliches Abendessen für ehemalige Abgänger eines Colleges.

Was hat das nun mit Nadel und Faden zu tun? Anlässlich dieses Abendessens tritt der Bursar des Queen’s College in Aktion, also der Mann, der für die Finanzen zuständig ist. Er händigt jedem der Anwesenden, die eine spezielle Einladung für den Abend erhalten haben, eine Nadel und einen seidenen Faden aus, mit den Worten „Take this and be thrifty„. Der Bursar ermahnt also alle, im kommenden Jahr sparsam zu sein. Ob er da wohl als leuchtendes Vorbild vorangeht?

Der Brauch ist Hunderte von Jahren alt und man vermutet, dass er auf den Namen des Gründers des Queen’s College zurückgeht, einen gewissen Robert de Eglesfield (1295-1349). „Aiguille“ heißt auf Französisch „Nadel“, „fil“ ist der Faden“, aiguille + fil = Eglesfield; mit etwas Fantasie kann man da einen Zusammenhang erkennen. Egal ob das nun stimmt oder nicht: Wir freuen uns, dass dieser recht skurrile Brauch noch immer am Leben gehalten wird. Am 8. Januar 2022 um 18.30 Uhr findet die nächste Needle and Thread Gaudy statt; die Einladung erging an ehemalige Studenten, die sich in den Jahren 1976 und 1977 immatrikuliert hatten.

The Upper Library des Queen’s College. Hier werden vor dem Abendessen die Drinks zu sich genommen.
Author: TyB.
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Published in: on 27. November 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

John Callcott Horsley und die erste Weihnachts-Grußkarte

John Callcott Horsleys erste Weihnachtskarte.
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Der Londoner John Callcott Horsley (1817 – 1903) war ein Maler und Illustrator und ging in die Historie ein, als Schöpfer der ersten Weihnachts-Grußkarte. Der umtriebige und ideenreiche  Staatsbeamte Sir Henry Cole (1808 – 1882) hat aber auch seinen Anteil daran, denn er kam auf die Idee, zu Weihnachten anderen Menschen Karten zu schicken.

Diese erste Weihnachtskarte zeigt eine offensichtlich heitere Familie in Feierlaune, denn der Alkohol spielt bei ihrer Weihnachtsfeier eine nicht unbedeutende Rolle; sogar der kleinen Tochter wird ein Glas Rotwein eingeflößt, was zu einer Kontroverse führte („fostering the moral corruption of children“).

Sir Henry Cole hatte gar nicht damit gerechnet, dass seine Idee zünden würde, aber es dauerte nur ein paar Jahre und das Versenden von Weihnachtskarten war in England absolut „in“, zumal das Porto nur einen Penny kostete.
1000 Karten wurden 1842 mit dem Motiv von John Callcott Horsley gedruckt und lediglich 12 sollen noch heute erhalten sein.

Besonders beliebt waren in der viktorianischen Zeit die „trick cards„, eine Weiterentwicklung der „normalen“ Weihnachtskarte. Beim Öffnen der Karte entfaltete sich beispielsweise ein Blumenstrauß oder eine sehr realistisch reproduzierte Banknote erschien (die so naturgetreu nachgemacht war, dass sie schnell wieder aus dem Verkehr gezogen werden musste). Der Fantasie waren damals keine Grenzen gesetzt.

Noch ein paar Worte zu John Callcott Horsley. Er war der Schwager Isambard Kingdom Brunels, dem berühmtesten Ingenieur der viktorianischen Ära. Horsley war in einer Zeit, die von Prüderie beherrscht war, der „Oberprüde“, denn er wandte sich z.B. entschieden dagegen, dass beim Anfertigen von Aktzeichnungen Nackte Modell standen. Er machte sich dabei auch ziemlich lächerlich, denn er bekam den Spitznamen „Clothes Horsley“ verpasst.

Ganz andere Vorstellungen einer „Christmas Card“ hat Terry Gilliam, einer der Monty Pythons, hier zu sehen.

