Tanks-Alot – Panzerfahren für jedermann auf der Spring Farm in Helmdon (Northamptonshire)

Photo © Duncan Lilly (cc-by-sa/2.0)

Bei meiner Musterung für die Bundeswehrtauglichkeit wurde damals festgestellt, dass ich für alles in Frage käme, nur nicht für das Fahren von Panzern, weil mir ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen fehlte. Ich war nicht böse, denn ich hatte nie Ambitionen gehabt, diese militärischen Ungetüme zu fahren. So landete ich bei der Luftwaffe.

Es gibt aber durchaus Menschen, die nichts lieber täten, als einen Panzer durchs Gelände zu bewegen, und zwar Zivilisten. In England kann dieser Wunsch erfüllt werden, auf der Spring Farm in  Helmdon in Northamptonshire, östlich von Banbury gelegen.

Die Firma Tanks-Alot hat über 150 Panzer und andere Militärfahrzeuge auf dem Farmgelände versammelt, die alle darauf warten, bewegt zu werden. Der „Spaß“ ist nicht ganz billig, so kostet die halbtägige Tank Driving Experience £299, die Full Monty Tank Driving Experience, also ein ganzer Tag, £399. Wer bereit ist, ganz tief in die Tasche zu greifen, bekommt für £999 die Deluxe Tank Driving Experience, deren ultimativer Höhepunkt das Zermalmen eines „posh cars“ ist, und zwar mit einem 56 Tonnen schweren Chieftain Main Battle Tank. Selbstverständlich kann man auch andere ausrangierte Autos zermalmen, es ist alles eine Frage des Preises. Dieser Film zeigt einen „car crush“, den sich Autoliebhaber mit empfindlichem Gemüt besser nicht ansehen sollten.

Was gibt es Schöneres für einen ehemaligen Panzerfahrer der britischen Armee als in einem Panzer-Leichenwagen zu letzten Ruhestätte gefahren zu werden? Der „Tank Hearse“ steht zur Verfügung wie dieser Film zeigt. Auch eine „Tank Limo“ gibt es, ideal für Hen und Stag Parties. Wer Lust verspürt, in einem Panzer zu heiraten, bitte schön!

Tanks- Alot
Spring Farm
Helmdon
Northamptonshire NN13 5QD

Siehe zum Thema auch diesen Blogeintrag.

Photo © Duncan Lilly (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 26. April 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Der Morwellham Quay in der Grafschaft Devon

Photo: ivorsutton.
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In der viktorianischen Zeit war der Morwellham Quay am River Tamar, sechs Kilometer westlich von Tavistock in der Grafschaft Devon, der größte Verschiffungshafen für in der Region abgebautes Kupfer. Zinn, Blei und Silber sind hier im Westen Devons und im Osten Cornwalls schon immer abgebaut worden; dazu kamen später Mangan und Arsen. Es wurde soviel Arsen gefördert, dass man die gesamte Weltbevölkerung damit hätte vergiften können. Es herrschte also lange Zeit sehr viel Betrieb am Morwellham Quay. Doch dann begannen die Kupfervorräte zur Neige zu gehen, zudem wurden die Schiffe auf dem extra gebauten Tavistock Canal durch die Eisenbahn verdrängt und allmählich versank der Quay in einen Dornröschenschlaf.

Erst im Jahr 1970 begann man mit der Restaurierung der Anlage und machte daraus ein Ausflugsziel für Familien, die sich hier einerseits vergnügen, andererseits auch über den Bergbau vergangener Tage informieren können. 2006 ernannte die UNESCO den Morwellham Quay sogar zur World Heritage Site.

Was gibt es hier zu sehen und zu tun? Einer der Höhepunkte ist sicher das Mine Train Adventure, bei dem man mit einem kleinen Zug in die Tiefen der George and Charlotte Kupfermine einfahren kann wie dieser Film zeigt. Es gibt ein Dorf aus der viktorianischen Zeit mit einer Schule und einer strengen Lehrerin, man kann Kleider von damals anprobieren und bei der Chocolate Experience die Kunst der Schokoladeherstellung erlernen. Der Ship Inn lädt zu einem erfrischenden Pint aus der eigenen Brauerei ein; die Biere heißen Adit (=Stollen) und Miner (=Bergmann). Auch eine umfangreiche Speisekarte steht zur Verfügung.

Photo © Robin Drayton (cc-by-sa/2.0)

Der Dorfladen und der Pub.
Photo © Des Blenkinsopp (cc-by-sa/2.0)

Photo: hans s
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Published in: on 15. April 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

Der Robbie Williams Tourist Trail in Stoke-on-Trent in Staffordshire

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Die Stadt Stoke-on-Trent in der Grafschaft Staffordshire hat rund 250 000 Einwohner und besteht aus mehreren Ortsteilen, darunter Tunstall und Burslem, über die ich in meinem Blog schon zu unterschiedlichen Themen geschrieben habe. Hier ist man sehr stolz auf einen der Söhne der Stadt, der in Stoke-on-Trent am 13. Februar 1974 geboren worden ist: Robbie Williams. Der Sänger hat hier seine Kindheit und Jugend verbracht, ehe er als Mitglied der Boygroup Take That und danach mit seiner Solokarriere Staffordshire verließ und in die weite Welt zog.

Robbie Williams ist auf verschiedene Weise in Stoke-on-Trent geehrt worden, so sind in dem Neubauviertel Middleport drei Straßen nach seinen Songs benannt worden: Angels Way, Candy Lane und Supreme Street. Der Sänger war bei der feierlichen Namensgebung in Middleport nicht dabei, er ließ aber wissen, dass er sich sehr geehrt fühlt.

An der Victoria Park Road hat die Stadtverwaltung eine blaue Plakette anbringen lassen, auf der steht, dass Robbie Williams hier von 1974 bis 1975 wohnte. Das Interessanteste für Fans des Sängers aber ist der zu Anlass seines vierzigsten Geburtstag eingerichtete Robbie Williams Tourist Trail, der an allen Orten vorbeiführt, die mit ihm in Verbindung stehen. Da ist zum Beispiel der Pub The Red Lion in der Moorland Road im Stadtteil Burslem, in dem er von 1975 bis 1978 lebte und der von seinen Eltern geführt wurde. Leider steht der Pub seit einiger Zeit leer und wartet sehnsüchtig auf einen Käufer. In der Newfield Street in Tunstall wohnten Robbies Großeltern, die er als Kind regelmäßig besuchte. In der Mill Hill Primary School an der Sunnyside Avenue ging er von 1978 bis 1985 und in der St Margaret Ward Catholic Academy am Little Chell Lane in Tunstall von 1985 bis 1990 zur Schule.
Der Robbie Williams Tourist Trail führt noch an weiteren Schauplätzen aus seiner Kindheit und Jugend vorbei wie am Vale Park in Burslem, wo sein Lieblings-Fußballverein, der Port Vale FC, beheimatet ist und an der Old Town Hall, deren Engel auf der Turmspitze ihn zu seinem Song „Angels“ inspiriert haben soll.

Dieser Film führt zu den Schauplätzen des Trails.

