Vergessene Krimiautoren – Eden Phillpotts (1862-1960)

“Read wisely for a good book is a faithful friend” – Ein Spruch von Eden Phillpotts an der Town Hall von Torquay.
Photo: Phil Beard.
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Wer sich einmal mit dem Leben der Queen of Crime, Agatha Christie, beschäftigt hat, stößt unweigerlich in der Entwicklungsphase der angehenden Schriftstellerin auf den Namen Eden Phillpotts, einen Freund der Familie und Nachbarn; sein Haus „Eltham“ in der Oakhill Road lag nicht weit von „Ashfield“ entfernt, dem Wohnsitz ihrer Eltern in der Barton Road im Seebad Torquay (Devon). Als die junge Agatha ihre ersten Schreibversuche unternahm, riet ihr ihre Mutter, Eden Phillpotts um Rat zu Fragen, was sie denn auch tat. Der 1862 geborene Phillpotts, „ein Mann von sonderbarem Aussehen, mit seinen nach oben gezogenen Augenwinkeln glich er mehr einem Faun als einem menschlichen Wesen“ (so Agatha Christie in ihrer Autobiografie „Meine gute alte Zeit“), war damals ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen Kriminalromane und sein Dartmoor-Zyklus gern gelesen wurden. Er nahm sich der jungen Dame an und förderte sie, was ihm Agatha Christie nie vergaß: „Wie dankbar ich ihm bin, lässt sich in Worten kaum ausdrücken…mir zu helfen, war ihm ein echtes Anliegen„.
1932 widmete sie ihrem Gönner einen ihrer Romane „Peril at End House“ (dt. „Das Haus an der Düne“): „To Eden Phillpotts. To whom I shall always be grateful for his friendship and the encouragement he gave me many years ago„.

Phillpotts war ein ausgesprochener Vielschreiber, dessen Bücher heute fast alle vergessen sind. Er fühlte sich zeitlebens in Devon am wohlsten, und so beschäftigte er sich ausgiebig mit dem Dartmoor, das ja von Torquay nicht weit entfernt ist. Viele seiner Romane sind dort angesiedelt, und er hat sogar einen Dartmoor-Zyklus geschrieben, der aus 18 Romanen und zwei Bänden mit Kurzgeschichten besteht. Ich habe davon einmal den Band „Widecombe Fair“ gelesen, ein 552 Seiten umfassender Roman, in dessen Mittelpunkt das jährlich am zweiten Dienstag im September stattfindende Volksfest in dem Dartmoor-Dörfchen Widecombe-in-the-Moor steht.

In einigen von Phillpotts Krimis löst der ehemalige Scotland Yard-Inspektor John Ringrose die Fälle, so zum Beispiel in „A Voice from the Dark„, das ich einmal gelesen habe. Ganz gut fand ich auch Phillpotts‘ 1926 erschienenes „The Marylebone Miser„, ein Locked-Room-Mystery, ebenfalls mit John Ringrose.

Die Literaturkritik hält nicht allzuviel vom Schaffen des Autors. So schreibt beispielsweise Richard C. Carpenter in „Twentieth Century Crime & Mystery Writers„: Phillpotts‘ mysteries, plodding, drawn-out, and conventional in characterization, are principally of historical interest“ und „It is nevertheless true that he did contribute to the detective mystery some notably original situations, though they often are so bizarre as to call for indulgent willingness to suspend disbelief on the reader’s part„.

1960 starb Eden Phillpotts im Alter von 98 Jahren in dem kleinen Dorf Broadclyst, in der Nähe von Exeter in Devon. Seine zahlreichen Romane sind heute weitgehend vergessen. Ins Deutsche wurden laut Katalog der Deutschen Nationalbibliothek lediglich drei seiner Bücher übersetzt.

Broadclyst in Devon, wo Eden Phillpotts lebte und starb.
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Published in: on 25. April 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Wincanton – Eine Kleinstadt in Somerset und ihre Verbindung mit dem Fantasyautor Terry Pratchett (1948-2015)

Photo © William (cc-by-sa/2.0)

Wenn man in die kleine Ortschaft Wincanton im Südosten der Grafschaft Somerset einfährt, wird man von einem Schild begrüßt, auf denen die Partnerstädte aufgeführt sind. Die hessische Stadt Lahnau ist eine davon und der französische Ort Gennes-les-Rosiers die andere. Es gibt aber noch eine dritte Partnerstadt von Wincanton, nämlich Ankh-Morpork (Discworld). Einen regen Austausch zwischen diesen beiden Städten wird es wohl nie geben, denn Ankh-Morpok ist fiktiv, aber allen Fans der Fantasy-Romane von Sir Terry Pratchett wohlbekannt,  handelt sich hierbei doch um die wichtigste Stadt in den „Scheibenwelt„-Romanen des britischen Autors. Seit 2002 besteht diese Partnerschaft, ein Marketing-Gag, um auf Wincanton aufmerksam zu machen? ‚The association with Discworld works extremely well for our town, helping to boost the local economy“, zitiert die Daily Mail einen früheren Bürgermeister der Stadt.

Doch die spezielle Verbindung zwischen dem Städtchen in Somerset und dem Fantasy-Autor geht noch weiter. Im Jahr 2009 wurden zwei Straßen in Wincanton nach Straßen in Ankh-Morpok benannt: Die Peach Pie Street und die Treacle Mine Road. Pratchett ließ es sich nicht nehmen, die beiden Straßen höchstpersönlich einzuweihen, in Anwesenheit von hunderten von Discworld-Fans, von denen sich viele zu diesem Anlass entsprechend verkleidet hatten.

In der High Street Nummer 41 in Wincanton findet sich eine weitere Verbindung zu Terry Pratchetts Romanserie: „The Discworld Emporium„, ein Laden, in dem man so ziemlich alles kaufen kann, was sich ein Fan wünscht. Und so kommen denn auch viele Scheibenwelt-Fans aus der ganzen Welt nach Wincanton, um Ankh-Morpok so nahe wie möglich sein zu können.

Sir Terry Pratchett, der über 55 Millionen Exemplare seiner Fantasy-Saga weltweit verkaufen konnte, wohnte nicht allzu weit von Wincanton entfernt in der Grafschaft Wiltshire in Broad Chalke, etwa 12 km westlich von Salisbury, im Gurston Manor.

Wem der Name „Wincanton“ irgendwie bekannt vorkommt: Vielleicht hat ihn jemand schon einmal als Schriftzug auf einem Lastwagen gesehen, denn die Firma mit diesem Namen gehört zu den größten europäischen Logistikunternehmen mit Hauptsitz in Chippenham (Wiltshire). Die Ursprünge der Firma gehen auf Wincanton in Somerset zurück.

Discworld. Eigenes Foto.
The Discworld Emporium in der High Street.
Eigenes Foto.

Terry Pratchett.
Photo: steeljam.
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Published in: on 26. März 2024 at 02:00  Comments (1)  

Goldfinger – Eine Figur aus den James Bond-Romanen und ein britisch-ungarischer Architekt

2 Willow Road in Hampstead, das Goldfinger-Haus.
Photo © Natasha Ceridwen de Chroustchoff (cc-by-sa/2.0)

Auric Goldfinger, gespielt von Gert Fröbe, ist sicher einer der berühmtesten Bösewichter aus den James-Bond-Filmen. Ian Fleming, der geistige Vater des James Bond, wählte den Namen „Goldfinger“ mit Bedacht aus, denn er wollte sich an einem Architekten namens Ernö Goldfinger (1902-1987) rächen.

Der Hintergrund: Der ungarisch-britische Architekt ließ Mitte der 1930er Jahre in der Willow Road im Londoner Ortsteil Hampstead einige Häuser abreißen, um ein neues Wohngebäude in seinem bevorzugten modernen Baustil zu errichten, was den Zorn der Nachbarn, unter ihnen Ian Fleming, hervorrief. Doch der Protest half nichts, Goldfinger baute das Haus, in das er auch selbst einzog. Heute gehört es dem National Trust und kann besichtigt werden.

Viele Jahre später, im Jahr 1959, veröffentlichte Ian Fleming seinen Roman „Goldfinger“, der 1964 mit Sean Connery als James Bond verfilmt wurde. Fleming gab dem Bösewicht Goldfinger zwar einen anderen Vornamen, aber man erkannte doch deutlich die Absicht, dem Architekten eins auszuwischen.
Der „richtige“ Goldfinger versuchte gerichtlich gegen Fleming vorzugehen, aber man einigte sich schließlich außergerichtlich.

Ernö Goldfinger war ein Anhänger des Brutalismus genannten Architekturstils, der sich in der 1950er und 1960er Jahre großer Beliebtheit erfreute und “ von ruppigem Charme geprägt“ (Wikipedia) war. Ein Musterbeispiel dafür ist der von Goldfinger entworfene 31stöckige Trellick Tower in North Kensington in London. Das von 1968-1972 erbaute Haus war seinerzeit das höchste Wohngebäude im ganzen Land. Das „Tower of Terror“ genannte Haus geriet immer wieder durch eklatante soziale Probleme in die Schlagzeilen; mittlerweile hat sich das geändert, denn die ständig steigenden Londoner Wohnungspreise haben längst auch den Trellick Tower erreicht.

Wer sich für den Architekten Ernö Goldfinger näher interessiert, Nigel Warburton hat eine Biografie über ihn geschrieben: Ernő Goldfinger: The Life of an Architect (London: Routledge 2004, ISBN 978-0415379458).

Der Trellick Tower.
Photo © Stephen Richards (cc-by-sa/2.0)

Carol Ann Duffy – Eine Dichterin und die kichernden Mädchen von der Stafford Girls High School

Photo: walnut whippet.
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John Dryden (1631-1700) war der erste Hofdichter Englands, der erste „Poet Laureate„, der von Charles II. ernannt wurde. Dryden übte das Amt zwanzig Jahre aus. Zu den Aufgaben der Hofdichter zählen das Verfassen von Gedichten für offizielle Anlässe und nationale Ereignisse. Bis zum Jahr 2009 wurde dieses Amt ausschließlich von Männern wahrgenommen, und dann kam die 1955 in Schottland geborene Carol Ann Duffy und brach in die Männerdomäne ein. Sie übernahm den Staffelstab von Sir Andrew Motion, der zehn Jahre lang in offiziellem Auftrag Gedichte geschrieben hatte, und gab ihn nach weiteren zehn Jahren an den gegenwärtigen Poet Laureate Simon Armitage im Jahr 2019 weiter.