Das Buch zum Artikel:
George Buday: The History of the Christmas Card. Spring Books 1964. 304 Seiten.

John Callcott Horsley.
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Published in: on 15. November 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

Hunting the Mallard – Die exzentrische Entenjagd im All Souls College in Oxford

Das All Souls College in Oxford.
Photo © Philip Halling (cc-by-sa/2.0)

„Die spinnen, die Briten“, würde Asterix sagen, wenn er von diesem seltsamen Brauch gehört hätte, der im All Souls College in Oxford gepflegt wird. Ein Brauch, der einmal in 100 (in Worten: Hundert) Jahren ausgeübt wird und der Hunting the Mallard heißt. Gejagt beziehungsweise gesucht wird hier eine Stockente (mallard). Warum?

Es begann im Jahr 1437, als das College erbaut wurde. In einem Graben fanden Bauarbeiter eine überdimensionale Ente, die sofort wegflog, so dass sie nicht gefangen und verspeist werden konnte. Die Fellows des Colleges fanden das schade und organisierten eine jährliche Entenhatz, die kreuz und quer durch All Souls führte. Dass dabei eine Menge Alkohol im Spiel war, lässt sich ahnen.

Da die Exzesse bei der Suche nach der Ente aber immer mehr zunahmen, wurde aus dem jährlichen Schauspiel ein Ereignis, das nur einmal alle 100 Jahre stattfinden sollte: Immer am 14. Januar und immer in einem Jahr, das mit „01“ endet.

Für die letzte Entenjagd im Jahr 2001 wählte man wieder einen Lord Mallard, Dr Martin West, dem sechs Offiziere zur Seite gestellt wurden. Um Mitternacht zog diese Gesellschaft, ergänzt durch weitere Fellows, darunter zwei frühere konservative Kabinettsmitglieder, mit Laternen und Fackeln durch alle Räume des Colleges, vom Keller bis zum Dachboden, unter Absingen des „Mallard Songs„, dessen Refrain so geht:

O, by the blood of King Edward
O, by the blood of King Edward,
It was a swapping, swapping Mallard!

Der Lord Mallard, der eine hölzerne Ente in der Hand hielt, wurde dabei von vier Fellows auf einer Sänfte getragen. Vorab ergötzten sich alle an einem 14-gängigen Abendessen in der Codrington Library des Colleges.

Bei dem vorletzten „Enten-Event“ im Jahr 1901 war übrigens der spätere Erzbischof von Canterbury, Cosmo Lang, der Lord Mallard.

Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand von uns das nächste Hunting the Mallard am 14. Januar 2101 miterlebt, ist wohl eher gering. Hoffentlich gerät bis dahin dieser skurrile Brauch nicht in Vergessenheit.

Nach so einer Stockente wird in Oxford gesucht.
Photo © Albert Bridge (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 16. Oktober 2021 at 02:00  Comments (3)  

Foden’s Band aus Sandbach (Cheshire) – Eine der besten Blasmusikkapellen der Welt

Author: lantresman.
Creative Commons 3.0

Die meisten Blasmusikkapellen (brass bands) Englands kommen aus der nördlichen Landeshälfte und haben ihren Ursprung in den Bergarbeiterfamilien wie beispielsweise die Grimethorpe Colliery Band aus South Yorkshire und die Muker Silver Band aus North Yorkshire, die ich beide in meinem Blog porträtiert habe. Der Spielfilm „Brassed Off“ (dt. „Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten“) hat das Thema sehr schön umgesetzt.

Einen anderen Ursprung hat eine der anerkannt besten Blasmusikkapellen der Welt, die Foden’s Band aus dem Ort Sandbach in der Grafschaft Cheshire. Foden war eine Firma, die Lastwagen und Busse herstellte und nach ihrem Gründer Edwin Foden (1841–1911) benannt worden ist. 1999 wurde die Produktion in Sandbach eingestellt.

