In den 1960er Jahren war die britische Rundfunklandschaft in einem Strukturwandel. Die Musik, die die BBC ausstrahlte, gefiel den Teenagern des Landes nicht, also taten sich Piratensender auf, die in diese Marktlücke sprangen und die Rock ’n’Roll-Musik spielte, die die junge Bevölkerung hören wollte. Da das aber nur außerhalb der Landesgrenzen möglich war, wurden Schiffe gechartert, von denen aus gesendet wurde. Radio Caroline war der bekannteste Sender. Auch der umtriebige, skurrile Lord Sutch (1940-1999), der erst die National Teenage Party und dann die merkwürdige, noch heute existierende Official Monster Raving Loony Party gründete, betätigte sich 1964 als DJ und nannte seinen Sender Radio Sutch und natürlich liefen seine eigene Songs rauf und runter. Es hieß, Radio Sutch wäre auf einem Trawler stationiert, der tagsüber Fische fing und anschließend als Rundfunkstation diente. Die Zustände an Bord sollen aber ziemlich unmöglich gewesen sein, so daß Radio Sutch auf eines der sogenannten Maunsell Forts in der Themsemündung umzog. Dabei handelte es sich um auf stakeligen Beinen stehende Plattformen, die im Zweiten Weltkrieg aufgestellt wurden, um feindliche Schiffe und Flugzeuge davon abzuhalten, die Themsedocks anzugreifen.
Shivering Sands war der Name eines dieser Forts, das sich Lord Sutch als Sendestation ausgesucht hatte, was natürlich illegal war, aber niemand machte so recht ernsthafte Versuche, ihn und seine Mit-DJs von dort zu vertreiben. Neben der Teenager ansprechenden Musik wurden auch Lesungen von besonders erotischen Textstellen aus umstrittenen Bücher wie „Fanny Hill“und „Lady Chatterley“ gesendet, bei denen die aus der Profumo-Affäre bekannte Mandy Rice-Davies mitwirkte.
Lord Sutch verlor nach wenigen Monaten das Interesse an dem Projekt und verkaufte den Sender an seinen Manager Reg Calvert. Sein Interesse galt von da an mehr der Politik. Nach dem Abgang des Lords benannte Reg Calvert die Station in Radio City um, die noch bis 1967 von Shivering Sands aus sendete, dann war Schluss. Reg Calvert war ein Jahr zuvor bei Streitigkeiten mit einem Kontrahenten erschossen worden.
Hier sind dokumentarische Aufnahmen von der Radiostation.
Colin Dale, ein Freund Lord Sutchs, der auch kurzfristig in der Radiostation involviert war, kam im Jahr 2009 auf die Idee, Radio Sutch als Internetradio neu zu beleben; unter dem Slogan „Retro Sounds for Monster Rockers“ werden hier vorwiegend Songs aus den 1950er und 1960er Jahren gespielt (Listen Live).