Der leer stehende Red Lion in Burslem.
Photo: quimby.
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Das Stadion von Robbies Lieblings-Fußballverein.
Photo © Steve Daniels (cc-by-sa/2.0)

Der Engel auf der Old Town Hall in Burslem.
Photo: Futurilla.
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The Wirral Egg Run – Ein jährliches Bikertreffen in Merseyside für wohltätige Zwecke

Photo: Meonia.
Creative Commons 2.0

Im April 1981 wurde der Wirral Easter Egg Run ins Leben gerufen, eine Idee des New Brighton Empress Motorcycle Club auf der Wirral-Halbinsel in Merseyside. Gerade einmal zwanzig Teilnehmer fuhren damals mit. Man wollte mit dem Easter Egg Run kranken Kindern im Heswall’s Children Hospital eine Freude machen, in dem sie jedem ein Osterei überreichten. Der nette Brauch wurde im Jahr 2013 aufgegeben, doch findet er wieder unter dem Namen Wirral Egg Run statt…aber erheblich erweitert. In diesem Jahr trafen sich am Sonntag, dem 17. März etwa 5000 Motorradfahrer, um Ostereier für benachteiligte Kinder auf der Halbinsel und Spenden für wohltätige Zwecke zu sammeln.

The Wirral Egg Run startete in New Brighton an der Coastal Road auf einer großen Freifläche namens The Dips und führte auf einer gemächlich gefahrenen, dreißig Kilometer langen Strecke durch Ortschaften der Halbinsel wie Wallasey, Hoylake, Heswall zur Claremont Farm an der Old Clatterbridge Road bei Bebington, dem Endpunkt. Da wir in England sind, nahmen zahlreiche Biker an dem Egg Run auch im „fancy dress“ teil, man kleidet sich zu allen möglichen Anlässen in England eben gern ein bisschen verrückt. Das eingesammelte Geld ging in diesem Jahr unter anderem an das Claire House Children’s Hospice, das nur einen Katzensprung von der Claremont Farm entfernt ist.

Dieser Film von Mr Drone UK, dessen Videos ich in meinem Film schon mehrfach gezeigt habe, dokumentiert den Start zum diesjährigen Wirral Egg Run aus luftiger Höhe.

Photo: Meonia.
Creative Commons 2.0

Dieses Luftbild zeigt New Brighton (Merseyside) und The Dips, die grünen Flächen am Meer, wo der Wirral Egg Run startet.
Photo © Peter Craine (cc-by-sa/2.0)

Fort Perch Rock – Eine Festungsanlage in New Brighton (Merseyside) auf der Halbinsel The Wirral

Photo © David Dixon (cc-by-sa/2.0)

Wir bleiben heute noch einmal auf der Halbinsel The Wirral und begeben uns nach der gestrigen Stippvisite in Birkenhead einige Kilometer weiter nördlich nach New Brighton Beach, wo an der äußersten Nordspitze das Fort Perch Rock steht. Gebaut wurde es an dieser exponierten Stelle Ende der 1820er Jahre als Verteidigungsanlage für den Hafen von Liverpool; sechzehn schwere Kanonen sollten feindliche Schiffe davon abhalten, in die Mündung des River Mersey einzufahren. „The Little Gibraltar of the Mersey“ kam glücklicherweise nie zum Einsatz. Bis zu hundert Soldaten hätten in den Festungsanlagen Platz finden können.

Heute wird Fort Perch Rock für friedliche Zwecke verwendet. Die Festung beherbergt mehrere Museen, die sich mit Schifffahrt, Schiffsfunk und Militärflugzeugen beschäftigen. Es gibt ein Café, das den Namen The Mess trägt und Freunde von Escape Rooms kommen hier voll auf ihre Kosten. „Escape the Fort“ bietet alles, was sich Anhänger dieser Abenteuerspiele wünschen. „The Watch Tower“ und „The Dam Busters“ heißen die beiden Spiele, die auf dem Thema Zweiter Weltkrieg basieren.

Wie schon in meinem gestrigen Beitrag über den Hamilton Square in Birkenhead füge ich auch heute einen sehr beeindruckenden Film über einen Drohnenflug von Mister Drone UK ein, der das Fort von oben und den vorgelagerten Leuchtturm zeigt.

Photo: kitmasterbloke.
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Tintwistle in Derbyshire – Ein Dorf und eine weltberühmte Modeschöpferin

Ein Wandgemälde von Vivien Westwood in der Chapel Street in Glossop (Derbyshire).
Photo © Gerald England (cc-by-sa/2.0)

Am 8. April 1941 kam im Partington Maternity Home in Glossop, einer Stadt im Peak District in Derbyshire, ein kleines Mädchen auf die Welt, das den Namen Vivien Isabel Swire erhielt. Sie verbrachte ihre Kindheit in dem kleinen Dorf Tintwistle, wo sie mit ihren Eltern in einem unscheinbaren Reihenhaus in der heutigen Manchester Road Nummer 6 wohnte. Im Alter von zwölf Jahren ging Vivienne auf die Glossop Grammar School in der Fitzalan Street (das Gebäude steht noch, wird aber heute für andere Zwecke genutzt). Schon früh lernte sie von ihrer Mutter das Schneidern, das sie Jahre später unter dem Namen Vivien Westwood zu einer der berühmtesten Modeschöpferinnen der Welt machen sollte. Ihr Lebensmittelpunkt war immer London, wo ihre Familie in den 1950er Jahren hinzog, doch behielt sie auch ihr Leben lang eine enge Verbindung in ihre Heimat im Peak District. Vivien Westwood war die Ikone der Punkkultur, in ihren Londoner Modegeschäften gaben sich die Stars der Szene die Klinke in die Hand, zum Beispiel in ihrer Boutique Sex in der Londoner King’s Road.

Doch im Mittelpunkt meines Blogeintrags soll Vivienne Westwoods Beziehung zu dem kleinen Dorf Tintwistle stehen. Sie starb im Alter von 81 Jahren am 29. Dezember 2022 in London, wollte dort aber nicht ihre letzte Ruhestätte finden, sondern wieder nach Tintwistle zurückkehren, wo sie auf dem Kirchhof der Christ Church beigesetzt worden ist, die, wie auch ihr Elternhaus ein paar hundert Meter entfernt, an der A628 liegt. Ihr Trauergottesdienst fand in Anwesenheit von Dutzenden Stars aus der Welt des Showbusiness in der Southwark Cathedral in London statt (hier sind einige Bilder).

Das Label Vivienne Westwood wird von ihrem Mann, dem österreichischen Modedesigner Andreas Kronthaler, weitergeführt, der seine Herbst/Winter-Kollektion 2023/24 in Tintwistle vorstellte, unter anderem vor dem Haus, in dem seine Frau ihre Kindheit verbracht hatte. Als Model war auch Vivienne Westwoods Sohn Ben anwesend. Hier ist ein Film darüber.

Eine kleine persönliche Ergänzung: Ich habe Glossop einmal besucht, da meine früheren Wohnzimmermöbel hier hergestellt worden sind.

Photo © Anthony Parkes (cc-by-sa/2.0)

Die ehemalige Glossop Grammar School.
Photo © Benjamin Hopkins (cc-by-sa/2.0)

Tintwistles Christ Church.
Photo © David Dixon (cc-by-sa/2.0)

The Sealed Knot – Europas größte Re-enactment-Gesellschaft

Darstellung der Schlacht von Nantwich 1644 im heutigen Cheshire.
Photo © Jeff Buck (cc-by-sa/2.0)

In der 1991 gegründeten National Association of Re-enactment Societies sind die Gesellschaften zusammengefasst, die sich mit der kostümierten Nachstellung von historischen Ereignissen und Schlachten des Bürgerkriegs beschäftigen, wobei die Gesellschaft The Sealed Knot die größte dieser Art in ganz Europa ist.