Edwin Foden gründete die Fodens Motor Works Band Anfang des 20. Jahrhunderts, und er hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass seine Brass Band noch 120 Jahre später existieren würde. Unter dem Dirigenten Fred Mortimer begann in den 1930er Jahren der Erfolgskurs der Band, die sich mehrfach, je nach Sponsor, umbenannte, und ab 2008 nur noch unter dem Namen Foden’s Band firmiert.

X-fach hat die Kapelle nationale Wettbewerbe gewonnen wie die National Brass Band Championships of Great Britain und die British Open Brass Band Championships. Im internationalen Brass Band Ranking liegt Foden’s Band zur Zeit auf Platz 4. Auf Platz 1 liegt die walisische Band Cory, auf Platz 2 und 3 die Yorkshire-Bands Black Dyke und Brighouse & Rastrick (auf Platz 77 liegt momentan die einzige deutsche Band unter den Top 100, die 3BA Concert Band, die in diesen Tagen aus Ingolstadt nach Friedberg bei Augsburg zieht).

In diesem Film ist die Foden’s Band zu sehen und zu hören.

Published in: on 4. Oktober 2021 at 02:00  Comments (1)  

The Duck Feast in Charlton (Wiltshire)

The Cat Inn in Charlton
Photo © Rog Frost (cc-by-sa/2.0)

Heute begeben wir uns wieder einmal in die Grafschaft Wiltshire, genauer gesagt in den Ort Charlton und dort wiederum in The Cat Inn (ursprünglich hieß der Pub The Red Lion, aber der Löwe auf dem Wirtshausschild war so schlecht gemalt, dass man nur vom The Cat Inn sprach), wo jedes Jahr um den ersten Juni herum eine kuriose Tradition fortgesetzt wird, deren Ursprung in das Jahr 1734 zurückzuverfolgen ist: The Duck Feast. Wer jetzt denkt, dass es im Cat Inn ein großes Festessen mit Enten gibt, der ist auf dem Holzweg, denn mit „Duck“ ist nicht das Federvieh sondern der Dichter Stephen Duck gemeint, der von 1705 bis 1756 lebte und in Charlton geboren wurde. Heute kennen wohl nur noch wenige den Namen dieses Bauernpoeten, der von Beruf Drescher und dessen wichtigstes Handwerkszeug die Sense war. Sein erstes Werk hieß denn auch „The Thresher’s Labour„, 1730 erschienen, ein Gedicht, das vom harten Leben der Landarbeiter erzählte und das erstaunlicherweise in der Londoner Gesellschaft für Furore sorgte. Queen Caroline, Gattin König Georgs II., wurde auf Stephen Duck aufmerksam; sie förderte ihn und machte ihn zum „Governor of Duck Island„, einer kleinen Insel auf einem See im Londoner St James’s Park, auf der das Duck Island Cottage stand und noch heute steht. Ob Queen Caroline es als Gag betrachtete, einen Mann namens Duck zum Gouverneur einer Insel zu machen, die bereits Duck Island hieß und nicht nach dem Poeten benannt worden war, mag ich nicht zu beurteilen. Witzig war es aber schon. Neben seinem „Gouverneursposten“ erhielt Stephen Duck von Queen Caroline noch einen weiteren Auftrag, er wurde verantwortlich für Merlin’s Cave, einem Folly im Richmond Park, in dem Wachsfiguren ausgestellt waren und das 1766 wieder abgerissen wurde..

Ein weiterer Förderer Stephen Ducks war der Politiker und Parlamentarier Lord Palmerston (1673-1757), und da kommen wir wieder auf das eingangs erwähnte Duck Feast in Charlton zurück, das Palmerston 1734 ins Leben rief und auch bezahlte. Zwölf Drescher und Stephen Duck kamen jährlich einmal im Dorfpub zu einem Abendessen zusammen (bei dem möglicherweise auch hin und wieder Ente serviert wurde, das ist aber nur eine Spekulation meinerseits). Auch heute noch nehmen dreizehn Personen an dem Duck Feast im Cat Inn teil; einer der Teilnehmer wird zum Chief Duck ernannt und trägt während des Essens einen Hut mit Entenfedern.