Im Alter von sechs Jahren zog Carol Ann Duffy mit ihren Eltern nach Stafford in Staffordshire, wo sie von 1970 bis 1974 die Stafford Girls High School besuchte. Nur drei Jahre später tat sich diese Schule mit der King Edward VI Grammar School zusammen. Aus dem ehemaligen Gebäude der Mädchenschule sind inzwischen Apartments geworden. Der Grund, warum ich auf diese Schule näher eingegangen bin, ist der, dass Carol Ann Duffy über ihre damalige Schulzeit ein langes Gedicht verfasst hat, „The Laughter of Stafford Girls High„. Allzu gut hat es ihr dort nicht gefallen, sie war mit der Art der Wissensvermittlung nicht zufrieden und fand, dass die Kreativität der einzelnen Schülerinnen nicht genügend gefördert wurde. In ihrem Gedicht geht Carol Ann Duffy auch auf die einzelnen Lehrerinnen ein wie Miss Batt und Miss Dunn, die eine lesbische Beziehung zueinander haben (auch die Dichterin ist lesbisch). Beherrschend in dem Gedicht ist, wie es in dem Titel auch heißt, das Lachen, das Kichern der Mädchen, das sich in der ganzen Schule verbreitet und das den tristen Unterricht, das ineffektive Bildungssystem mit dem permanenten Auswendiglernen aufheitern soll. Carol Ann Duffy verfügt über eine wunderbare Sprache:  „Every girl in the form had started to snigger or snicker or titter or chuckle or chortle till the classroom came to the boil„.
Man muss sich das aus 47 Strophen à 13 Zeilen bestehende Gedicht einmal in aller Ruhe anhören wie hier auf BBC Radio 4 von Joanna Lumley vorgetragen. Hier ist das gesamte Gedicht nachzulesen.

Von Carol Ann Duffy sind nur sehr wenige Gedichte ins Deutsche übersetzt worden. Die Anthologie „Die Bauchrednerpuppe“ aus dem Jahr 1996 enthält eine kleine Auswahl ihrer Gedichte in deutscher Sprache.

Published in: on 14. Februar 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Baillie Gifford Prize for Non-Fiction – Großbritanniens renommiertester Preis für Sachbücher

Dieser Film zeigt die Vergabe des Literaturpreises im letzten November.

Der wichtigste britische Literaturpreis ist der Booker Prize, der jedes Jahr für den besten englischsprachigen Roman vergeben wird, der im Königreich erschienen ist. Benannt worden ist der Preis nach dem Lebensmittelgroßhändler Booker Group Ltd, der mittlerweile zu Tesco gehört. £50 000 erhält der jeweilige Preisträger.

Das Pendant für den Bereich der Sachbücher ist der Baillie Gifford Prize for Non-Fiction, der ebenfalls mit £50 000 ausgestattet ist. Benannt ist der Preis nach seinem Sponsor, der in Edinburgh ansässigen Investment-Firma Baillie Gifford, die Anfang des 20. Jahrhunderts von Augustus Baillie (1861-1939) und Carlyle Gifford (1881-1975) in Edinburgh gegründet worden war. Bevor die schottische Firma den Literaturpreis 2016 unter ihre Fittiche nahm, hieß er BBC Samuel Johnson Prize for Non-Fiction. Die Schotten erwiesen sich nicht als knickerig und sparsam, sie erhöhten das Preisgeld auch deutlich auf die jetzige Summe.

Der erste Preisträger, der den Sachbuch-Literaturpreis im Jahr 1999 erhielt, war Antony Beevor, dessen Roman „Stalingrad“ die damalige Jury am meisten überzeugte. Das Buch ist unter demselben Titel ins Deutsche übersetzt worden.
Der letzte Empfänger des Baillie Gifford Prize for Non-Fiction im Jahr 2023 war „Fire Weather: A True Story from a Hotter World“ des kanadischen Schriftstellers und Journalisten John Vaillant. Das Buch erschien im Juli letzten Jahres in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Bestie: Wie das Feuer von unserem Planeten Besitz ergreift„.

Die auf der Shortlist stehenden Autorinnen und Autoren erhalten jeweils £5000. 2023 waren das unter anderen der auch in Deutschland bekannte australische Historiker Christopher Clark mit seinem Buch „Revolutionary Spring: Fighting for a New World 1848-1849“ (dt. „Frühling der Revolution: Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt„).

Published in: on 11. Februar 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Enid Blyton (1897-1968) und die Inspiration für viele ihrer Kinderbücher: Die Isle of Purbeck in Dorset

Corfe Castle, das Kirrin Castle in den Büchern Enid Blytons.
Photo © Peter Trimming (cc-by-sa/2.0)

Als Kind habe ich die Bücher von Enid Blyton (1897-1968) regelrecht verschlungen. Erst kam die „Fünf Freunde„-Serie dran, dann folgten die „Geheimnis um„- und die „Abenteuer„-Serien. Die 1968 gestorbene Autorin war ungeheuer produktiv: Über 750 Bücher soll sie geschrieben haben, von denen mehr als 600 Millionen Exemplare verkauft worden sind.

Damals machte ich mir keine Gedanken darüber, wo denn die Schauplätze der Handlung in England liegen, was mich jetzt aber besonders interessiert. Enid Blyton machte gern in der Grafschaft Dorset Urlaub, und da speziell auf der Isle of Purbeck. Das ist eine Halbinsel, die sich südlich von Poole und Bournemouth erstreckt und deren bekannteste Orte Wareham, Corfe Castle und Swanage sind. Besonders Swanage hatte es der Kinderbuchautorin angetan, wo sie häufig ihr Urlaubsquartier bezog. Auf den Streifzügen durch die Isle of Purbeck ließ sie sich inspirieren, und so finden wir einiges davon in ihren Büchern wieder.

Aus dem Corfe Castle wurde zum Beispiel das Kirrin Castle, und aus der vor dem Poole Harbour liegenden Brownsea Island wurde Whispering Island.

Echte Enid Blyton Fans waren eine Zeit lang entzückt, als sie in dem Ort Corfe Castle den Ginger Pop Shop entdeckten; das war ein Laden, der sich ganz der Autorin gewidmet hatte. Hier fand man sämtliche lieferbaren Bücher von ihr, aber auch zahlreiche vergriffene Titel. Das bei den Fünf Freunden so beliebte Ingwerbier war natürlich hier auch zu haben. Die Betreiber des Ladens hatten noch einen weiteren in Poole mit einem ähnlichen Angebot. leider gibt es die beiden Läden nicht mehr, die 2017 geschlossen worden sind. Es gibt nur noch einen Online-Auftritt.

Seit 1995 kümmert sich die Enid Blyton Society um das Andenken an die berühmte Kinderbuchautorin, veranstaltet Gedenktage und gibt dreimal im Jahr das The Enid Blyton Society Journal heraus.

Wer sich einmal auf die Spuren der „Famous Five“ heften möchte, der bekommt auf dieser Webseite genauere Hinweise.

Siehe auch diesen Blogeintrag über Enid Blyton.

Das Buch zum Artikel:
Barbara Stoney: Enid Blyton – The Biography. The History Press 2006. 240 Seiten. ISBN 978-0752440309.

Es war einmal… Der Ginger Pop Shop neben dem Postamt von Corfe Castle.
Photo © Phil Champion (cc-by-sa/2.0)

Der Isle of Purbeck Golf Club, der einmal Enid Blyton und ihrem Mann gehörte und die ihn beide erweiterten.
Photo © Phil Champion (cc-by-sa/2.0)

Brownsea Island.
Photo © nick macneill (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 9. Februar 2024 at 02:00  Comments (2)  

Richard Gordon (1921-2017) – Ein englischer Arzt und Verfasser humoristischer Romane

Das St Bartholomew’s Hospital in der City of London, in dem Richard Gordon als Anästhesist arbeitete. Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)

Am 11. August 2017 starb Gordon Stanley Ostlere im Alter von 95 Jahren, der besser bekannt war unter dem Namen Richard Gordon. Sein Leben hatte zwei unterschiedliche Seiten: Er war Arzt, arbeitete als Anästhesist im Londoner St Bartholomew’s Hospital und später als Schiffsarzt und verfasste mehrere Bücher über medizinische Themen wie „Anaesthetics for Medical Students“ und „Trichlorethylene Anaesthesia„. Diese Bücher werden sicher nur von einem relativ kleinen Kreis gelesen worden sein. Dann kommen wir zu der anderen Seite des Lebens von Richard Gordon, als Verfasser humoristischer Romane. 1952 begann er seine „Doctor“-Serie mit „Doctor in the House“ (dt. „Aber Herr Doktor!“), die im Krankenhausmilieu angesiedelt waren; das fiktive Londoner St Swithin’s Hospital bildete die Hintergrundkulisse. Viele der Romane wurden ins Deutsche übersetzt und erschienen als rororo-Taschenbücher. Ich erinnere mich, dass ich einige von ihnen gelesen habe.

Einige von Richard Gordons Büchern wurden auch verfilmt wie sein Erstlingsroman „Doctor in the House“, der 1954 in die Kinos kam. Dirk Bogarde (1921-1999) spielte die Hauptrolle des Simon Sparrow, und dieser Film verschaffte dem damals 33-jährigen Schauspieler einen großen Schub auf der Karriereleiter. Hier ist ein kurzer Ausschnitt aus dem Film. Wir werden hier auch erstmals mit dem Leiter und Chefchirurgen des Krankenhauses Sir Lancelot Spratt bekannt gemacht, gespielt von James Robertson Justice (1907-1975).

Es folgten weitere Filme mit Dirk Bogarde als Simon Sparrow wie „Doctor at Sea“ (1955), „Doctor at Large“ (1957) und „Doctor in Distress“ (1963). Einige sind in voller Länge bei Dailymotion zu sehen.

Neben seinen medizinischen Fachbüchern und seinen Romanen verfasste Richard Gordon auch noch einige Biografien („The Private Life of…„) wie die von Florence Nightingale, Doctor Crippen und Jack the Ripper.

Published in: on 2. Februar 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Ebury Street 22 – Das Haus in London, in dem der James Bond-Schöpfer Ian Fleming eine Zeit lang wohnte

Photo © Stephen Richards (cc-by-sa/2.0)

Die Ebury Street ist eine lang gezogene Straße im Londoner Stadtteil Belgravia, die die Pimlico Road mit den Grosvenor Gardens verbindet. Hier haben im Laufe der Jahre mehrere berühmte Leute gewohnt; einige blaue Plaketten an den Häusern weisen darauf hin. In der Nummer 180 wohnte zum Beispiel einmal für kurze Zeit der junge Wolfgang Amadeus Mozart mit seiner Familie (siehe dazu meinen Blogeintrag). Gleich daneben in der 182 wohnten Vita Sackville-West und ihr Mann Harold Nicolson, in der Nummer 109 die Schauspielerin Dame Edith Evans und in der Nummer 121 der irische Schriftsteller George Moore.