Die Idee zu der Re-enactment Society entstand am 28. Februar 1968 bei einer Dinnerparty; gegründet wurde sie von dem Ex-Offizier der britischen Armee und Militärhistoriker Peter Young (1915-1988), der im Laufe seines Lebens mehrere Bücher über Schlachten auf englischem Boden geschrieben hat wie die von Edgehill, Marston Moor und Naseby. Besagte Party fand statt anlässlich des Erscheinens von Youngs Buch „Edgehill 1642: The Campaign and the Battle„. Binnen zwei Jahren konnte The Sealed Knot bereits mehr als tausend Mitglieder verzeichnen, die alle daran interessiert waren, beziehungsweise es auch heute noch sind, in historischen Uniformen Schlachten nachzustellen. Drei Armeen existieren: The Royalist Army, The Army of Parliament und The Army of Ireland and Scotland, die sich bei den Re-enactments immer wieder erbittert gegenüberstehen, aber nach den Schlachten friedlich miteinander das eine oder andere Pint leeren.

Das Ziel der Gesellschaft ist es nicht die Kriege zu verherrlichen, sondern diejenigen zu ehren und an sie zu erinnern, die in den Schlachten des Bürgerkriegs gefallen sind. Der Name The Sealed Knot stammt von einer geheimen, royalistischen Vereinigung, die die Wiederherstellung der Monarchie erreichen wollte.

Als Beispiel für ein derartiges Re-enactment ist hier die Belagerung der Stadt Gloucester im Jahr 1643 zu sehen.

Kampfszene im Battle of Nantwich 1644.
Photo © Colin Park (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 11. Januar 2024 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Transport Ticket Society – Hier finden sich Sammler von Fahrkarten aus aller Welt zusammen

Photo: sludgegulper.
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1963 entstand in England die Transport Ticket Society, in der sich die bereits bestehende International Society of Transport Ticket Collectors mit der Ticket & Fare Collection Society verband, und so britischen und auch ausländischen Sammlern von Fahrkarten eine Plattform bot, auf der sie sich gegenseitig austauschen konnten und auch heute noch können.

Millionenfach werden die benutzten Einmal-Fahrkarten von Zügen, U-Bahnen und Bussen weggeworfen, doch diese Flut wird langsam eingedämmt durch elektronische Karten wie die Oyster Card in London oder vergleichbare Karten in anderen Städten, die man mehrfach verwenden kann. Es gibt eine stattliche Zahl von Menschen, die sich auf das Sammeln heutiger und besonders historischer Fahrkarten spezialisiert haben, die sie auch gegenseitig tauschen.

Eine der Aufgaben der Transport Ticket Society ist die Forschung auf dem Gebiet der Tickets, und die findet ihren Niederschlag in dem monatlich erscheinenden The Journal of the Transport Ticket Society, in dem die Mitglieder der Gesellschaft rund um ihr Lieblingsthema und über Verkäufe und Auktionen informiert werden.

Einer der Mitglieder war seit 1958 der Physik- und Astronomielehrer Raymond Butt (1941-2018), der bei allen Jahreshauptversammlungen zugegen war, die meistens in Manchester und Brighton stattfinden. Über diesen außergewöhnlichen Mann werde ich morgen in meinem Blog berichten.

Photo: Felix O.
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Published in: on 29. Dezember 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die Page 3 Girls der Tageszeitung The Sun

Im Jahr 1970 hatte Howard Carpendale mit „Das schöne Mädchen auf Seite 1“ einen Hit, der bis auf Platz 6 der deutschen Charts kam. Heute möchte ich über schöne Mädchen auf Seite 3 einiger englischer Boulevardzeitungen berichten, denen jahrzehntelang der erste Blick von Millionen Männern Großbritanniens galt, wenn sie morgens ihre Zeitung aufschlugen. Die mehr oder weniger bekleideten, sogenannten „Page 3 Girls“ sorgten für erhebliche Auflagensteigerungen, so konnte The Sun ihre Auflage in den Jahren 1970/71 nahezu verdoppeln. Der damalige neue Chefredakteur Larry Lamb kam auf die Idee mit den nackten Mädchen, einige andere Tageszeitungen zogen angesichts des Erfolges nach.

Das erste nackte Page 3 Girl war eine Deutsche, die am 17. November 1970 die dritte Seite der Sun zierte, die 20-jährige Stephanie Rahn; es folgten unzählige weitere junge Damen, die Schlange standen, um fotografiert und nicht schlecht bezahlt zu werden. Etwa £30 000 bis £40 000 konnte ein attraktives Mädchen pro Jahr verdienen, es gab sogar einige, die das doppelte bekamen. Im Schnitt waren die Page 3 Girls zwischen 16 und 24 Jahre alt, das Mindestalter wurde später auf 18 angehoben.

Einige der Mädchen konnten Karriere machen wie Samantha Fox als Popsängerin und Schauspielerin. Ihr erster veröffentlichter Song „Touch Me (I Want Your Body)“ war ein weltweiter Chartserfolg. Katie Price war nach ihren Auftritten als Page 3 Girl erfolgreich als Unternehmerin, Schriftstellerin (sie schrieb Kinderbücher, Romane und zwei Autobiografien) und auch ein wenig als Sängerin wie mit „A Whole New World“ (zusammen mit Ehemann Peter André).

Doch irgendwann ging auch die Zeit der nackten Mädchen in der britischen Tagespresse zu Ende. Es regte sich immer mehr Widerstand gegen die Abbildungen der Page 3 Girls. Eine Kampagne namens “No More Page 3” wurde ins Leben gerufen, auf Druck der Öffentlichkeit bezeichnete selbst der The Sun-Eigentümer Rupert Murdoch die „Institution Seite 3“ als „altmodisch“. Die nackten Damen wurden nach und nach durch junge Frauen in Bikinis und Dessous ersetzt. Jetzt spielen sie in der britischen Tagespresse keine Rolle mehr.

Published in: on 13. Dezember 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

The Chained Oak – Die Eiche in Ketten bei Alton in Staffordshire

Photo © Brian Deegan (cc-by-sa/2.0)

Eine der Attraktionen im Vergnügungspark Alton Towers in Staffordshire ist „Hex – The Legend of the Towers„, ein „haunted house ride“, eine Art Geisterbahn, die aber zu Fuß unternommen wird; dieser Film zeigt die Tour. Das gruselige Vergnügen basiert auf der Legende der Chained Oak, der Eiche in Ketten, die sich hier ganz in der Nähe, im Wald von Alton, abgespielt haben soll.

In einer Herbstnacht kehrte der Earl of Shrewsbury zu seinem Familienbesitz Alton Towers zurück, als seine Kutsche von einer Bettlerin angehalten wurde, die den Earl um ein Almosen bat. Der Adelige war gerade in keiner guten Stimmung und wies die Frau brüsk ab, die daraufhin den Earl mit einem Fluch belegte. Jedes Mal, wenn von dem Old Oak Tree auf seinem Besitz ein Ast herunterfällt, sollte jemand von seiner Familie sterben. Der Fluch trat noch in derselben Nacht in Kraft, als ein heraufziehender Sturm einen Ast von der Eiche abbrach…und in derselben Nacht starb ein Familienangehöriger des Earls of Shewsbury. Jetzt nahm dieser den Fluch nicht mehr auf die leichte Schulter und überlegte, was er dagegen machen könnte. Da kam er auf die Idee, die Äste der alten Eiche, die jederzeit wieder herunterfallen könnten, mit Ketten zu sichern. Diese Idee erwies sich als sehr gut, denn kein Ast brach mehr ab, und niemand aus der Familie starb auf Grund des Fluches. Die sogenannte Chained Oak ist jetzt allerdings in ein Alter gekommen, in dem sie schwer an ihren Ästen zu tragen hat, und so ist sie in Teilen zusammengebrochen; die Ketten sind noch heute zu sehen.
Um welchen Earl of Shrewsbury es sich gehandelt haben soll, ist umstritten, der 15. und der 16. Earl sind die am häufigsten genannten, die beide in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelebt haben.

