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Als sich am Morgen des 21. Juli 2005 der junge aus Brasilien stammende Elektriker Jean Charles de Menezes (er war britischer Staatsbürger) auf den Weg zur Arbeit machte, ging er wie immer zur U-Bahnstation Stockwell, die inmitten des Little Portugal genannten Stadtteils von Lambeth in London liegt. Dort leben besonders viele portugiesisch sprechende Menschen aus Portugal und Brasilien. Jean Charles betrat den Bahnsteig der Victoria Line und erreichte noch den Zug, der gerade eingefahren war. Kaum hatte er sich auf einen freien Platz gesetzt, als drei Männer auf ihn einstürmten, ihn festhielten, herauszerrten und insgesamt elf Mal mit einer Pistole auf ihn schossen, die meisten der Schüsse trafen den jungen Mann in den Kopf. Er war sofort tot. Bei den drei Männern handelte es sich um Polizisten der Metropolitan Police in Zivil, die Jean Charles irrtümlicherweise für einen Terroristen hielten. Am Tag zuvor hatte es in London Attentatsversuche gegeben, die aber alle gescheitert waren, zwei Wochen davor die blutigen Bombenanschläge, bei denen 52 Menschen ums Leben kamen und über 700 verletzt wurden. Die Polizei der Stadt war hochgradig nervös, suchte fieberhaft nach den Bombenlegern des Vortages, und da geriet der völlig unschuldige Jean Charles de Menezes ins Visier der Fahnder.
Der Fall wurde untersucht, es kam zu Verstimmungen zwischen Großbritannien und Brasilien, Scotland Yard gab ihren fatalen Fehler zu, die Polizisten wurden für ihren Einsatz in der U-Bahn nicht belangt. Die Einsatzleiterin Cressida Dick, die später von 2017 bis 2022 als erste Frau die Metropolitan Police leiten sollte, wurde damals nicht zur Rechenschaft gezogen, sondern befördert.
Die Familie des erschossenen Mannes in Brasilien erhielt eine Abfindung von £100 000. Dier vierfache Summe erhielt der damalige Polizeichef Ian Blair als er drei Jahre nach der Tat zurücktrat.
Als Erinnerung an den tragischen Tod von Jean Charles Menezes wurde vor dem Eingang der Stockwell-U-Bahnstation ein Memorial errichtet mit einem Bild des jungen Mannes, darunter steht
„Innocent. Jean Charles de Menezes, born Ganzaga MG Brazil, 07.01.1972. Shot dead here 22.07.2005. Sadly missed„.
Am 7. Januar 2010 wurde es enthüllt, an dem Tag wäre Jean Charles 38 Jahre alt geworden.
Der brasilianische Regisseur Henrique Goldman verfilmte die letzten Lebenswochen des Mannes unter dem Titel „Jean Charles„. Hier ist der Trailer zu sehen.

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