Das Haus mit der Nummer 22 soll heute im Mittelpunkt meines Blogs stehen, in dem der James Bond-Schöpfer Ian Fleming (1908-1964) von 1936 bis 1941 in dem Apartment B lebte. Er hatte es von Sir Oswald Mosley übernommen, dem Gründer der faschistischen Partei British Union of Fascists, der den Nazis in Deutschland nahe stand. Ian Fleming war dem weiblichen Geschlecht sehr zugetan, und er brachte seine zahlreichen „Eroberungen“ in das Haus in der Ebury Street.
Die Nummer 22 ist 1830 im griechischen Revival Stil erbaut worden, mit weißen Säulen, die den Eingangsportikus stützen. Das Haus beherbergte im Laufe der Jahrzehnte eine Baptistenkirche, das Pimlico Literary Institute, einen Nachtklub und ein Möbelgeschäft. In den 1930 Jahren schließlich wurde die 22 in vier Wohnungen umgewandelt, von denen eine von Ian Fleming bewohnt wurde. Der Schriftsteller beherbergte hier auch seinen „Cercle Gastronomique„, einen Klub junger Männer, die sich gern dem guten Essen und dem Glücksspiel hingaben. Ian Fleming holte sich für die Einrichtung seiner Wohnung eine Berliner Innenarchitekten zur Hilfe. Das Apartment soll etwas gruselig gewirkt haben mit dunkel gestrichenen Wänden, von dem Ian Flemings Biograf John Pearson in seinem Buch „The Life of Ian Fleming“ (1966) schrieb „It would have made a good spot for a Black Mass or a meeting of the Hellfire Club“.

Eine blaue English Heritage-Plakette mit der Inschrift „Ian Fleming 1908-1964 Creator of James Bond lived here“ ist an dem weißen Gebäude angebracht.

Photo: Spudgun67
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The Brontë Birthplace in Thornton (West Yorkshire)

Photo: Tim Green aka atoach.
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In der Straße Market Street 72/74 in Thornton in West Yorkshire, westlich der Großstadt Bradford gelegen, wohnte in den Jahren 1815 bis 1820 der Pfarrer Patrick Brontë, dessen Frau Maria in diesem Haus ihre Kinder Charlotte, Patrick Branwell, Emily und Anne zur Welt gebracht hat. 1820 zog die Familie in das nicht weit entfernte Pfarrhaus von Haworth, wo Patrick Brontë in der Kirchengemeinde von St Michael and All Angels als Geistlicher tätig war. Die in ein Museum umgebaute Brontë Parsonage in Haworth ist zu einem touristischen Hotspot für Besucher aus aller Welt geworden, die einmal sehen möchten wie die drei weltberühmten Schriftstellerinnen und ihr Bruder am Rand der Moorlandschaft gelebt hatten.

Der Brontë Birthplace in Thornton dagegen stand immer im Schatten des einige Kilometer entfernten Pfarrhauses. Zuletzt war hier ein Café namens „Emily’s“ untergebracht, dessen Restaurationsräume das ehemalige Speisezimmer der Brontës umfassten, vor dessen Kamin die vier Kinder das Licht der Welt erblickten. Das Café ist vor einigen Jahren geschlossen worden, und dem Haus an der Market Street ist jetzt deutlich anzusehen, dass der Zahn der Zeit an ihm genagt hat. An der Außenwand war eine Plakette angebracht mit Angaben zu den Geburtsjahren der Brontë-Kinder, die mittlerweile durch eine neue, blaue Plakette ersetzt worden ist.

Die Bewohner von Thornton sind stolz auf ihren Brontë Birthplace, umso größer der Schrecken als plötzlich in großen Lettern das Haus zum Verkauf angeboten wurde. Was sollte jetzt daraus werden? Doch ehe ein Bauunternehmer auf dumme Gedanken kommen konnte, wurde in einer groß angelegten Aktion Geld gesammelt, um das Geburtshaus zu kaufen und in ein Kulturzentrum umzuwandeln, das den Pfarrerskindern gewidmet werden soll. Federführend ist unter anderen ein gewisser Nigel West, dessen Vorfahren auf den Ehemann der Charlotte Brontë zurückzuführen sind, und der auch gleich eine großzügige Geldspende zur Verfügung stellte. Wenn genügend Geld, auch durch Crowdfunding, verfügbar ist und alles gut läuft, soll das Haus im Laufe des Jahres 2025 umgebaut sein und hoffentlich ähnlich viele Besucher anlocken wie das Pfarrhaus in Haworth.

Hier ist ein Film über die Kampagne zum Erhalt des Hauses in der Market Street von Thornton.

Siehe auch meine anderen Blogartikel über die Brontës und Haworth.

Das Geburtshaus der Brontë-Kinder in der Market Street von Thornton.
Photo © David Spencer (cc-by-sa/2.0)

Der Hauseingang, noch mit der alten Plakette.
Photo © David Spencer (cc-by-sa/2.0)

Mary Shelley’s House of Frankenstein in Bath (Somerset)

Die Schöpferin des Romans „Frankenstein“, die Schriftstellerin Mary Shelley.
This work is in the public domain

Als die Schriftstellerin Mary Shelley im Jahr 1816 nach Bath in Somerset in die Straße Abbey Gardens zog, in ein Haus, das es heute nicht mehr gibt, befasste sie sich vorwiegend mit ihrem Roman „Frankenstein„, den ersten Science Fiction-Roman der Literaturgeschichte. Sie vollendete ihn später in Marlow in Buckinghamshire.

Seit zwei Jahren gibt es in Bath in der Gay Street Nummer 37, nur wenige Schritte vom Jane Austen Centre entfernt, ein Museum, das sich ganz dem Monster aus der Feder von Mary Shelley widmet, Mary Shelley’s House of Frankenstein. In dem Haus, in dem vorher zweihundert Jahre lang eine Rechtsanwaltspraxis beheimatet war, gibt es auf vier Stockwerken jede Menge Gruseliges und Unheimliches zu sehen. Einer der Gründer des Museums, Jonathan Wills, brachte schon Erfahrung mit, denn er war am Aufbau des London Dungeon beteiligt, in dem es ebenfalls horrormäßig zugeht.

Aber das Museum in Bath beschäftigt sich nur mit der Figur des Monsters, das im Roman Victor Frankenstein erschaffen hat, sondern auch mit der Schriftstellerin Mary Shelley selbst, die in kurzer Teit den Tod ihres Mannes, ihrer Mutter und drei ihrer Kinder verkraften musste; der Mourning Room, das Trauerzimmer, im ersten Stock erinnert daran.

Es gibt einen Raum, der sich dem Thema Elektrizität widmet, ganz oben unter dem Dach ist ein Escape Room untergebracht, und das Herzstück des Museums ist das Monster selbst, das ganz nach der Beschreibung im Roman angefertigt worden ist und das sogar atmet. Überall im Museum wird man mit eigenartigen Gerüchen, Geräuschen und Menschen konfrontiert; letztere werden von Schauspielern verkörpert, deren Aufgabe es ist, den Besuchern Angst einzuflößen. Kinder unter zwölf Jahren dürfen das Museum daher nicht betreten.

Der Eintrittspreis beträgt £15.50 für einen Erwachsenen. Geöffnet hat das Museum ist täglich von 11 Uhr bis 18.30 Uhr, samstags bereits ab 10 Uhr.

Dieser Film zeigt einen Besuch im Frankenstein-Haus.

Siehe auch diesen Blogeintrag über Mary Shelley.

Mary Shelley’s House of Frankenstein
37 Gay Street
Bath, Somerset
BA1 2NT

Published in: on 15. November 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Lord Byron (1788-1824) und sein Lieblingsbär im Trinity College in Cambridge

Das Trinity College in Cambridge. Hier konnte man wunderbar mit einem Bären Gassi gehen.
Photo © Lauren (cc-by-sa/2.0)

Der englische Dichter George Gordon Noel, 6. Baron Byron, meist nur kurz Lord Byron genannt, wurde nur 36 Jahre alt, schaffte es aber in dieser Zeit, sich durch Werke wie „Childe Harold’s Pilgrimage“ (dt. „Childe Harolds Pilgerfahrt“) in der Weltliteratur zu etablieren. Berühmt-berüchtigt war er aber auch als Salonlöwe in der Londoner Gesellschaft, der immer wieder durch seine Exzentrizität von sich reden machte.

Lord Byron besuchte von 1805 bis 1808 das Trinity College in Cambridge, wo er auch durch seine exzentrischen Handlungen auffiel. Dort war es den Studenten untersagt, Hunde als Haustiere zu halten, was Lord Byron gegen den Strich ging, denn er liebte Hunde über alles. Seine ganz große Liebe war der Neufundländer Boatswain, dem er nach dessen Ableben auf dem Familiensitz Newstead Abbey in Nottinghamshire ein Denkmal setzen ließ (siehe dazu meinen Blogeintrag.

Wenn er schon keinen Hund im College halten konnte, sagte sich Lord Byron, dann könnte er doch stattdessen einen Bären halten, denn davon war in den Vorschriften des Trinity College nicht die Rede. Er besorgte sich eines der Pelztiere, wahrscheinlich auf der Stourbridge Fair, die damals jährlich im Nordosten der Universitätsstadt abgehalten wurde und auf der man so ziemlich alles kaufen konnte, was das Herz begehrte. Also nahm Lord Byron seinen Bären mit aufs College, wo er ihn an der Leine spazieren führte. Natürlich wollte die Leitung des Colleges dies nicht so ohne weiteres hinnehmen, aber ihr exzentrischer Student wies darauf hin, dass er das Recht dazu habe, weil es nirgendwo geschrieben stand, dass das Halten von Bären verboten wäre. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und wollte seinen vierbeinigen Freund als Studenten immatrikulieren lassen, denn auch das, so argumentierte er, war in keiner Zulassungsordnung verboten.
Als er das College 1808 verließ, nahm er seinen „pet bear“ mit nach London, wo dieser auf dem Anwesen des Lords nach Herzenslust herumtollen konnte. In Cambridges Trinity College hatte man damals sicher erleichtert tief durchgeatmet, als Lord und Bär durch ihren Abgang keinen Stress mehr verursachten.

Siehe auch diesen Blogeintrag über Lord Byrons letzte Ruhestätte und diesen über den nach ihm benannten Teich in Grantchester bei Cambridge.

Bateman’s – Rudyard Kiplings Haus bei Burwash in East Sussex

Eigenes Foto.