Hier ist ein Film über die alte Eiche, der auch zeigt wie man sie findet.

Photo: steve p2008.
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Hex – The Legend of the Towers im Vergnügungspark Alton Towers.
Photo: R4vi.
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The Cloud Bar in Anderby Creek (Lincolnshire) – Eine getränkefreie Bar für Wolkenliebhaber

Photo courtesy of Alex Trembath of Lincoln and Beyond.

Es ist sicher nicht jedermanns Sache, in dem Mini-Feriendorf Anderby Creek an der Küste Lincolnshires seinen Urlaub zu verbringen. Hier gibt es jede Menge Caravans zu mieten, die dicht bei dicht stehen. Dafür ist es hier wesentlich ruhiger als in anderen trubeligeren Badeorten an der Küste wie beispielsweise Skegness, weiter südlich, mit seinen „amusement arcades“. Wer in Anderby Creek durstig ist und etwas zu trinken sucht, sollte nicht die Cloud Bar am Strand aufsuchen, denn hier bekommt man keinerlei Getränke. Die Cloud Bar ist für Wolkenfreunde gebaut worden und ist die weltweit erste Wolkenbeobachtungplattform. Seit 2009 steht das Holzgebäude am Strand von Anderby Creek, der zu den saubersten im Land gehört, und wurde von der Cloud Appreciation Society eingerichtet, die ich in meinem Blog vor drei Jahren schon einmal vorgestellt habe.

Es gibt wohl nichts Entspannenderes als von einem Liegestuhl aus am Meer die vorüberziehenden Wolken zu beobachten, wie sie sich ständig neu formieren, auflösen und sich erneut zusammenfinden. Wer sich für die Namen dieser volatilen Gebilde interessiert, der findet in der Cloud Bar Erklärungen auf Tafeln. Weiterhin sind fünf drehbare konvexe Spiegel aufgestellt, die auf den Himmel ausgerichtet sind und den Cloudspottern die Wolken näher bringen.

Die Cloud Bar war eine Idee des Künstlers Michael Trainor, der einen ehemaligen Strandunterstand entsprechend umwandelte. Bei der Eröffnungszeremonie am 1. April 2009 war es nur ärgerlich, dass an diesem Tag keine einzige Wolke am Himmel zu sehen war.

Hier ist ein Film über die Cloud Bar von Anderby Creek.

Wolken über Anderby Creek.
Photo © Bob Harvey (cc-by-sa/2.0)

Brightons Black Rock Naturist Beach – Der erste offizielle FKK-Strand Englands

Photo: Jonathan Rolande.
Creative Commons 2.0

Exakt heute vor 44 Jahren, am 9. August 1979, wurde in Brighton (East Sussex) an der englischen Südküste der erste offizielle Nacktbadestrand Englands eingeweiht, was für eine gewisse Aufregung sorgte, denn manche meinten, dass dadurch der Unmoral Tür und Tor geöffnet werden würde, was aber nicht geschah. Natürlich hatte es früher schon Nudistencamps gegeben, die aber alle im Verborgenen existierten wie der Spielplatz bei Bricket Wood in Hertfordshire (siehe dazu meinen Blogeintrag) oder das Wickford Nudist Camp in Essex, das 1923 von der sogenannten English Gymnosophist Society gegründet worden war, aber dass man sich jetzt in aller Öffentlichkeit nackt an den Strand legen durfte, das gab es bisher noch nicht. Brighton war schon immer etwas offener und liberaler als der Rest des Landes (siehe dazu auch meinen Blogeintrag über den Brighton Naked Bike Ride)

Der Rat der Stadt Brighton hatte hitzige Debatten geführt, ob man denn nun einen speziellen Strandabschnitt für Nudisten freigeben sollte, aber die Mehrheit, angeführt von der Stadträtin Eileen Jakes, stimmte dafür und so wurde ein 183 Meter breiter Teil des langen Strandes von Brighton eingerichtet, an dem sich die Freunde der Freikörperkultur aufhalten konnten.

Der Black Rock Naturist Beach liegt am östlichen Ende von Brighton am Madeira Drive, nicht weit von der Marina entfernt, und zieht Besucher aus dem ganzen Land an. Die Tripadvisor-Bewertungen sind sehr unterschiedlich, allgemein wird aber festgestellt, dass die Zahl der Männer am Strand weit überwiegt, was auch immer das bedeuten mag…

Zum Thema siehe auch diesen Blogeintrag.

Photo © Simon Carey (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 9. August 2023 at 02:00  Comments (1)  

The Sherlock Holmes Museum Shop in Londons Baker Street


Photo © Steve Daniels (cc-by-sa/2.0)

Böse Zungen behaupten, dass es im Londoner Sherlock Holmes Museum nicht allzu viel zu sehen gibt, dass der Museumsshop (hier ein kurzer Schwenk durch den Laden) der eigentliche Sinn und Zweck sei.

221b Baker Street, London NW1 6XE lautet die Adresse des SHM, da wo auch der fiktive Superdetektiv mit seinem Adlatus Dr. Watson residierte; doch ein Haus mit dieser Nummer existiert in der Baker Street eigentlich gar nicht. Die Betreiber des Museums haben die „221b“ einfach am Eingang angebracht, in Wirklichkeit müsste das Haus wohl die Nummer „240“ tragen. „The first mystery at the Sherlock Holmes Museum is finding it„, heißt es daher in Gareth Rubins wunderschönem humorvollen Buch „Crap days out„, das ich in meinem Blog schon vorgestellt habe.

Ja, der Museumsshop: Hier gibt es alles Mögliche und Unmögliche rund um Sherlock Holmes  zu kaufen. Hier sind einige Beispiele:
– Eine Minibüste vom Meister als Briefbeschwerer
– Ein Kugelschreiber in Form einer Spritze mit einer blutroten Flüssigkeit darin
– Eine Schachtel mit Kräutern, die gegen „Mobile Phone Addiction“ helfen sollen
– Ein Vogelkäfig mit einem Singvogel darin, den man aufziehen kann und der dann tiriliert
– Eine Uhr in Form der Tower Bridge
– Ein Druck „The Death of Sherlock Holmes„, den man rahmen kann
– Ein Schachspiel, bei dem die Bauern Polizisten und die beiden Könige Sherlock Holmes bzw. sein Gegenspieler Professor Moriarty sind für
– Ein Salz- und Pfefferstreuer mit den Figuren Holmes und Watson

Gerry Rafferty schrieb 1978 seine Hommage an die Baker Street in London.

Photo: vivoandando.
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Ada Coleman (1875-1966) – Eine berühmte Barkeeperin im Londoner Savoy Hotel

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Man nehme 45 ml London Dry Gin, 45 ml süßen, roten Vermouth und 7.5 ml Fernet Branca, gieße alles in ein Cocktailglas, rühre die Mixtur gut um und füge einen Eiswürfel hinzu, fertig ist der Hanky Panky, eine Kreation von Ada Coleman (1875-1966), der Barkeeperin in der American Bar des Londoner Luxushotels Savoy, den sie für einen Stammgast, den Schauspieler Sir Charles Henry Hawtrey, kreiert hatte und der noch heute in der Bar angeboten wird.