Ich liebe diese alten englischen Traditionen…

Stephen Duck hatte wohl Probleme mit seinem Aufstieg vom einfachen Landarbeiter in die Londoner Gesellschaft. Er nahm sich 1756 das Leben, indem er sich hinter dem Pub The Black Lion bei Reading in einem Teich ertränkte.

Das Duck Island Cottage im St James’s Park in London.
Photo © Robin Sones (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 22. September 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Beam Heath Trust oder Wie man reich wird in Nantwich (Cheshire)

Die Middlewich Road im Norden von Nantwich, links und rechts der Straße liegt die Beam Heath.
Photo © Espresso Addict (cc-by-sa/2.0)

Die kleine Stadt Nantwich in der Grafschaft Cheshire liegt nahe der Grenze zu Wales und verfügt über eine hübsche High Street mit sehenswerten Fachwerkhäusern. Hier gibt es eine Tradition, die in das Jahr 1823 zurückreicht und auf dem sogenannten Beam Heath Act basiert, einem Gesetz, das in diesem Jahr das britische Parlament erlassen hat.

Beam Heath war eine Fläche vor den Toren Nantwichs, auf dem seit Menschengedenken Kühe grasen durften. Das änderte sich durch das Gesetz, das vorsah, das Areal für eine andere landwirtschaftliche Nutzung zu verwenden, zum Verdruss der Kuhbesitzer. Damit diese aber entschädigt werden konnten, wurde der Beam Heath Trust gegründet, der darauf achten sollte, dass ein Teil der Einnahmen, die hier erzielt wurden, auf die Geschädigten verteilt werden. Dieser Trust existiert noch heute, und auch heute kommt ein Teil der Bewohner in den Genuss dieser Ausschüttung.

Die Trust-Einnahmen wuchsen in den letzten Jahren, weil sich auf dem Areal beispielsweise ein Supermarkt der Sainsbury-Kette niedergelassen hat, sowie der Barony Employment Park, ein Gewerbegebiet mit Büroflächen. All das, zusammen mit weiterhin landwirtschaftlich genutzten Flächen, spült Geld in die Kassen des Beam Heath Trusts, der dies zu gleichen Teilen auf die etwa 2000 anspruchberechtigten Bürger von Nantwich verteilt.

Die Auszahlung erfolgt nicht etwa per Banküberweisung, jeder erhält einen Scheck, der persönlich an der Haustür übergeben wird. Ende der 1990er Jahre betrug die Dividende £4, nach der Ansiedlung von Sainsbury und anderen Gewerbetreibenden kletterte sie auf über £30.

Sainsbury’s Superstore in Nantwich spült Geld in die Kasse des Beam Heath Trusts.
Photo © Christopher Hilton (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 16. August 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

Richard Munslow, der letzte „sin-eater“ Englands

Das Sin-Eater Festival vor dem Pub The Bridges in Ratlinghope (Shropshire).
Photo © Bill Boaden (cc-by-sa/2.0)

Wenn nicht gerade Corona dem Treiben einen Strich durch die Rechnung macht, findet jedes Jahr in dem Örtchen Ratlinghope in der Grafschaft Shropshire am Pub The Bridges das Sin-Eater Festival statt. Was hat es nun mit den „Sündenfressern“ auf sich und warum gilt ihnen ein Festival in diesem Dorf?

Es handelt sich um einen Brauch, der früher einmal in Wales und den angrenzenden englischen Grafschaften üblich war. War jemand gestorben, der vor seinem Ableben keine Gelegenheit mehr gehabt hatte, seine Sünden zu beichten, dann griff man zu einem Trick, um dem Verblichenen doch noch von seinen Sünden zu befreien. Ein „sin-eater“ wurde engagiert, der über der Leiche ein Mahl zu sich nahm, damit durch diese Mahlzeit die Sünden absorbiert wurden. Nun trug dieser arme Mensch die Sünden des Verstorbenen mit sich herum, was er aber nur aus finanziellen Gründen tat, denn es gab für diese „Arbeit“ auch einen kleinen Obolus.