Für den englischen Schriftsteller Rudyard Kipling (1865-1936) war es Liebe auf den ersten Blick, als er bei der Suche nach einem Haus auf dem Land, gemeinsam mit seiner Ehefrau Caroline Kipling (1862-1939), im Jahr 1902 Bateman’s in der Nähe des kleinen Ortes Burwash in der Grafschaft East Sussex entdeckte. Hier sollte der weltberühmte Schriftsteller und Nobelpreisträger für Literatur (1907) bis zu seinem Tod 1936 wohnen.

Bei meinem Besuch des Hauses, das dem National Trust gehört, erfuhr ich, dass gerade an diesem Tag der Eintritt frei war. Schön, £28 gespart. Ich möchte an dieser Stelle einmal erwähnen, dass die Damen und Herren, die für den National Trust arbeiten, wirklich alle sehr freundlich sind, auch die, die in den einzelnen Räumen von Bateman’s stehen und gern Auskunft zu allen Fragen geben.

Das Haus wirkt, als wäre es noch von Rudyard und Caroline bewohnt, so sieht der Schreibtisch im Arbeitszimmer aus, als ob der Schriftsteller jeden Moment zurückkommen und seine Arbeit an einem neuen Roman wieder aufnehmen würde; zusammengeknülltes Papier liegt verstreut auf dem Fußboden herum, die Brille befindet sich auf der Schreibunterlage, und die Pfeife ist auf einem kleinen Teller abgelegt. In einem anderen Raum erschallt Rudyard Kiplings Stimme aus einem alten Radiogerät. Überall in den Zimmern sind persönliche Gegenstände und Kunstobjekte aus der Sammlung des Verfassers des „Dschungelbuchs“ zu sehen. Die Verleihungsurkunde des Nobelpreises ist ausgestellt, die Bibliothek umfasst mehrere tausend Bände.

Als wir in den Parkanlagen spazieren gingen, fand dort gerade eine Lesung aus einem Buch Kiplings statt, an der viele Besucher teilnahmen. Bei dem schönen Wetter, das wir an dem Tag genießen durften, wirkte Bateman’s besonders attraktiv. Ein Besuch hier ist sehr zu empfehlen (auch wenn man den vollen Eintrittspreis zahlen muss). Das Haus ist in diesem Jahr täglich, bis auf zwei Weihnachtstage, ab 10 Uhr geöffnet.
Hier ist ein Film mit einem Rundgang durch das Haus.

Über die Namensgebung Rudyard Kiplings siehe diesen Blogeintrag.

Bateman’s
Bateman’s Lane
Burwash, East Sussex, TN19 7DS

Die Parkanlagen von Bateman’s.
Eigenes Foto.

Eigenes Foto.

Das Dschungelbuch lässt grüßen.
Eigenes Foto.

Eigenes Foto.

Famous Graves – Sir Arthur Conan Doyles Grab in Minstead in Hampshire

Photo © Maigheach-gheal (cc-by-sa/2.0)

Ich wäre wahrscheinlich nie in das Dörfchen Minstead in Hampshire gekommen, gäbe es da nicht das Grab des Sherlock-Holmes-Erfinders Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930). Begraben wurde er unter einer großen Eiche auf dem Friedhof der All Saints Church, die im 12. Jahrhundert erbaut wurde. Hier liegt er, gemeinsam mit seiner Frau Jean Conan Doyle, die 1940 starb.
Ursprünglich wurde Sir Arthur in seinem Garten in Crowborough (East Sussex) beigesetzt und zwar in vertikaler Position (Doyle war überzeugter Spiritualist). Der Familiensitz wurde später verkauft und Doyles Grab 1955, wie es seine Frau Jean wünschte, auf den Friedhof von Minstead verlegt, wo sie beide (in horizontaler Position) in einem Doppelsarg aus Blei liegen. Hier ist ein Film über sein Grab und die Dorfkirche.
Die Church of England hatte erst Probleme damit, Conan Doyle auf ihrem Friedhof zu beerdigen, ließ sich dann aber doch herab, ihn wenigstens am Rande des Gottesackers seine letzte Ruhe finden zu lassen.
Seine Grabinschrift lautet:

STEEL TRUE
BLADE STRAIGHT
ARTHUR CONAN DOYLE
KNIGHT
PATRIOT, PHYSICIAN & MAN OF LETTERS

Direkt an der Zufahrt zur Kirche, am Church Lane, steht der Pub The Trusty Servant, den ich in meinem Blog einmal vorgestellt habe.

Die All Saints Church in Minstead.
Photo © Colin Smith (cc-by-sa/2.0)

„The Sands of Dee“ – Ein Gedicht von Charles Kingsley (1819-1875)

Die Mündung des River Dee.
Photo © William Starkey (cc-by-sa/2.0)

Den anglikanischen Geistlichen und Schriftsteller Charles Kingsley (1819-1875) kennt man heute eigentlich nur noch für seine Romane „The Water Babies“ (dt. „Die Wasserkinder“) und „Westward Ho!„, die er 1855 respektive 1863 verfasste. Seine vielen anderen Schriften sind fast alle in Vergessenheit geraten. Er schrieb auch einige Gedichte, von denen ich heute „The Sands of Dee“ vorstellen möchte.
Der Dee ist ein 113 Kilometer langer Fluss, der in Wales entspringt und sich auf der Wirral Halbinsel in der Grafschaft Cheshire ins Meer ergießt. Der Mündungstrichter des Flusses legt bei Ebbe großflächige Schlammbänke frei, deren Betreten gefährlich ist. In Kingsleys Gedicht geht es um ein junges Mädchen namens Mary, das beauftragt wird, angesichts des sich verschlechternden Wetters, die Kühe heimzuholen. Der Weg führt über die „Sands of Dee“, und plötzlich sieht sich das Mädchen bei aufkommender Flut und dichtem Nebel vom Land abgeschnitten, sie ertrinkt und wird in einem Boot heimgeholt „across the rolling foam“. Hier ist der vollständige Text hören.

Charles Kingsley soll zu seinem Gedicht von einem Gemälde des englischen Landschaftsmalers Copley Fielding (1787-1855) inspiriert worden sein, der gern „seascapes“ malte.

Im Jahr 1912 drehte der amerikanische Regisseur David Wark Griffith (1875-1948) einen Stummfilm mit dem Titel „The Sands of Dee“ (hier zu sehen), frei nach Kingsley’s Gedicht, sehr frei, muss man schon sagen, denn er baute in den Film auch noch eine Liebesgeschichte ein. Dieser kurze Film fand noch einmal Niederschlag in dem Horrorfilm „The Spiral Staircase“ (dt. „Die Wendeltreppe“) des Regisseurs Robert Siodmak aus dem Jahr 1946, indem Sequenzen davon in den Anfangsszenen verwendet wurden, hier zu sehen ab 1:50.

Published in: on 4. April 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Vergessene Krimiautoren – Francis Vivian (1906-1979)

Francis Vivians Geburtsort Retford in Nottinghamshire; hier der Marktplatz mit Kriegerdenkmal.
Photo © Colin Smith (cc-by-sa/2.0)

Der Verlag Dean Street Press brachte im Jahr 2018 eine Krimiserie auf den Markt, die Inspector Knollis Mysteries, die ursprünglich zwischen 1941 und 1956 geschrieben worden waren, und aus der Feder von Francis Vivian stammen. Es wird wohl nur wenige Krimifans geben, die sich noch an diese Bücher und seinen Schöpfer erinnern können. Er gehört zu jenen Autoren, die, zu Recht oder zu Unrecht, in Vergessenheit geraten sind. Francis Vivian hat keine Wikipedia-Eintragung, steht nicht in der renommierten Enzyklopädie „Twentieth Century Crime & Mystery Writers“, die Webseiten der deutschen Krimi-Couch erwähnen ihn nicht und selbst auf der Wikipedia-Eintragung seiner Geburtsstadt Retford in Nottinghamshire ist er in der Rubrik „Notable People“ nicht gelistet. Seine Bücher wurden nie ins Deutsche übersetzt.

Francis Vivian war das Pseudonym von Arthur Ernest Ashley, der am 23. März 1906 in Retford in Nottinghamshire geboren wurde, einer Stadt mit 22 000 Einwohnern, dicht an der A1, südöstlich von Sheffield gelegen. Er arbeitete viele Jahre lang als Maler und Tapezierer, bis er feststellte, dass ihm das Schreiben eigentlich mehr lag. Er begann Bücher zu verfassen, für die Zeitung Nottingham Free Press zu arbeiten, und er gründete den Nottingham Writers’ Club. Bei einem Schreibwettbewerb dieses Clubs im Jahr 1950 vergab Vivian einmal den ersten Preis an einen jungen Mann, der auch in der Grafschaft Nottingham geboren worden war, und der Alan Sillitoe hieß (1928-2010), 1959 weltberühmt geworden durch die Kurzgeschichtensammlung „The Loneliness of the Long-Distance Runner“ (dt. „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“). Leider sollte Francis Vivian nicht so berühmt werden. Er begann Krimis zu schreiben, zum Beispiel eine Serie mit zehn Folgen, in denen Inspector Knollis im Mittelpunkt steht. Gordon Knollis war zuerst Chef der Kriminalpolizei der Stadt Burnham und arbeitete dann für Scotland Yard. Seine Fälle sind in Krimis wie „The Threefold Cord„, „The Laughing Dog“ und „The Singing Masons“ nachzulesen; in letzterem verarbeitete Francis Vivian seine Kenntnisse über die Imkerei, denn er war begeisterter Bienenzüchter.

Eine Zeit lang wurden Vivians im Verlag Hodder & Stoughton erschiene Bücher gut verkauft, aber später geriet er in Vergessenheit. Er starb am 2. April 1979.

Published in: on 20. März 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die Schriftstellerin Lucy M. Boston (1892-1990), ihre „Green Knowe“-Romane und das Hemingford Grey Manor in Cambridgeshire

Das Manor House in Hemingford Grey.
Photo © M J Richardson (cc-by-sa/2.0)

Am 3.Oktober 2014 schrieb ich in meinem Blog über meinen Besuch im Athelhampton House in Dorset, in dem Julian Fellowes das Kinderbuch „The Chimneys of Green Knowe“ von Lucy M. Boston unter dem Titel „From Time to Time“ verfilmt hat. Das Buch ist der zweite Band von sechsen der „Green Knowe„-Serie, die die Autorin zwischen 1954 und 1976 schrieb und die sich sehr gut verkauft haben. Der erwähnte zweite Band erschien in deutscher Übersetzung 1969 als „Die Kamine von Green Knowe“.