Die 1875 geborene Ada Coleman stand 25 Jahre hinter dem Bartresen der American Bar und wurde einmal vom Daily Express als „The Queen of Cocktail Mixers“ bezeichnet. Sie soll schätzungsweise eine Million Drinks ausgeschenkt haben. Sie kannte viele Prominente, die im Savoy übernachteten und die gern in der American Bar noch einen „nightcap“ zu sich nahmen, bevor sie sich in ihre Suiten zurückzogen: Marlene Dietrich, Charlie Chaplin und viele andere Schauspieler, Politiker und Geschäftsleute machten gern bei „Coley“ Station und ließen sich von einem ihrer raffinierten Cocktails überraschen, die auch im „The Savoy Cocktail Book“ ihren Niederschlag fanden.

Ada Coleman hatte während ihrer Zeit in der American Bar eine Kollegin, Ruth Burgess, das heißt, richtige Kolleginnen waren sie nicht, sie waren spinnefeind miteinander, sprachen sich nur an, wenn es unumgänglich war und tauschten ihre Cocktailrezepte nicht aus. Ruth Burgess war zuerst da und vielleicht stammt ihre Feindschaft daher, dass sie sich von Ada Coleman bedrängt fühlte, und die Bargäste oft nach Adas Cocktails fragten, die sie aber nicht herstellen konnte, weil sie die Rezepte nicht hatte. Ruth und Ada beendeten ihre Arbeit als Barkeeperinnen gleichzeitig, weil das Management des Hotels ihnen kündigte, da es die American Bar umgestalten und ihr ein neues Image verpassen wollte. Nachfolger wurde Harry Craddock (1876-1963), der mindestens ebenso berühmt werden sollte wie Ada Coleman und von 1925 bis 1938 Drinks in der American Bar mixte.

Siehe auch meine anderen Blogeinträge über das Savoy Hotel.

Cocktails in der American Bar des Savoy Hotels.
Photo: ChodHound.
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Published in: on 20. Juli 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Somerset Day – Eine Grafschaft feiert sich selbst am 11. Mai 2023

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Heute werden überall in der Grafschaft Somerset die Fahnen des Counties im Wind flattern, die einen roten Drachen auf gelbem Hintergrund zeigen, denn heute ist der Somerset Day. Der Tag wird seit 2015 jedes Jahr gefeiert und soll an ein Ereignis erinnern, das Jahrhunderte zurückliegt. König Alfred der Große hatte die Bürger von ganz Somerset zu den Waffen gerufen, um gegen die einfallende dänische Wikingerarmee zu marschieren. Bei Edington in Wiltshire kam es im Jahr 878 zu einer Schlacht, bei der Alfred die Dänen besiegen konnte und die sich daraufhin aus der Region zurückzogen.

Am Somerset Day selbst, und auch noch an den folgenden Tagen, wird so einiges in der Grafschaft geboten. BBC Radio Somerset kündigte diesen besonderen Tag im vorigen Jahr auf diese Weise an. Im Bridgwater & Taunton College werden die diesjährigen Pride of Somerset Youth Awards verliehen, an Jugendliche, die in den letzten zwölf Monaten besondere Leistungen erbracht haben, wobei es keine Rolle spielt in welchen Bereichen. Die Auszeichnungen erhielten bisher beispielsweise die Trampolinspringerin Laura Gallagher aus Taunton und der ebenfalls aus Taunton stammende Rennrollstuhlfahrer Jamie Edwards.

In Shepton Mallet findet das Endspiel des Somerset FA Mens Intermediate Cups statt, das regionale Fußballereignis des Jahres. Über die ganze Grafschaft hinweg gibt es Einzelveranstaltungen wie das größte Quiz, das es jemals in Somerset gegeben hat und das im Dorfgemeinschaftshaus von Edington ausgetragen wird (nicht zu verwechseln mit dem oben erwähnten Edington).

Somerset Day ist aber in erster Linie dazu da, um das Erbe, die Vergangenheit und die Gegenwart dieser großartigen Grafschaft zu ehren. Hier ist ein Film über die Grafschaft.

Published in: on 11. Mai 2023 at 02:00  Comments (1)  

Die AeroSuperBatics Wingwalker vom Rendcomb Airfield in Gloucestershire

Photo © David Dixon (cc-by-sa/2.0)

Robbie Coltrane besuchte sie in seinem Buch „B-Road Britain“ (s. dazu meinen Blogeintrag) und zeigte sie in seinem gleichnamigen Film: Die AeroSuperBatics Wingwalker vom Rendcomb Airfield, nördlich von Cirencester in Gloucestershire. Das sind sieben junge Damen und sechs erfahrene Piloten, die mit ihren Flugzeugen haarsträubende Aktionen unternehmen. Wingwalker sind, man kann schon sagen Akrobaten, die auf den Tragflächen von Doppeldeckern ihre Kunststücke vorführen, während der Pilot mit seinem Flugzeug Loopings oder andere Formationen fliegt.

1989 wurde AeroSuperBatics Ltd gegründet und von 2011 bis 2018 von dem Schweizer Uhrenhersteller Breitling gesponsert. Die Wingwalker mit ihren orange-weiß gestreiften Boeing Stearman-Doppeldeckern sind häufig auf Flugtagen anzutreffen wie demnächst vom 2. bis zum 4. Juni beim Midlands Air Festival in Ragley Hall bei Alcester in Warwickshireshire.

Die AeroSuperBatics Wingwalker sind in der ganzen Welt unterwegs, so waren sie schon in China und in Australien. Das Team verfügt über sehr erfahrene Piloten, von denen einige über 14 000 Flugstunden nachweisen können. Die meisten der sieben mutigen, jungen Damen auf den Tragflächen sind auch schon mehrere Jahre dabei wie Libby seit 2004 und Nikita seit 2014.

Das Rendcomb Airfield, wo die AeroSuperBaticsWingwalker stationiert sind, zählt zu den idyllischsten Flugplätzen Englands, liegt er doch inmitten der Cotswolds, umgeben von landwirtschaftlich genutzten Feldern. In den Hangars stehen neben den Boeing Stearmans noch einige andere klassische Doppeldecker, die dann an den hier zelebrierten Flugtagen herausgeholt und begutachtet werden können.

Hier ist ein Film über die Wingwalker aus Gloucestershire zu sehen.

AeroSuperBatics Wingwalkers
RFC Rendcomb Airfield
The Whiteway
Cirencester
Gloucestershire
GL7 7DF

Photo © Brian Robert Marshall (cc-by-sa/2.0)

Rendcomb Airfield.
Photo © Terry Jacombs (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 18. April 2023 at 02:00  Comments (1)  

The Night Climbers of Cambridge – Nächtliche Klettertouren auf den Colleges

Der Senate House Leap. Links das Senate House, rechts das Gonville and Caius College.
Photo © David Medcalf (cc-by-sa/2.0)

Als Student in einem der Colleges von Cambridge steckt(e) man seine Nase hauptsächlich in Lehrbücher, um sich für seine Prüfungen vorzubereiten. Doch es gab auch immer wieder, überwiegend männliche, Studenten, deren bevorzugte Lektüre etwas ganz anderes war, zum Beispiel eine Zeit lang das Buch eines gewissen „Whipplesnaith“ mit dem Titel „The Night Climbers of Cambridge„, 1937 erschienen. Noël Howard Symington, der sich hinter dem Pseudonym verbarg, gibt darin detaillierte Anleitungen wie man am besten nächtliche Klettereien an den Colleges der Stadt durchführt.