Damit wäre die erste Frage geklärt. Ratlinghope feiert sein Festival weil hier auf dem Kirchhof von St Margaret’s ein gewisser Richard Munslow beigesetzt worden ist, der als letzter sin-eater Englands gilt. Munslow war ein Farmer aus dem benachbarten Upper Darnford, der im Jahr 1906 starb. Er war der Vater von sieben Kindern, von denen vier schon in jungen Jahren starben. Der Farmer gehörte also nicht in die Gruppe von Menschen aus denen sin-eater normalerweise rekrutiert wurden, aber der Verlust seiner Kinder soll ihn dazu veranlasst haben, diesen schon fast vergessenen Brauch wieder aufleben zu lassen.

Das Dorf Ratlinghope und die Kirche St Margaret’s spielte schon einmal eine Rolle in meinem Blogpost vom 23. Januar 2019 über den Reverend Edmund Donald Carr.

St Margaret’s in Ratlinghope. Das Grab von Richard Munslow liegt linkerhand außerhalb des Fotos.
Photo © Row17 (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 26. Juli 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die Cogs & Wheels Ladies Morris Dancers aus Sticklepath in Devon

Die Finch Foundry des National Trusts in Sticklepath (Devon).
Photo © Chris Allen (cc-by-sa/2.0)

Mit den Morris Dancers ist es wie mit Marmite, etwa man liebt sie oder man hasst sie. Wie viele negative Bemerkungen habe ich in Büchern über England schon über sie gelesen? Auf den Webseiten von expatclaptrap.com ist von „Britain’s secret shame“ die Rede. „Morris dancers are men, women and sometimes children, who deck themselves out in frilly, puffy clothes and big hats, and prance around in circles, whacking sticks together while waving around little flags“, so wie hier zu sehen. Wo auch immer in England ein Dorffest veranstaltet wird, die Morris Dancers sind meist allgegenwärtig.

Häufig sind es Männer, die sich da ein wenig zum Affen machen, doch gibt es auch weibliche Morris Dancers wie die Cogs & Wheels Ladies Morris Dancers aus dem Dartmoor-Dorf Sticklepath in Devon. 1995 wurde diese Formation in der der National Trust gehörenden Finch Foundry gegründet, das ist eine alte Schmiede, deren Werkzeuge und Maschinen durch Wasserkraft angetrieben wurden, daher ist auch der Name der Morris Dancers, „cogs and wheels“, auf die Schmiede zurückzuführen. Die 23 weiblichen Folklore-Tänzerinnen üben dort nicht mehr, sondern in der Victory Hall im benachbarten South Zeal. Von Mai bis September sind die Damen in der Regel unterwegs und geben ihre Vorstellungen im Dartmoor und in der Umgebung. Ihr letzter Auftritt war am 1. Juli im Pub The Tors Inn in Belstone, ein kleines Stückchen westlich von Sticklepath gelegen.

Ob man nun die Morris Dancers mag oder nicht, sie sammeln bei ihren Auftritten Geld ein, das wohltätigen Zwecken zugute kommt und das ist doch etwas Positives.

In diesem Film sind die Ladies beim Tanzen zu sehen.

Die Victory Hall in South Zeal (Devon).
Photo © Richard Dorrell (cc-by-sa/2.0)
The Tors Inn in Belstone (Devon).
Photo © Mike White (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 8. Juli 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Portreeve of Ashburton (Devon)


The Silent Whistle, einer der Pubs in Ashburton, dessen Bier getestet wird.
Photo © Chris Allen (cc-by-sa/2.0)

Ich bin nur einmal in Ashburton (Devon) am Rand des Dartmoors gewesen, als ich an einem regnerischen dunklen Herbsttag mit meinem Wohnmobil auf dem einzigen geöffneten Campingplatz im Dartmoor übernachten wollte, und meine Frau und ich dort die einzigen Gäste waren. Da fühlten wir uns doch zu einsam, so packten wir unsere Sachen wieder zusammen und fuhren in ein Hotel in Ashburton.