1939 hatte sich die im Jahr 1892 geborene Lucy M. Boston in dem Dorf Hemingford Grey in der Grafschaft Cambridgeshire angesiedelt und dort das Manor House gekauft, eines der ältesten, kontinuierlich bewohnten Häuser Großbritanniens. Sie nannte es Green Knowe und schrieb etliche Bücher in dem alten Gemäuer. Ihre Kinderbuchserie spielte zum größten Teil in dem Manor House, und wer die Bücher gelesen hat, wird einiges hier wiedererkennen. Auch ihren Garten, den sie selbst angelegt hat, verwendet Lucy M. Boston immer wieder als Schauplatz in ihren Kinderbüchern, die von ihrem Sohn Peter illustriert worden sind. In diesem Film aus dem Jahr 1983 spricht die Schriftstellerin über „The magic of the house“.

In der „Green Knowe“-Serie treffen wir auf den Jungen Toby und seine Großmutter Mrs. Oldknow. Toby hat Kontakt mit Bewohnern des Hauses aus früheren Zeiten, die längst verstorben sind (sehr gut in dem Film „From Time to Time“ dargestellt). Auch der Roman „The Children of Green Knowe“ (1954) wurde verfilmt und von der BBC als Vierteiler 1986 gesendet (hier ist Folge 1 zu sehen).

Die Autorin war nicht nur schriftstellerisch tätig, sie fertigte auch mit Begeisterung Quilts an, die im Haus zu sehen sind.

Im Manor House wohnt heute die Schwiegertochter der Autorin, Diana Boston, die auf Anfrage Führungen durch das alte Haus vornimmt; die Gärten sind täglich von 11 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.

Dieser Film zeigt das Manor House und die Gärten.

Im Garten des Manor House.
Photo © Rob Noble (cc-by-sa/2.0)

Photo © Colin Smith (cc-by-sa/2.0)

Famous Graves – Evelyn und Auberon Waugh in Combe Fleury (Somerset)

Photo: Alex Williams.
Creative Commons 3.0

Der Roman „Brideshead Revisited“ (dt. „Wiedersehen mit Brideshead“) aus dem Jahr 1945 machte den englischen Schriftsteller Evelyn Waugh (1903-1966) weltbekannt. Die späteren Verfilmungen trugen noch mehr dazu bei, vor allem der BBC-Mehrteiler, der im Castle Howard in North Yorkshire gedreht wurde. 1956 zog er sich in die Provinz zurück, wo er in dem kleinen Dorf mit dem hübschen Namen Combe Fleury, nahe der Stadt Taunton in der Grafschaft Somerset, ein Haus erwarb, das Combe Fleury House. Das historische Manor House, direkt neben der Dorfkirche gelegen, dessen Ursprünge bis in das 17. Jahrhundert zurückreichen, sollte bis zu Evelyn Waughs Tod am 10. April 1966 seine letzte Heimstatt bleiben (das Haus war kürzlich auf dem Markt für £4,5 Millionen). Seine letzte Ruhestätte fand der Schriftsteller nicht auf dem Kirchhof von St Peter & St Paul von Combe Fleury, sondern, mit einer Sondergenehmigung, auf einer geweihten Stelle etwas außerhalb des Kirchengeländes.

Nach Evelyn Waughs Tod zog sein Sohn, dem er den ungewöhnlichen Vornamen Auberon (1939-2001) gegeben hatte, in das Combe Fleury House. Auch der Sohn war Schriftsteller und schrieb eine Handvoll Romane, von denen das im Jahr 1960 erschienene „The Foxglove Saga“ (dt. „Die Foxglove Saga“) das bekannteste und erfolgreichste war. Einen Namen machte sich Auberon Waugh aber vor allem als Journalist, der für die große englischen Tageszeitungen Kolumnen schrieb. Am 16. Januar 2001 starb auch er im Combe Fleury House, wurde aber nicht neben seinem Vater beigesetzt, sondern auf dem regulären Kirchhof der Gemeindekirche St Peter & St Paul.

Auberon Waughs Kinder wuchsen im Combe Fleury House auf, von denen Alexander und Daisy ebenfalls Schriftsteller und Journalisten wurden. Um das Gedenken an ihren Großvater kümmert sich heute die Evelyn Waugh Society.

Photo © Brian Robert Marshall (cc-by-sa/2.0)

St Peter & St Paul in Combe Fleury.
Photo © Geoff Pick (cc-by-sa/2.0)

Das Torhaus des Combe Fleury House.
Photo © Derek Harper (cc-by-sa/2.0)

Die Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett (1849-1924) – Ihr Leben und ihre Bücher

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Es ist Vorweihnachtszeit und damit auch Zeit, sich den Spielfilm „Der kleine Lord“ (im Original „Little Lord Fauntleroy“) wieder einmal anzusehen, natürlich den mit Alec Guinness als Earl of Dorincourt und Ricky Schroder in der Titelrolle. Bei den Zuschauern ist vielleicht nicht so bekannt, dass der Film auf einem Roman der Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett beruht. Die Romane dieser Autorin sind heute kaum noch bekannt, ausgenommen der oben genannte und „The Secret Garden“ (dt. „Der geheime Garten“) und vielleicht noch „A Little Princess“ (dt. „Sara, die kleine Prinzessin“). Aber wer kennt noch „Racketty-Packetty House“ (dt. „Das Puppenhaus“) oder „The Proud Little Grain of Wheat“?

Geboren wurde Frances Hodgson Burnett am 24. November 1849 in Cheetham, einem Stadtteil von Manchester, in der York Street, die heute Cheetham Hill Road heißt. An der Hausnummer 38 ist eine blaue Plakette angebracht. Schon in ihrer Kindheit fiel sie durch ihre Fantasie auf und durch ihre Geschichten, die sie sich ausdachte. Im Alter von 15 Jahren emigrierte sie mit ihrer Mutter in die USA, wo sie zu ihrem Onkel nach Knoxville in Tennessee zogen. Ihr ganzes Leben pendelte sie zwischen den Vereinigten Staaten und England. Von 1898 bis 1907 wohnte sie zum Beispiel in der Great Maytham Hall, einem Landsitz bei Rolvenden in der Grafschaft Kent. Hier entstand die Idee zu ihrem 1911 veröffentlichten Roman „The Secret Garden“, der mehrfach verfilmt worden ist (siehe dazu meine beiden Blogeinträge). Hier führte sie, wie in den Filmen zu sehen ist, ein Rotkehlchen zu einer zugewachsenen Tür in einer Mauer, hinter der sich ein verwunschener Garten befand.

Frances Hodgson Burnetts Romane waren sehr erfolgreich und wurden gut verkauft. Ihr Theaterstück „Esmerelda“ war das am längsten aufgeführte am New Yorker Broadway im 19. Jahrhundert.

Die Schriftstellerin lebte die letzten 17 Jahre ihres Lebens im US-Bundesstaat New York in Plandome Manor, einem kleinen Ort an der Nordküste von Long Island, wo sie am 29. Oktober 1924 verstarb. Beerdigt wurde sie auf dem nahe gelegenen Roslyn Cemetery von Greenvale.

Noch eine kleine Bemerkung am Rande: Ricky Schroder, der amerikanische Schauspieler, der im Alter von 10 Jahren den kleinen Lord spielte, ist als Erwachsener in dem Musikvideo „Whiskey Lullaby“ von Brad Paisley und Alison Krauss als heimkehrender Soldat zu sehen. Das kleine Mädchen im schwarzen Kleid, das kurz am Ende des Videos bei der Beerdigungszeremonie erscheint, ist Ricky Schroders Tochter. Sind da Ähnlichkeiten mit dem kleinen Lord zu sehen?

Das Buch zum Artikel:
Gretchen Gerzina: Frances Hodgson Burnett – The Unexpected Life of the Author of the Secret Garden. Rutgers University Press 2004. 359 Seiten. ISBN 978-0813533827.

Die Cheetham Hill Road in Manchester, wo die Schriftstellerin das Licht der Welt erblickte.
Photo © Anthony Parkes (cc-by-sa/2.0)

Great Maytham Hall in Kent.
Photo © Stephen Nunney (cc-by-sa/2.0)

Die Mauer im Garten von Great Maytham Hall, die den geheimen Garten umschließt.
Photo © Stephen Nunney (cc-by-sa/2.0)

Plandome Manor auf Long Island im US-Bundesstaat New York, wo die Schriftstellerin ihre letzten Jahre verbrachte.
Photo: AITFFan1.
Creative Commons 4.0.

Published in: on 17. Dezember 2022 at 02:00  Comments (2)  

Der Schriftsteller Joseph Conrad (1857-1924) und Bishopsbourne in Kent

This work is in the public domain

Die Werke des Joseph Conrad (1857-1924), der als Józef Teodor Nałęcz Konrad Korzeniowski geboren wurde, zählen zur Weltliteratur, ob sie aber heute noch viel gelesen werden, mag ich nicht beurteilen. Erhältlich sind sie aber noch im Buchhandel, auch in Deutschland. Das Licht der Welt erblickte er in Berdytschiw, einer Stadt, die heute zur Ukraine gehört, und in der Honoré de Balzac 1850 Ewelina Hanska heiratete.

Joseph Conrad verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in dem kleinen Dorf Bishopsbourne, südlich von Canterbury in Kent, wo er am 3. August 1924 auch starb. Er lebte im Oswalds House, einem zweistöckigen Haus aus dem 18. Jahrhundert, am Frog Lane, das noch immer hier steht, und das durch eine blaue Plakette neben der Eingangstür auf den Schriftsteller aufmerksam macht. Es ist in Privatbeitz und kann nicht besichtigt werden.

An den Autor, der mit Werken wie „Lord Jim“ (dt. „Lord Jim“), „Almayer’s Folly“ (dt. „Almayers Wahn“) und „Heart of Darkness“ (dt. „Herz der Finsternis“) berühmt wurde, erinnert auch der Name der Village Hall in Bishopsbourne, die Conrad Hall genannt und zwei Jahre nach Conrads Tod erbaut wurde. Sie liegt an der Straße mit dem simplen Namen The Street.

Die 1973 in London gegründete Joseph Conrad Society hält die Erinnerung an den Schriftsteller wach, sie veranstaltet jährliche internationale Konferenzen und gibt das zweimal jährlich erscheinende Journal of the Joseph Conrad Society, The Conradian, heraus.

Joseph Conrads Grab sucht man auf dem Kirchhof von St Mary’s in Bishopsbourne vergebens, das liegt auf dem City Cemetery von Canterbury an der Westgate Court Avenue.