Der Freizeitspaß „Nachtklettern“ gibt es schon lange; Lord Byron (1788-1824) soll als erster den Trinity Great Court Fountain und die Wren Library erstiegen haben. Im Jahr 1900 erschien das Buch „The Roof-Climbers‘ Guide to Trinity“ von Geoffrey Winthrop Young, das sich bei den Studenten dieses Colleges großer Beliebtheit erfreute. Gern ließen die kletterfreudigen jungen Männer Gegenstände auf den Dächern zurück wie beispielsweise eine Mülltonne auf der Kuppel des New Hall College (das jetzt Murray Edwards College heißt) oder Weihnachtsmannmützen auf den Statuen der King’s College Chapel.
Der absolute Höhepunkt der „Studentenstreiche“ war im Jahr 1958, als, nach wochenlangen Planungen, ein Austin Seven auf das Dach des Senate House gehievt wurde, eine Aktion von Studenten des Caius College, über die selbst die Presse berichtete. Das Fahrzeug musste mit Schweißbrennern zerlegt werden, um es aus der luftigen Höhe wieder zur Erde zurückzuholen.

Beliebt war auch der Senate House Leap, ein Sprung vom Dach der Gonville and Caius Colleges zum gegenüberliegenden Senate House, ein halsbrecherisches Unternehmen, vor allem im Dunklen.

Es erschienen noch weitere Bücher mit Anleitungen zum Besteigen der Colleges von Cambridge, auch ein Roman zum Thema von Ivo StourtonThe Night Climbers“ (Gallery Books 2008).

Wer Spaß an Studentenstreichen in Cambridge hat, dem empfehle ich das Buch „Cambridge Student Pranks – A History of Mischief & Mayhem“ von Jamie Collinson, das ich in meinem Blog am 26. November 2019 vorgestellt habe und in dem auch die Geschichte mit dem Austin Seven ausführlich dargestellt wird.

Übrigens: Bei den „Rivalen“ in Oxford gab und gibt es ebenfalls Night Climbers.

Die St John’s College Chapel bei Nacht…Vielleicht ein interessantes Objekt für Nachtkletterer?
Photo © N Chadwick (cc-by-sa/2.0)

The London LOOP – Auf Schusters Rappen rund um die britische Hauptstadt

Photo: oatsy40.
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Man kann mit dem Auto London umkreisen, wofür sich die Autobahn M25 anbietet, was aber in den meisten Fällen auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens kein Vergnügen ist. Ray Hamilton hat darüber in seinem Buch „M25 – A Circular Tour of the London Orbital“ geschrieben. Oder man macht die Tour in einem Reisebus wie ich es hier beschrieben habe. Oder man geht einfach zu Fuß um London herum, was ein wenig beschwerlicher ist. Iain Sinclair hat das getan, immer nahe entlang der Autobahn, und darüber in seinem Klassiker „London Orbital: A Walk Around the M25“ berichtet (ein Buch, das ich schon zweimal gelesen, aber merkwürdigerweise noch nicht in meinem Blog als Buchtipp vorgestellt habe).

Für diejenigen, die London auch gern einmal zu Fuß umwandern möchten, aber das nicht so individuell wie Iain Sinclair tun wollen, gibt es den London LOOP, einen ausgeschilderten Wanderweg, auf dem man auf 242 Kilometern die Außenbezirke der Stadt kennenlernen kann. LOOP steht für London Outer Orbital Path; der Pfad ist in 24 Sektionen aufgeteilt, so dass man die Strecke gut in zehn Tagen zurücklegen kann, ohne sich Blasen an den Füßen zu holen. Damit man sich auf dem LOOP trotz der Hinweisschilder nicht verläuft, gibt es von Go Jauntly eine App, die man herunterladen kann. Wer aber lieber etwas Gedrucktes in der Hand halten möchte, für den gibt es mehrere Bücher wie zum Beispiel „London LOOP“ von Henry Stedman, der darin viele praktische Tipps gibt, die Sektionen beschreibt und 48 detaillierte Karten zur Verfügung stellt.

Startpunkt des LOOPs ist der Bahnhof von Erith im London Borough of Bexley im Südosten der Stadt, Endpunkt ist wieder ein Bahnhof, die Purfleet Railway Station, schräg gegenüber von Erith auf der anderen Seite der Themse.

Auf diesen Webseiten ist der Rundwanderweg schön übersichtlich zusammengestellt, und wer jetzt Appetit bekommen hat, London einmal zu Fuß zu umrunden, kann in diesem Film eine halbe Stunde lang mitlaufen.

Startpunkt des LOOPs: Erith Railway Station.
Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)

Und das Ziel: Purfleet Railway Station.
Photo: Andrew Bowden
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Published in: on 17. März 2023 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die Cromer Pier Show – Varieté in einem Theater über dem Meer in North Norfolk

Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)

Etwa 50 Piers gibt es noch an den englischen Küsten und von denen haben nur noch fünf am Kopfende ein Theater; früher waren es wesentlich mehr. Über eines dieser Theater und seine Shows möchte ich heute berichten: Die Cromer Pier Show im Pavilion Theatre im Norden der Grafschaft Norfolk.
The Only Full End Of Pier Show In The World“ steht auf der Webseite zu lesen; die anderen Pier Show Theater sind in Blackpool, Great Yarmouth, Weymouth und Worthing zu finden.

Die Pier in Cromer ist 151 Meter lang und das Theater hat 514 Sitzplätze. Schon seit 42 Jahren wird die Pier Show gezeigt, die in der Sommersaison vierzehn Wochen lang zu sehen ist. Rund 50 000 Besucher amüsieren sich so jedes Jahr am Ende der Cromer Pier. Was gibt es in der zweieinhalb stündigen Show zu sehen? Geboten wird ein bunter Mix aus Comedy, Zauberei, Artistik, Gesang und Tanz, angereichert mit vielen Spezialeffekten, viel Glitzer und Darbietungen in extravaganten Kostümen. In diesem Jahr findet die Show vom 1. Juli bis zum 30. September statt. Dieser Film zeigt einige Ausschnitte aus dem Programm des vorigen Jahres.

Vielleicht sind in diesem Jahr einige deutsche Gäste unter den Besuchern, angeregt durch den Dokumentarfilm „Seaside Special“ des deutschen Regisseurs Jens Meurer, der am 19. Januar seinen Kinostart in Deutschland hatte. Die Varietéshow steht im Mittelpunkt dieses Films, der die Problematik des Themas Brexit in dem Küstenort zeigt und wie die Einwohner und die Showmitwirkenden damit umgehen. Cromer war eine Pro-Brexit-Stadt gewesen; die unterschiedlichen Auffassungen dazu haben manchmal große Risse in den Familien und in der ganzen Gesellschaft erzeugt. Jens Meurer porträtiert in seinem Film Menschen der Stadt, die mit einer Entscheidung konfrontiert werden, die ihr Leben verändert, und nicht nur zum Positiven. Würde es heute noch einmal zu einer Abstimmung „Stay or Leave“ kommen, deren Ergebnis im Jahr 2016 nur knapp war (52% pro Brexit), so könnte es angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die deutlich geworden sind, die Mehrheit der Bevölkerung sich anders entscheiden.

Hier ist der Trailer zu „Seaside Special“.

Das Buch zum Artikel:
Martin Gore: The Road to Cromer Pier – A story about the lives and loves of the Cromer Summertime Special Show. nielsen 2019. 322 Seiten. ISBN 978-099551574.

Photo © Jim Osley (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 24. Januar 2023 at 02:00  Comments (1)  

Dingles Fairground Museum bei Lifton in Devon

Photo © Roger A Smith (cc-by-sa/2.0)

Wer einmal Lust auf einen „trip down memory lane“ hat und sich gerade in Devon aufhält, sollte dem Dingles Fairground Museum einen Besuch abstatten, das ganz in der Nähe der Durchgangstrasse A39 bei dem Dörfchen Linton liegt und gut ausgeschildert ist. In zwei riesigen Hallen findet man alles, was auf den Rummelpätzen seit den 1920er bis zu den 1970er Jahren anzutreffen war und viele davon kann man ausprobieren.