Damals hatte ich nicht das Vergnügen, dem Portreeve der kleinen Stadt zu begegnen. Dieses Amt, das von einer männlichen oder weiblichen Person bekleidet werden kann, wurde bereits im Jahr 820 eingeführt und diente ursprünglich dazu, in königlichem Auftrag die Steuer- und Finanzaufsicht in den jeweiligen Orten zu führen.

Erstaunlicherweise gibt es in Ashburton dieses Amt noch immer. Der, beziehungsweise die, sogenannte Portreeve hat heute selbstverständlich andere, rein symbolische Aufgaben. In diesem Jahr müsste es bereits der 1200. Portreeve in der Geschichte der Stadt Ashburton sein, der wieder im November in sein Amt eingeführt wird, das er ein Jahr lang inne hat.

Welche Aufgaben hat nun ein Portreeve im 21. Jahrhundert? Nach wie vor ist ein wesentlicher Teil die sogenannte Ceremony of Ale Tasting and Bread Weighing am dritten Samstag im Juli. Da muss der Portreeve, unterstützt von einigen Offiziellen, prüfen, ob die Wirte der Pubs von Ashburton auch vernünftiges Bier ausschenken. Nachdem eine zufriedenstellende Geschmacksprobe genommen worden und das Urteil positiv ausgefallen ist, erhält der Wirt einen Zweig Immergrün, den er über seiner Eingangstür zur Schau stellen kann, damit die Gäste wissen, hier gibt es gutes Bier. Diese Aufgabe des Portreeves und seiner Helfer wird sicher immer sehr gern durchgeführt.

Beim breadweighing geht es ähnlich zu. Die Bäcker der Stadt werden aufgesucht und die Brotlaibe auf Qualität überprüft, weiterhin wird gewogen, ob das Gewicht der Brote den Angaben entspricht. Ist alles in Ordnung erhält der Bäcker ein entsprechendes Zertifikat.

Diese vom Portreeve angeführte Ale Tasting and Bread Weighing Zeremonie wird selbstverständlich in Roben und Uniformen durchgeführt. Hier ist sie in einem Film zu sehen.

Published in: on 21. Juni 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

„Oyez, oyez, oyez“ – Der Town Crier von Wimborne Minster (Dorset)

Author: Dorset Photographic
Creative Commons 2.0

Mit den laut gerufenen Worten „Oyez, oyez, oyez“ (Hört, hört, hört“) beginnen oft die „Town Crier„, die Stadtschreier, ihre Botschaften an das Volk. Früher hatten diese Herren weit mehr Rechte als ihre heutigen Nachfahren; sie fungierten als Aufsichtspersonen und nahmen manchmal sogar polizeiähnliche Aufgaben wahr. Die verbliebenen Stadtschreier heute haben nur noch eine rein zeremonielle Funktion.

Einer dieser Herren mit den durchdringenden Stimmen ist Chris Brown in Wimborne Minster in Dorset und das schon seit 33 Jahren. Er sieht auch so aus wie man sich einen typischen Town Crier vorstellt: Er trägt eine Uniform, einen entsprechenden Hut, ist Vollbartträger und hat bei der Ausübung seines Amtes eine Glocke in der Hand. Fünfmal war Chris Brown schon Dorset County Champion Crier und einmal The Ancient and Honourable Guild of Town Criers Champion. Er ist Mitglied in der Loyal Company of Town Criers, die alljährlich einen Wettkampf organisiert und den besten Ausrufer auszeichnet. Im vorigen Jahr fiel der Wettbewerb wegen Corona aus, in diesem Jahr wurde er virtuell und stumm ausgetragen, das heißt, die Town Crier mussten den Inhalt ihrer Ausrufe einreichen, der dann beurteilt wurde; das Thema lautete „Natur und Umwelt“. Als Sieger ging Alistair Chisholm aus Dorchester hervor.