Oswalds House.
Photo © David Anstiss (cc-by-sa/2.0)
Conrad Hall.
Photo © Ian S (cc-by-sa/2.0)
Joseph Conrads Grab auf dem Canterbury City Cemetery.
Photo © pam fray (cc-by-sa/2.0)

Die St Wyllow Church in Lanteglos-by-Fowey (Cornwall) und die Schriftstellerin Daphne du Maurier (1907-1989)

Photo © Jo Turner (cc-by-sa/2.0)

Viele Kirchen in Cornwall, im äußersten Südwesten Englands, zeichnen sich dadurch aus, dass sie Heiligen gewidmet sind, deren Namen heute kaum noch jemand kennt. Ich denke da zum Beispiel an St Winwaloe auf der Lizard Peninsula, an St Fimbarrus in Fowey, St Just in Roseland und in Penwith und an St Zenara in Zennor.

Saint Wyllow ist auch so ein obskurer Heiliger, dem meines Wissens nur eine einzige Kirche in England gewidmet ist, die in Lanteglos-by-Fowey in Cornwall. Sie steht ziemlich einsam an einer wenig befahrenen Single Track Road, nicht weit von der Stadt Fowey an der kornischen Südküste. Ich frage mich immer, wer denn diese entlegenen Kirchen eigentlich aufsucht. Die Bewohner der gegenüberliegenden Churchtown Farm oder die der wenigen Häuser des Ortes?

Der heilige Wyllow soll im 6. Jahrhundert als Eremit gelebt haben. Ein naher Verwandter tötete ihn, indem er ihm den Kopf abschlug. Wyllow hob seinen Kopf auf und ging noch ein gutes Stück weiter, wo er ihn dort ablegte, wo heute die nach ihm benannte Kirche steht.

Die Schriftstellerin Daphne du Maurier, die von 1907 bis 1989 lebte und die durch ihre Romane wie „Rebecca“, „My Cousin Rachel“ und „Jamaica Inn“ in die Weltliteratur Einzug fand, lebte viele Jahre in dieser Region von Cornwall und starb auch hier, in dem kleinen Ort Par westlich von Fowey.

Als Daphne du Maurier am 19. Juli 1932 heiratete, suchte sie sich St Wyllow aus, um dort den Bund der Ehe zu schließen. Ihr Auserwählter war der zehn Jahre ältere, spätere Generalleutnant Sir Frederick Arthur Montague „Boy“ Browning (1896-1965), der Daphnes ersten Roman „The Loving Spirit“ („dt. „Der Geist von Plyn“) gelesen hatte und von der Landschaft, in der das Buch spielt, so angetan war, dass er sie unbedingt einmal selbst aufsuchen wollte (die Landschaft und die Autorin). Die beiden trafen sich, verliebten sich ineinander und heirateten in der Kirche, die in Daphnes Erstlingsroman Lanoc Church heißt, aber in Wirklichkeit St Wyllow ist. Es war eine Feier in kleinem Rahmen, an dem ihre Eltern, ihr Cousin Geoffrey und die Trauzeugen George Hunkin und Frau aus Polruan teilnahmen. Die kleine Hochzeitsgesellschaft fuhr in zwei Booten in die Nähe der Kirche, von wo aus sie den steilen Weg hinauf nahmen, wo sie der Pfarrer von St Wyllow in Empfang nahm und sie traute.

Der Musiker Davey Hal hat eine CD aufgenommen mit dem Titel „Helford Honeymoon„, die ganz Daphne du Maurier gewidmet ist; darunter findet sich auch ein Song, der „Lanteglos“ heißt, der von dem Roman „The Loving Spirit“ und der Kirche St Wyllow inspiriert worden ist.

Photo © nick macneill (cc-by-sa/2.0)
Photo © Chris Gunns (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 12. Juni 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

„Whistle and I’ll Come to You“ – Eine Gespenstergeschichte von M.R. James (1862-1936) und ihre Verfilmungen

Die Küste von Suffolk, wo die Gespenstergeschichte von M.R. James angesiedelt ist.
Photo © Glen Denny (cc-by-sa/2.0)

Montague Rhodes James wurde 1862 in Goodnestone in der Nähe von Dover geboren und starb 1936 in Eton. Bekannt ist er bis heute als Verfasser von klassischen Gespenstergeschichten. Dabei wird das Böse eher angedeutet und der Vorstellung des Lesers überlassen, wogegen die Charaktere und der Schauplatz detailliert beschrieben werden. Seine Geschichten wurden oft am Weihnachtsabend vorgelesen.

Whistle and I’ll Come to You“ ist eine von diesen Geschichten, die mich immer am meisten beeindruckt haben. Sie spielt in der trüben Jahreszeit an der englischen Ostküste. Erschienen ist sie in dem Sammelband „Ghost Stories of an Antiquary“ im Jahr 1904.

In deutscher Übersetzung liegen die Geistergeschichten des M.R. James in zwei Bänden im Festa-Verlag vor, wobei unsere Story unter dem Titel Pfeif nur, dann eil ich zu dir, mein Freund!“ in Band 1 enthalten ist.

1968 verfilmte die BBC die Geschichte in der Reihe Ghost Story For Christmas mit Sir Michael Hordern (1911-1995) in der Hauptrolle, hier zu sehen, eine wunderbare Umsetzung der Story. 42 Jahre später versuchte sich die BBC erneut an dem Thema; dieses Mal war es John Hurt (1940-2017), der die Rolle des Professor Parkins spielte. Hier ist der Film in voller Länge.

Seine letzte Ruhestätte fand der Schriftsteller auf dem Eton Parish Cemetery in Berkshire.

Published in: on 8. Juni 2022 at 02:00  Comments (14)  

Wie Sir Arthur Conan Doyles Detektiv Sherlock Holmes (möglicherweise) zu seinem Namen gekommen ist

St Oswald in Thornton in Lonsdale (North Yorkshire).
Photo © Alexander P Kapp (cc-by-sa/2.0)

Am 6. August 1885 heiratete Arthur Conan Doyle (1859-1930) Louisa Hawkins in der Kirche St Oswald in Thornton in Lonsdale in der Grafschaft North Yorkshire. Praktischerweise fand der anschließende Hochzeitsempfang im gegenüberliegenden Pub The Marton Arms statt, den es noch heute gibt.

Arthur Conan Doyles Mutter Mary Doyle lebte von 1882 bis 1917 im benachbarten Masongill, die er immer mal wieder besucht hatte und dazu mit dem Zug anreiste, den er in der Bahnstation von Ingleton verließ, einem weiteren kleinen Dorf ganz in der Nähe. In Ingletons Gemeindekirche St Mary the Virgin hieß zu dieser Zeit ein Pfarrer Todd Sherlock, dessen Bruder Randal Hopley Sherlock für Aufregung im Ort sorgte, als er am 9. August 1875 am Bahnhof von Ingleton von einem Blitz erschlagen wurde. An ihn erinnert in St Mary’s eine Plakette und ein Kirchenfenster. Dieses Ereignis musste damals Arthur Conan Doyle mit Sicherheit zu Ohren gekommen sein, und so gibt es die Vermutung, dass er seinen Detektiv später nach den Sherlocks aus Ingleton benannt hat. Damit hätten wir also seinen Vornamen; wie kam nun der Nachname Holmes dazu? Auch da könnte das Dorf Ingleton möglicherweise Pate gestanden haben, denn ganz in der Nähe von St Mary’s heißt ein Gelände The Holmes, und die Straße Holme Head Farm Road mündet in die New Road, die zur St Oswald’s Church und The Marton Arms führt.
Man sieht, hier liegt alles sehr dicht beieinander, und Arthur Conan Doyle kannte sich in der Gegend gut aus.
Ob das alles so stimmt, sei dahingestellt, aber plausibel ist diese Theorie für die Namensgebung eines der berühmtesten Detektive der Welt schon.

Hier ist ein sehr interessanter Film, der das Thema noch einmal aufnimmt.

The Marton Arms, direkt gegenüber von St Oswald’s.
Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)
St Mary the Virgin in Ingleton.
Photo © David Dixon (cc-by-sa/2.0)
Hier stand einmal der Bahnhof, wo Randal Hopley Sherlock vom Blitz erschlagen wurde. Er wurde abgerissen und auf dem Gelände ein Dorfgemeinschaftshaus erbaut.
Photo © Ashley Dace (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 27. Mai 2022 at 02:00  Comments (1)  

Hodge the Cat – Eine Bronzekatze in Londons Gough Square

Photo © kim traynor (cc-by-sa/2.0)

Wer sich mit der englischen Literaturgeschichte beschäftigt, wird immer wieder auf einen Namen stoßen: Dr Samuel Johnson (1709-1784). Der in Lichfield in Staffordshire geborene Literat lebte überwiegend in London, und er prägte das literarische Leben seines Landes im 18. Jahrhundert. Sein berühmtestes Werk war sein „Dictionary of the English Language„, das 1755 erschien und an dem er acht Jahre lang arbeitete. Doch Dr Johnsons literarisches Schaffen soll nicht im Mittelpunkt meines heutigen Blogeintrages stehen, sondern seine Liebe für Katzen. Eine Katze namens Hodge war sein absoluter Liebling, und Dr Johnsons Biograf James Boswell schrieb einmal: „I shall never forget the indulgence with which he treated Hodge, his cat; for whom he himself used to go out and buy oysters, lest the servants, having that trouble, should take a dislike to the poor creature.“ Ja, Hodge liebte Austern; damals waren sie nicht teuer, sogar die armen Bevölkerungsschichten konnten sie sich leisten, und so gab es im Hause Johnson am Londoner Gough Square im Stadtteil Holborn immer genug davon (heute ist dort ein Museum eingerichtet, Dr Johnson’s House).

Hodge tauchte immer mal wieder in Büchern englischer Autoren auf, unter anderem bei Samuel Beckett in dessen dramatischen Fragment „Human Wishes„. Die Kirchenkatze der Southwark Cathedral in London wurde nach Dr Johnsons Katze benannt; Hodge trat dort vor zwei Jahren die Nachfolge von Doorkins an, einer von der Gemeinde sehr geschätzten und geliebten Katze, die in der Kathedrale wohnte und gestorben war. In diesem Film stellt der Dean of Southwark die „Neue“ vor.

Im Jahr 1997 ließ es sich der Bürgermeister von London, Sir Roger Cook, nicht nehmen, am Gough Square vor dem Wohnhaus Dr Johnsons eine Bronzestatue von Hodge einzuweihen, die der für seine Tierfiguren bekannte Bildhauer Jon Bickley angefertigt hatte. Sie zeigt die Katze, die auf einem Exemplar von Johnsons Dictionary sitzt und Austernschalen neben sich hat. Modell stand Bickleys eigene Katze namens Thomas Henry.