Ursprünglich hieß die Anlage Dingles Steam Village, wurde dann ständig erweitert und in Dingles Fairground Heritage umbenannt, im vorigen Jahr folgte dann der neue Name Dingles Fairground Museum, gemanagt vom Fairground Heritage Trust.

Auf welche Freuden kann man sich hier einstellen? Da gibt es einmal den Klassiker jeden Rummelplatzes, das Dodgem, in Deutschland meist Autoscooter genannt, bei dem man sich in knallbunten Elektrogefährten gegenseitig wegschubsen oder jagen kann. Dann ist da natürlich die Geisterbahn, der Ghost Train, bei der man im Stockdunklen unheimlichen Wesen begegnet. Die Bahn hier stammt aus dem Jahr 1947. Der Chariot Racer Ark war in den 1930er Jahren sehr beliebt; auf Motorrädern oder Tieren konnte/kann man auf diesem Karussell seine Runden drehen. Ebenfalls aus den 1930er Jahren stammt die Moon Rocket, etwas großspurig „Supersonic Sensation“ tituliert. Für kleinere Kinder stehen die gemütlichen Happy Caterpillar und Toy Town Merry Go Round bereit, während sich die Älteren an Schießbuden und dem immer wieder beliebten Spiegelkabinett, hier The Crazy Mirrors genannt, verlustieren können.

Darüber hinaus stehen in den Hallen alte Lastwagen, mit denen früher die Karussells durch die Lande transportiert wurden, Wohnwagen der Schausteller, es gibt eine Spielarkade und und und. „Fun for all the family“ mit entsprechender Lautstärke und fröhlichem Kindergeschrei. Der ideale Schauplatz für verregnete Tage.

Dieser Film zeigt einen Besuch in dem Vergnügungspark.

Photo: jthornett.
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Photo: jthornett.
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Published in: on 21. Januar 2023 at 02:00  Comments (2)  

The Kursaal – Ein prächtiges, leider leer stehendes Gebäude mit einer glorreichen Vergangenheit in Southend-on-Sea (Essex)

Photo © Marathon (cc-by-sa/2.0)

1973 hatte eine englische Band einen kleinen Charterfolg mit dem Song „Little Does She Know„, der Name der Band: The Kursaal Flyers aus dem Badeort Southend-on-Sea in der Grafschaft Essex. Ein merkwürdiger Name für eine Band? Er bezieht sich auf eines der herausragendsten Gebäude der Stadt, dem Kursaal, der viele Jahre lang ein Anziehungspunkt für Touristen aus ganz Großbritannien war, neben der längsten Pier der Welt, die Southend auch zu bieten hatte und noch hat (siehe dazu meinen Blogeintrag).

Kursaal ist eines der Wörter aus der deutschen Sprache, die in die englische Einzug gehalten hat, und man findet den Begriff hin und wieder in englischen Kurorten. Der Kursaal in Southend war Teil eines der weltweit ersten, speziell für diesen Zweck errichteten Vergnügungsparks zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Was gab es hier nicht alles zu sehen: Weibliche Löwendompteure, Windhundrennen, ein Zoo mit Bären und Tigern, eine Schlittschuhbahn, eine Miniatureisenbahn, eine Wall of Death, eine Steilwand für Motorrad- und Autokunststücke, Wasserrutschen, eine Geisterbahn und eine besonders bei Männern beliebte Attraktion „Knock the Lady out of bed“ (über einem Bett befand sich eine Zielscheibe, und wenn man dort ins Schwarze traf, kippte das Bett mitsamt der darin liegenden, bikinigekleideten Dame um, die anschließend ein Tänzchen aufführte).

Im Ballroom des Kursaals traten berühmte Bands auf wie AC/DC, Queen und Deep Purple. Es war also jahrzehntelang mächtig was los im und am Kursaal. Doch dann ging es bergab: 1973 wurde der Vergnügungspark geschlossen und auf dem Gelände Wohnhäuser gebaut, der Ballroom machte dicht. Ende der 1990er Jahre versuchte man, dem Kursaal neues Leben einzuhauchen, indem nach Renovierungsarbeiten dort ein Casino, eine Bowlingbahn und ein McDonald’s eingerichtet wurden, doch letztendlich brachte das alles nichts, die glorreichen Zeiten des Kursaals und seiner Attraktionen waren ein für allemal vorüber. Das McDonald’s schloss seine Pforten, ebenso vor drei Jahren die Bowlingbahn und vor zwei Jahren das Casino. Was ist jetzt noch in dem Gebäude zu finden? Eine Filiale der Supermarktkette Tesco, ein Tesco Express. Wie traurig!

Es war einmal…Der Kursaal und seine Attraktionen im Jahr 1964.
Photo © Clint Mann (cc-by-sa/2.0)

HAPPY NEW YEAR 2023

Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)

Der Jahreswechsel steht an, und bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei allen meinen Followerinnen und Followern in Deutschland und weltweit für ihre Treue bedanken!! Manche von ihnen begleiten mich auf den Wegen kreuz und quer durch England schon seit vielen Jahren und darüber freue ich mich immer wieder sehr. Ich wünsche allen ein gutes neues Jahr!

Die Bilder in meinem letzten Blogeintrag des Jahres 2022 zeigen das Riesenrad London Eye am Ufer der Themse am Silvesterabend, illuminiert und mit Feuerwerk.

Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)

Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)

Photo © Chris Downer (cc-by-sa/2.0)

Photo © Chris Downer (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 31. Dezember 2022 at 02:00  Comments (11)  

Die weihnachtliche Lichtershow in Cowdray Park in West Sussex

Wo sich sonst die Gemeinde der britischen Polospieler und deren Fans treffen, in Cowdray Park in West Sussex (siehe dazu meinen Blogeintrag), findet dieses Jahr seit dem 1. Dezember wieder eine großartige weihnachtliche Lichtershow statt. Man liebt in England die vorweihnachtlichen Illuminationen sehr, ob in den Städten oder auf dem Land, wo sich die großen Herrenhäuser gern mit tausenden von Lichtern schmücken.

Die kleine, erst vor zwei Jahren gegründete Firma Light Up Trails hat in diesem Jahr in Cowdray Park ein Winterwunderland geschaffen, das die romantischen Ruinen von Cowdray House mit einbezieht. Der illuminierte Spazierweg führt 1,5 Kilometer durch das Parkgelände, auf dem für die Besucher etliche Überraschungen warten. Man begegnet Father Christmas und seinen Rentieren, neben den Ruinen ist Santa’s Grotto aufgebaut, und sowohl am Eingang als auch am Wegesrand kann man sich mit winterlichen Getränken und Naschereien stärken. Das Motto der diesjährigen Lichtershow heißt „Peace and Tranquility„, also „Friede und Stille“. Die Lichtkünstler haben, wie schon im vorigen Jahr, ganze Arbeit geleistet und Millionen von LED-Lämpchen installiert, die den Park in ein magisches Licht tauchen.
Der Eintritt ist nicht ganz billig, er kostet £20 für einen Erwachsen und £12 pro Kind. Die Veranstaltung ist noch bis zum 31. Dezember zu sehen.

Parallel zu der Lightshow in Cowdray Park hat die Firma Light Up Trails in diesem Jahr eine weitere Attraktion geschaffen, in dem Arboretum Sir Harold Hillier Gardens in Ampfield in Hampshire.