Doch zurück zu Chris Brown, der in Wimborne Minster und Umgebung auch noch als DJ Dapper Dan bekannt ist, der beim örtlichen Rundfunksender Radio Wimborne eine eigene wöchentliche Show hat mit dem Titel „Skanking Delights„, in der er Reggaemusik spielt (immer dienstags von 22 Uhr bis 24 Uhr). Und wie beginnen seine Sendungen immer? Mit „Oyez, oyez“ natürlich. Hier ist ein Beispiel. Und hier ist Chris Brown in voller Aktion als Town Crier zu sehen.

DJ Dapper Dan.
Author: western4uk
Creative Commons 2.0
Published in: on 28. Mai 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Planting of the Penny Hedge in Whitby (North Yorkshire)

Photo © Alan Fryer (cc-by-sa/2.0)

Ein uralter Brauch namens Planting of the Penny Hedge wird seit Mitte des 12. Jahrhunderts in Whitby an der Küste North Yorkshires durchgeführt. Schauplatz: Der Upper Harbour am River Esk. Jeweils am Vorabend des Himmelfahrtstages pflanzen zwei Männer eine kleine Hecke aus Weiden- und Haselnusssträuchern in den Fluss. Diese Hecke muss so stabil sein, dass sie drei aufeinander folgenden Fluten widersteht. Nicht ganz klar ist, warum die Zeremonie „Planting of the Penny Hedge“ heißt. Eine Möglichkeit ist, dass das Wort „Penny“ von „penny knife“ kommt, dem Messer mit dem die Sträucher geschnitten werden. Die andere, wahrscheinlichere Möglichkeit, ist, dass sich „penny“ auf „penance“ = Strafe bezieht und damit auf den Ursprung der Tradition.

Mitte des 12. Jahrhunderts begaben sich drei Jäger adligen Geblüts im Eskdale auf die Jagd; dabei spürten sie einen Eber auf, den sie verfolgten. Der Eber suchte Zuflucht bei einem Mönch, der als Einsiedler lebte, und der sich des Tieres annahm und es gegen die Jäger verteidigte. Voller Wut, dass sie ihre Beute nicht bekommen sollten, erschlugen sie den frommen Mann. Die Jäger wurden merkwürdigerweise für ihre abscheuliche Tat nicht verurteilt, sondern erhielten eine Strafe aufgebrummt, die darin bestand, dass sie einmal im Jahr, wie oben schon erwähnt, am Vorabend des „Ascension Days“ die Hecke pflanzen mussten; sie und ihre Nachfahren in Ewigkeit. Sollte die Hecke der Flut nicht standhalten, dann würde das Land der Jäger an den Abt von Whitby fallen. Nur einmal, im Jahr 1981, war das Fall, allerdings hatte das keine Konsequenzen… Wie ich finde, eine Strafe mit der die drei Männer gut leben konnten.

Wenn die Hecke fertig ist, wird ein Jagdhorn geblasen und einer der Männer ruft dreimal „Out on ye! Out on ye! Out on ye“…und dann kann die Flut kommen und sich über die Mini-Hecke hermachen. Hier ist das alles noch einmal im Film zu sehen.

Die Hecke am River Esk.
Photo © Mike Kirby (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 12. Mai 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  

Der älteste, noch aktive Briefkasten Großbritanniens in Holwell (Dorset)

Die Firma John M. Butt & Co in Gloucester stellte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Kingsholm Foundry alle möglichen Gegenstände aus Metall her wie Poller, Kanaldeckel, Dachrinnen und Briefkästen. Aus dieser Gießerei stammt auch der rote Briefkasten, der vor dem Barnes Cross Cottage an der Straße Cornford Hill außerhalb des Dorfes Holwell in der Grafschaft Dorset steht. Im Jahr 1853 wurde der Briefkasten produziert, der damit die älteste noch aktive „letterbox“ in ganz Großbritannien ist. Man findet darauf die Initialen „VR“ für Victoria Regina, also für Queen Victoria. Besonderheiten sind der vertikale Briefeinwurfschlitz und die vieleckige Form des Kastens. Am 16. September 1987 wurde er unter Denkmalschutz gestellt. Der Briefkasten wird regelmäßig geleert, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass viele Briefe darin zu finden sind, denn er steht ziemlich einsam vor dem Cottage in dieser dünn besiedelten Region.