Anlässlich eines interaktiven Kunstprojekts in London und Manchester, das Statuen der beiden Städte Stimmen verlieh (mittels eines Codes und dem Smartphone), wurde auch Hodge mit einbezogen. Hier ist ein Film darüber zu sehen.

Sollte sich jemand für englische Kirchenkatzen interessieren, so verweise ich auf meine bisherigen Blogposts zu dem Thema.

Photo © N Chadwick (cc-by-sa/2.0)

Charles Dickens, seine Schwägerin Mary Scott Hogarth und das Grab der jungen Frau auf dem Londoner Friedhof Kensal Green

Marys Grab in Kensal Green.
Photo: Connie Nisinger.
Creative Commons 3.0

Mary Scott Hogarth sollte nur 17 Jahre alt werden. Sie war die Schwägerin des berühmten Schriftstellers Charles Dickens und lebte von 1819 bis 1837. Ihre Schwester Catherine hatte ihn am 2. April 1836 geheiratet und die drei lebten zusammen in London, zuletzt unter der Adresse Doughty Street Nummer 48, in der sich heute das Charles Dickens Museum befindet. Der Schriftsteller hatte eine sehr enge Beziehung zu Mary. Sie bekam Dickens‘ Romane „The Pickwick Papers“ und „Oliver Twist“ als erste zu lesen, denn er schätzte das Urteil seiner Schwägerin sehr.

Als die junge Frau nach einem Theaterbesuch am 7. Mai 1837 nach Hause kam, brach sie plötzlich zusammen; ihr konnte nicht mehr geholfen werden, sie starb am Nachmittag des selben Tages, wahrscheinlich an einem Schlaganfall oder an Herzversagen. Dickens war untröstlich, war Mary doch eine sehr wichtige Person in seinem Leben, vielleicht sogar noch wichtiger als seine Ehefrau. Er nahm ihr auf dem Totenbett einen Ring ab, den er sein ganzes Leben lang tragen sollte. „She died in my arms, and the very last words she whispered were of me„. Marys Sterbezimmer ist im Charles Dickens Museum erhalten geblieben.

Charles Dickens kaufte eine Grabstelle für Mary auf dem Friedhof Kensal Green und ließ auf ihrem Grabstein die Worte eingravieren: „Young, beautiful and good. God in His mercy numbered her among His angels at the early age of seventeen„. Dickens äußerte den Wunsch, direkt neben ihr begraben zu werden, woraus aber nichts wurde, diese Stelle nahm Marys Bruder George ein, der 1841 starb.

Einige fanden damals Dickens‘ Verhalten seiner toten Schwägerin gegenüber etwas sonderbar und morbide. Charles‘ und Catherines Tochter, die am 6. März 1838 geboren wurde, erhielt den Vornamen Mary. Einige der Figuren aus Dickens‘ Romanen sind seiner Schwägerin nachempfunden wie beispielsweise Little Nell in „The Old Curiosity Shop“ (dt. „Der Raritätenladen“).

In diesem Film liest Simon Callow in bewegenden Worten aus einem Brief von Charles Dickens, in dem es um den Tod Marys geht.

Mary Hogarths Sterbezimmer im heutigen Charles Dickens Museum.
Photo: Gruenemann.
Creative Commons 2.0

Lord Dunsany und die tödlichen Schüsse auf zwei Londoner Zebras

Das Londoner Schuhhaus John Lobb in der St James’s Street.
Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)

Meine erste Begegnung mit Edward John Moreton Drax Plunkett, 18. Baron Dunsany (1879-1957) war, als ich für meine Examensarbeit über Weird Fiction recherchierte und dabei auf diesen Schriftsteller stieß. Es gab einmal eine großartige Buchreihe in den 1970er Jahren im Insel-Verlag, die Bibliothek des Hauses Usher, herausgegeben von Kalju Kirde, den ich einmal persönlich kennen lernen durfte. Die 26 Bände der Reihe waren auf grünem Papier gedruckt, ich hatte sie fast alle, sind seit langem vergriffen und Sammlerobjekte geworden. Einer dieser Bände hieß „Das Fenster zur anderen Welt„, enthielt 27 Geschichten und stammte aus der Feder eben jenes irischen, in London geborenen Lord Dunsany.

Soweit seine literarische Seite. Lord Dunsany hatte eine Vorliebe, die ich absolut nicht teilen kann: Er war leidenschaftlicher Großwildjäger. Der Eton-Schüler und Sandhurst-Absolvent soll bei einer seiner Safaris in Kenia 55 Tiere abgeschossen haben, darunter einen Löwen und ein Nashorn.

Es gibt eine Geschichte, ob sie tatsächlich stimmt, ist nicht sicher, dass der Lord sogar in den Straßen Londons seine Finger nicht vom Abzug seines Gewehres halten konnte, wenn er ein wildes Tier sah, was wohl eher selten vorkam.
Folgendes war geschehen: Das renommierte, 1849 gegründete Londoner Schuhhaus John Lobb, das noch immer existiert, soll zu Werbezwecken einmal eine Kutsche durch die Straßen der Hauptstadt geschickt haben, und damit das Gefährt auch wirklich auffiel, waren zwei Zebras anstelle von Pferden davor gespannt. Auftritt von Lord Dunsany. Als er die Tiere auf der Straße Piccadilly zwischen dem Kaufhaus Fortnum&Mason und der Buchhandlung Hatchards sah, konnte er nicht anders als sein Gewehr, das er offensichtlich häufig bei sich trug, zu nehmen und die beiden Zebras zu erschießen. „Zebras habe ich noch nie erlegt“, soll der schießwütige Lord zu seiner Verteidigung gesagt haben. Ich habe diese Geschichte William Donaldsons Buch „Rogues, Villains and Eccentrics“ (2002 erschienen) entnommen, und so ganz verlässlich scheinen mir dessen Aussagen nicht immer zu sein. Hoffen wir, um der Zebras willen, dass sich die Geschichte nicht so abgespielt hat.

Zebras, wie dieses Exemplar aus dem Paradise Wildlife Park in Hertfordshire, gehören in ihre afrikanische Heimat und schon gar nicht als Zugtiere auf Londoner Straßen (was aber nicht heißt, dass man sie dort einfach abschießen kann).
Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)

Marple – Eine Stadt in der Region Greater Manchester und eine weltberühmte Spürnase

Auf einem Bahnsteig im Bahnhof von Marple.
Photo © Gerald England (cc-by-sa/2.0)
Ebenfalls auf dem Bahnsteig von Marple zu finden…
Photo © Gerald England (cc-by-sa/2.0)

Kommt der Reisende auf dem Bahnhof der Stadt Marple im Großraum Greater Manchester an, mag es sein, dass er sich fragt „Marple? Woran erinnert mich der Name?“, der Groschen fällt spätestens dann, wenn er auf dem Bahnsteig die riesigen Poster von Agatha Christie-Romanen sieht und eine blaue Plakette mit der Aufschrift:


Dame
Agatha Christie DBE
1890-1976
MISS MARPLE
Character name inspired by Marple
Unveiled by Mathew Prichard,

grandson of
Agatha Christie

Wie ist nun die Verbindung von Agatha Christie in diese Region von England? Man verbindet sie ja eher mit Devon und Buckinghamshire. Agathas ältere Schwester Margaret (1879-1950), meist Madge genannt, war mit dem Industriellen James Watts (1878-1957) verheiratet und lebte mit ihm auf Abney Hall in Cheadle (jetzt Greater Manchester). Agatha besuchte ihre Schwester häufig in Abney Hall und bei einem dieser Besuche gingen beide zu einer Auktion in die Marple Hall, einem riesigen wunderbaren Haus in der Stadt gleichen Namens, das leider abgerissen worden ist. Dort kaufte sie zwei jakobinische Eichenstühle; doch wesentlicher war, dass der Name Marple bei Agatha Christie hängen blieb, und so schlug dort die Geburtsstunde einer der berühmtesten Spürnasen in der Geschichte der Kriminalliteratur. Miss Jane Marple betrat die Bühne und machte den Verbrechern und Mördern ihrer Zeit das Leben schwer.

Abney Hall in Cheadle.
Photo © Stephen Richards (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 14. Dezember 2021 at 02:00  Comments (4)  

Auf den Spuren von Brother Cadfael in Shrewsbury (Shropshire)

Shrewsbury Abbey.
Photo © Jaggery (cc-by-sa/2.0)

Ich komme heute noch einmal auf die Stadt Shrewsbury in der Grafschaft Shropshire zurück, über die ich kürzlich in Zusammenhang mit den Ghost Tours per Schiff schrieb. Ich wandelte dort einmal auf den Spuren der fiktiven Romanfigur Brother Cadfael, die die Krimiautorin Ellis Peters (1913-1995) erschuf, die unter diesem Pseudonym schrieb und eigentlich Edith Pargeter hieß.

Da sie in Shropshire geboren wurde (sie starb auch dort) ließ sie die Handlung rund um den Benediktinermönch auch in Shrewsbury und Umgebung spielen. Die historischen Kriminalromane erwiesen sich als sehr erfolgreich; als sie auch noch für das Fernsehen verfilmt wurden, mit Derek Jacobi in der Titelrolle, pilgerten die Fans des Mönchs zu den Handlungsorten in Shropshire (die TV-Serie wurde allerdings nicht in der Heimat Bruder Cadfaels gedreht, sondern in…Budapest in Ungarn).

Die Stadt Shrewsbury sprang natürlich sehr gern auf den „Cadfael-Zug“ auf und bot beziehungsweise bietet den angereisten Freunden des Mönchs einiges an wie Brother Cadfael self-guided walks, die auf unterschiedlichen Wegen durch die Stadt führen und durch in den Boden eingelassene Metallplatten in Form eines Fußes markiert sind. Im Shrewsbury Visitor Information Centre kann man den Führer erwerben; selbstverständlich sind dort auch sämtliche Brother Cadfael-Romane erhältlich.

Wer alles, aber auch wirklich alles über die Romanschauplätze wissen möchte, für den gibt es die Brother Cadfael-Tours, die bis nach Wales hinein führen.

Ich hatte mich bei einem meiner Besuche in Shrewsbury für einen der „self-guides walks“ entschieden, in dessen Mittelpunkt die Abbey stand.

Ein empfehlenswertes Buch für jeden, der sich für die Romanschauplätze interessiert, ist „Cadfael Country: Shropshire & The Welsh Border“ von Rob Talbot und Robin Whiteman, das schon 1990 erschienen und reichlich bebildert ist.

Die TV-Serie wurde in 13 Episoden von 1994 bis 1998 ausgestrahlt. Das ZDF sendete die ersten drei Staffeln in den Jahren 1995 und 1997. Eine Collector’s Box mit sechs DVDs ist von EDEL MOTION veröffentlicht worden, sie enthält die Staffeln 1-3 in deutscher Synchronisation und die vierte Staffel im englischen Originalton.
Hier ist ein kurzer Trailer zu sehen.

Die Stadt Shrewsbury hat eine ihrer Straßen nach dem Mönch benannt, den Cadfael Way. Im Portfolio des berühmten Rosenzüchters David Austin gibt es eine Rose namens Brother Cadfael.

Foto meines Exemplares.
Der Cadfael Way in Shrewsbury.
Photo © Jaggery (cc-by-sa/2.0)
Die Brother Cadfael-Rose.
Photo © Philip Platt (cc-by-sa/2.0)

Der Londoner Detection Club – Hier ist die Crème de la Crème der britischen Kriminalschriftsteller vereinigt

Die Londoner Garrick Street, ganz rechts der Garrick Club.
Photo © Stephen Richards (cc-by-sa/2.0)

Gilbert Keith Chesterton, heute vor allem noch durch seine Pater Brown-Romane beziehungsweise -Verfilmungen bekannt, war der erste Präsident des Londoner Detection Clubs, der 1928 gegründet wurde und dessen erste Mitglieder hochrangige Autorinnen und Autoren waren wie Agatha Christie, Dorothy L. Sayers, Hugh Walpole, Anthony Berkeley und Ronald Knox. Es folgten Margery Allingham, John Dickson Carr und Nicholas Blake, um nur einige wenige zu nennen.

Das Aufnahmeritual besteht aus einem Schwur, den die „Neuzugänge“ leisten müssen, der da heißt:
Do you promise that your detectives shall well and truly detect the crimes presented to them using those wits which it may please you to bestow upon them and not placing reliance on nor making use of Divine Revelation, Feminine Intuition, Mumbo Jumbo, Jiggery-Pokery, Coincidence, or Act of God?

Do you solemnly swear never to hide a vital clue from the reader?

Do you promise to observe a seemly moderation in the use of gangs, conspiracies, death-rays, ghosts, hypnotism, trapdoors, Chinamen, super-criminals and lunatics; and utterly and forever to forswear mysterious potions unknown to science?

Will you honour the King’s English?
Wer auf eine der Fragen mit Nein antwortet, dem bleiben die Pforten des Clubs verschlossen.

Der oben erwähnte Ronald Knox stellte ein Regelwerk auf, das den Namen Father Knox’s Decalogue trug (Ronald Knox war auch Geistlicher) und an das sich die Mitglieder des Detection Clubs halten sollten, was von ihnen aber nicht durchgängig getan wurde. Ich übernehme diese Regeln aus der deutschen Wikipedia:

  1. Der Verbrecher muss bereits zu Beginn der Geschichte Erwähnung finden, aber es darf niemand sein, dessen Gedanken der Leser folgen kann.
  2. Übernatürliche Kräfte oder Mächte sind selbstverständlich untersagt.
  3. Es darf nur eine Geheimkammer respektive nicht mehr als ein Geheimgang verwendet werden, und dies auch nur dann, wenn sich die geschilderte Umgebung dazu eignet.
  4. Weder sind bis jetzt unbekannte Gifte gestattet noch irgendeine Art der Verabreichung, die am Ende eine lange wissenschaftliche Erklärung erfordert.
  5. Chinesen haben in der Geschichte nichts zu suchen.
  6. Weder darf der Zufall dem Detektiv zu Hilfe eilen, noch darf er unerklärliche Eingebungen haben, die sich als richtig herausstellen.
  7. Der Detektiv darf das Verbrechen nicht selbst begehen.
  8. Alle Spuren, auf die der Detektiv stößt, müssen dem Leser unverzüglich vor Augen geführt werden.
  9. Der beschränkte Freund des Detektivs, sein Watson, darf keinen seiner Gedankengänge verschweigen; sein Intelligenzquotient muss leicht, aber nur ganz leicht, unter dem des durchschnittlichen Lesers liegen.
  10. Zwillinge und Doppelgänger dürfen erst auftreten, nachdem wir gebührend auf sie vorbereitet worden sind.

Vor allem Regel 5 finde ich sehr interessant.

Derzeit ist Martin Edwards Präsident des Clubs, ein sehr produktiver Autor von Kriminalromanen und Herausgeber von Anthologien, dessen Werke zum Teil ins Deutsche übersetzt worden sind, der aber keinen deutschsprachigen Wikipediaeintrag hat.

Die Detection Club-Mitglieder trafen und treffen sich noch heute regelmäßig im Londoner Garrick Club in der Garrick Street Nummer 15 zu einem Abendessen.

Published in: on 5. Oktober 2021 at 02:00  Comments (5)  

Oscar Wilde und das Gefängnis von Reading in Berkshire

Das ehemalige Reading Gaol.
Photo © Andrew Smith (cc-by-sa/2.0)

1895 wurde Oscar Wilde wegen angeblicher homosexueller Vergehen zu zwei Jahren Zuchthaus mit schwerer Zwangsarbeit verurteilt, die er im Gefängnis von Reading (Berkshire) verbringen musste. Am 19. Mai 1897 wurde er entlassen, aber Wilde war von da an ein gebrochener Mann. Nur noch einmal griff er zur Feder und verfasste das Gedicht „The Ballad of Reading Gaol“, dann war seine schriftstellerische Laufbahn zu Ende. Vereinsamt und verarmt starb er am 30. November 1900 in einem Pariser Hotel (das Hotel gibt es noch heute: L’Hotel in der rue des Beaux-Arts Nummer 13 im 6. Arrondissement).

Her Majesty’s Prison Reading war eines der sogenannten Young Offenders Institutions, das sind Einrichtungen, in denen 18-21jährige Männer untergebracht sind, die noch nicht als Erwachsene für ihre Straftaten verurteilt worden sind und in denen ein Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung der jungen Gefangenen gesetzt wird. Anfang des Jahres 2014 wurde das Gefängnis geschlossen. Es gab Pläne, es in ein Kulturzentrum umzuwandeln, aber bis jetzt ist noch nichts entschieden. Anfang diesen Jahres verewigte sich der Graffiti-Künstler Banksy auf einer der Mauern des Gefängnisses; das Bild zeigt jemanden, der gerade an einem Seil ausbricht.

Das Gefängnis wurde 1844 mitten in Reading gebaut; entworfen wurde es von dem berühmten Architekten George Gilbert Scott, der für den Bau von zahlreichen weiteren Gefängnissen, Irrenanstalten und Arbeitshäusern verantwortlich war, der aber auch unter anderem das Londoner Albert Menorial und das Midland Grand Hotel an der Londoner St Pancras Station entwarf.

Bis zum Jahre 1913 wurden im Reading Gaol auch Todesurteile vollstreckt. Neben Oscar Wilde gab es einen weiteren prominenten Insassen: Der amerikanische Schauspieler Stacy Keach saß hier 1984 einmal für neun Monate   ein, weil er am Londoner Flughafen Heathrow mit Kokain erwischt wurde.

Das Lied „Each Man Kills The Thing He Loves„, das auf einer Zeile aus Oscar Wildes „The Ballad of Reading Gaol“ beruht, ist hier in der Version mit Jeanne Moreau zu sehen und zu hören.

Banksys Graffiti (soll es Oscar Wilde zeigen?)
Photo © Steve Daniels (cc-by-sa/2.0)

Die Unique Devon Tours und The Hound of the Baskervilles

Das ehemalige Duchy Hotel in Princetown.
Photo © Colin Smith (cc-by-sa/2.0)
 

The Hound of the Baskervilles“ (dt. „Der Hund von Baskerville“) ist vielleicht die bekannteste Detektivgeschichte aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930), die 1901/02 als Fortsetzungsroman im Strand Magazine in London erschien. Um sich ein wenig in die entsprechende Stimmung zu versetzen, die dann in sein Buch übernommen wurde, reiste Sir Arthur in das Dartmoor, wo er im Duchy Hotel (heute das National Park Visitor Centre) in Princetown Teile seiner Geschichte um den Geisterhund zu Papier brachte.

Dieser Hund von Baskerville machte das Dartmoor auch außerhalb der Grenzen Englands bekannt und sorgte dafür, dass viele Besucher diese zeitweise recht düstere Region aufsuchen. Wer das Dartmoor auf den Spuren des Hundes beziehungsweise auf den Spuren Sir Arthurs nicht auf eigene Faust erkunden möchte, dem bietet Unique Devon Tours eine Alternative.

Alex Graeme (in diesem Film stellt Alex seine Firma vor) und Mark Lakeman führen themenbasierte Fahrten durch Devon und Umgebung durch, unter anderem auch eine eintägige The Hound of the Baskervilles Tour. Alex Graeme ist Experte für die Grafschaft Devon; sein Urgroßvater war Robert Duins Cooke, von 1897 bis 1939 Reverend der St Andrew’s Church in Ipplepen, sechs Kilometer südwestlich von Newton Abbot, der damals Sir Arthur einige Tipps für seine Dartmoor-Recherchen gab.

Also: Alex Graeme kennt sich hier bestens aus. Die Hound of the Baskervilles Tour beginnt folglich in Ipplepen, führt dann nach Ashburton und Buckfastleigh zur Holy Trinity Church, wo das düstere, unheimliche Grabmal Squire Richard Cabells zu sehen ist. Richard Cabell soll als Vorbild für Sir Hugo Baskerville gedient haben (mehr über ihn und sein Grabmal ist in meinem entsprechenden Blogartikel zu lesen). Das Mittagessen auf der Tour wird im Rugglestone Inn in Widecombe-in-the-Moor eingenommen, einem richtig schönen, urigen Pub. Die zweite Hälfte der Rundfahrt führt zu Orten, die damals Sir Arthur aufgesucht hatte, unter anderem zu den Fox Tor Mires, die ihn zu dem Grimpen Mire im Roman inspirierten.

Für ein bis zwei Personen kostet die Tour £380, für drei bis sechs Personen £480.

Wer sich tiefer mit der Geschichte des unheimlichen Hundes und Sir Arthurs Buch beschäftigen möchte, dem empfehle ich diese Rezension aus dem Crimealley-Blog.

St Andrew’s in Ipplepen.
Photo © Paul Hutchinson (cc-by-sa/2.0)
Richard Cabells Grabmal auf dem Kirchhof von Holy Trinity in Buckfastleigh.
Photo © Adrian Platt (cc-by-sa/2.0)
Der Rugglestone Inn in Widecombe in the Moor.
Author: Major Clanger.
Creative Commons 2.0
Blick auf die Fox Tor Mires im Dartmoor.
Photo © Derek Harper (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 14. September 2021 at 02:00  Comments (1)