Es gibt noch drei weitere Briefkästen der Firma John M. Butt & Co., die überlebt haben, allerdings anders aussehen: Einer ist im Londoner National Postal Museum zu finden, einer im Museum der Stadt Haverfordwest in der Grafschaft Pembrokeshire in Wales und einer im ehemaligen Stonehouse Hospital in Plymouth (Devon).

Die Kingsholm Foundry in Gloucester existiert schon lange nicht mehr; dort, wo sie einmal stand, ist heute die Kingsholm Church of England Primary School.
Holwell mit seinem alten Briefkasten liegt acht Kilometer südöstlich von Sherborne, der nächst größeren Stadt (knapp 10 000 Einwohner).

Ein weiterer Blogeintrag zum Thema „Briefkästen“ ist hier zu finden.

 

Published in: on 22. März 2021 at 02:00  Comments (2)  
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Bath in Somerset Teil 1: Das Pump Room Orchestra und sein Nachfolger das Pump Room Trio

Der Pump Room, links der Eingang zum Restaurant.
Photo © Rick Crowley (cc-by-sa/2.0)

Bei meinen Besuchen in der Stadt Bath (Somerset) habe ich immer eines vermieden: Ich habe niemals das angeblich heilende Wasser dort probiert. Schon der Geruch allein soll ziemlich übel sein. Der Pump Room und die Roman Baths waren und sind das Zentrum der Heilwasserquellen der Stadt. „Visitors can drink the water or have other refreshments while there„, heißt es auf der englischsprachigen Wikipedia, wobei ich die „other refrehments“ immer vorziehen werde. Der Dandy Beau Nash war zu Beginn des 18. Jahrhunderts der große Zampano in Bath, auf dessen Initiative hin, das Gebäude namens Pump Room errichtet wurde, und Nash gründete auch das Pump Room Orchestra, das für die musikalische Unterhaltung der Gäste sorgen sollte. Er hätte es sicher nicht für möglich gehalten, dass dieses Orchester dreihundert Jahre lang Bestand haben würde.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude durch ein neues ersetzt, in dem das Orchester weiterhin aufspielte. Berühmte Namen der Musikwelt spielten mit dem Orchester wie Arthur Rubinstein und Daniel Melsa beziehungsweise waren Gastdirigenten wie Sir Thomas Beecham und Sir Edward Elgar. In den 1930er Jahren übertrug sogar die BBC Konzerte des Pump Room Orchestras. Nach dem Zweiten Weltkrieg existierte das Orchester nicht mehr; an seine Stelle trat das Pump Room Trio, das bis heute für die Gäste des Restaurants aufspielt. Es sind derzeit Matthew Everett (Geige), Tim Gilbert (Cello) und Derek Stuart-Clark (Klavier) plus Vertretungen. Das Trio spielt täglich von 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr, samstags von 10.30 bis 12.30 Uhr. Das Repertoire reicht von der Oper zum Walzer, vom Tango bis zum Musical.

Touristen lieben es, im Restaurant des Pump Rooms ihren Afternoon Tea einzunehmen und dabei den Melodien des Pump Room Trios zu lauschen.

Hier ist das Trio zu hören.

Das Buch zum Artikel:
Robert and Nicola Hyman: The Pump Room Orchestra Bath – Three Centuries of Music and Social  History. Hobnob Press 2011. 228 Seiten. ISBN 978-0946418749.

Im Pump Room Restaurant.
Author: Gauis Caecilius.
Creative Commons 2.0

Published in: on 14. Januar 2021 at 02:00  Kommentar verfassen  
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