Published in: on 22. Dezember 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Norfolk Wherries – Ehemalige Frachtsegler auf dem Seengebiet der Norfolk Broads

The Albion. Photo © Evelyn Simak (cc-by-sa/2.0)

Die Norfolk Broads im Osten Englands sind ein Seengebiet, das besonders bei Freizeitkapitänen sehr beliebt ist. Hier schippern alle möglichen Boote herum, die an vielen Orten gemietet werden können, zum Beispiel bei Norfolk Broads Direct in Wroxham, einer Firma, die schnittige Motorboote im Angebot hat.
Hin und wieder trifft man auf ein eigenartig geformtes Segelschiff, ein sogenanntes Norfolk Wherry, das in früheren Jahrhunderten zur Beförderung von Passagieren und Lasten genutzt wurde. Die Wherries hatten einen geringen Tiefgang, und die Besatzung bestand meistens aus ein bis zwei Personen. Bis zu dreißig Tonnen konnten die Boote bewältigen, die meist über schwarze Segel verfügten. In den 1940er Jahren ging es den Wherries an den Kragen, denn die Fracht wurde lieber auf der Schiene und der Straße transportiert.

Acht dieser Boote sind heute noch übrig geblieben, von denen die Hälfte im Besitz des Wherry Yacht Charter Charitable Trusts ist, dem Norfolk Wherry Trust gehört eines, der Rest ist in Privatbesitz. Da ist zum Beispiel die Albion, die älteste aller Wherries, die im Oktober 1898 vom Stapel lief oder die Solace, die fünf Jahre jünger ist.

Abbildungen von Wherries findet man unter anderem auf Grabsteinen wie dem von Joseph Bexfield auf dem Friedhof von All Saints‘ in Thurlton in Norfolk oder auf Village Signs, zum Beispiel von Salhouse und Rockland St Mary, beide ebenfalls in Norfolk. Auch auf Pubschildern sind die Norfolkboote zu finden wie dem vom The Wherry Inn in Geldeston.

Dieser Film zeigt eine Wherry in den Norfolk Broads.

The Solace. Photo © David Dixon (cc-by-sa/2.0)

Eine Wherry auf Joseph Bexfields Grab in Thurlton in Norfolk.
Photo © Evelyn Simak (cc-by-sa/2.0)

Photo © Adrian S Pye (cc-by-sa/2.0)

Photo © Adrian S Pye (cc-by-sa/2.0)

The Wherry Inn in Geldeston (Norfolk).
Photo © Keith Evans (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 12. November 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Oxnead Hall in Norfolk – Vom ehemaligen Wohnsitz der Paston Familie zu einem sehr lauten Veranstaltungsort für Hochzeiten

Photo © Glen Denny (cc-by-sa/2.0)

Selbst deutsche Zeitungen berichteten vor einigen Tagen über Oxnead Hall in Norfolk, über ein historisches Haus, das Ende des 16. Jahrhunderts erbaut worden ist und das einmal von 1597 bis 1732 der Wohnsitz der Paston Familie war. Die Korrespondenz dieser Familie, bekannt als die Paston Letters, dient bis heute vielen Historikern als Quellenmaterial für Forschungen über das Leben in England zur Zeit der Rosenkriege und des frühen Tudorzeitalters.
Von der ursprünglichen Oxnead Hall ist nicht mehr allzu viel übergeblieben, dafür erfuhr das Gebäude einige Anbauten und heute ist die Hall ein außerordentlich beliebter Veranstaltungsort für Hochzeiten. „A terrestrial paradise“ steht auf der Webseite der Hall zu lesen, und ein Paradies für Braut, Bräutigam und Hochzeitsgäste an diesem ganz besonderen Tag muss es wohl auch sein, immerhin darf das Brautpaar, beziehungsweise deren Eltern, einen fünfstelligen Betrag hinblättern, wenn sie Oxnead Hall nutzen wollen.

Was für die einen das Paradies ist, ist für andere die Hölle. Waren es anfangs nur einige wenige Hochzeitsfeiern, die hier stattfanden, sind es jetzt so viele geworden, dass die Bewohner von Oxnead auf die Barrikaden gehen und sich zu wehren versuchen, denn an den Feiern nehmen bis zu 200 Personen teil, und da ist ein hoher Lärmpegel vorprogrammiert. Die Parties gehen bis in die tiefe Nacht, laute Musik ergießt sich über die Anwohner, die nicht mehr schlafen können, Gäste urinieren in die Gärten und der Motorenlärm der an- und abreisenden Autos nervt die Menschen im Ort tierisch. Protestaktionen wurden ins Leben gerufen und Plakate aufgehängt; „Brides and grooms are not welcome in Oxnead“ und „No more weddings. We’ve had enough“ steht auf ihnen zu lesen. Die Betreiber der „wedding venue“ tun ihr möglichstes, um den Lärm einzudämmen, doch das ist bei alkoholisierten und feierlustigen Hochzeitsgästen nicht so einfach. Über 100 Hochzeitsfeiern soll es in diesem Jahr schon gegeben haben (hier ist ein Film über eine von ihnen) und da kann man den Frust der Dorfbewohner durchaus verstehen. Bleibt abzuwarten, ob es eine Lösung für diese komplizierte Sachlage in diesem an und für sich ruhigen Teil von Norfolk gibt.

Die Einfahrt zur Hall.
Photo © Glen Denny (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 2. November 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Die Piratenstädte Hastings (East Sussex) und Penzance (Cornwall) – Ein Wettstreit um einen Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde

Hastings Pirate Day.
Photo © Oast House Archive (cc-by-sa/2.0)

Seit dem Jahr 2009 gibt es in der Stadt Hastings (East Sussex) an der englischen Südküste einen Pirate Day (zuletzt im Juli 2022), an dem es in den Straßen von Piraten nur so wimmelt. Da gibt es eine Parade am Meer entlang, einen „pirates fancy dress competition“, man kann Pirates Burger essen, und die Pubs der Stadt steigen voll in das Geschehen mit ein, indem Bands dort aufspielen. Hier sind einige filmische Impressionen vom diesjährigen Pirates Day. Seit zehn Jahren ist Hastings jetzt schon die „Pirate Capital of the World„.

Machen wir einen Schwenk an die äußerste Südwestspitze Englands, nach Penzance in Cornwall. Auch diese Stadt wird mit Piraten in Verbindung gebracht, durch die Oper „The Pirates of Penzance“ von Arthur Sullivan und Sir William Schwenck Gilbert, am 30. Dezember 1879 uraufgeführt, nicht in Penzance sondern in Paignton in Devon. 1983 wurde das Bühnenstück auch verfilmt mit Kevin Kline und der vor wenigen Tagen verstorbenen Angela Lansbury in den Hauptrollen.

Zwischen Hastings und Penzance besteht seit Jahren ein erbitterter Wettstreit um den Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde: Wer schafft es, zu einem bestimmten Zeitpunkt die meisten als Piraten verkleidete Menschen zusammenzubringen? Klingt ganz nach Thomas Gottschalks „Wetten dass…?“

Im Jahr 2011 gelang es der Stadt in Cornwall mit 8,734 „pirates“ in das Book of Records zu gelangen, was aber Hastings zwei Jahre später zunichte machte, indem sie mit einem Kraftakt 14 231 verkleidete Piraten versammeln konnte. Diese Demütigung wollte Penzance auf gar keinen Fall hinnehmen und startete 2014 einen neuen Versuch, Hastings zu übertrumpfen. Fast wäre es der kornischen Stadt auch gelungen, aber es fehlten 77 Piraten. Es hieß, dass einige von ihnen sich in den Pubs „festgetrunken“ und entweder keine Lust mehr hatten, sich der Zählung anzuschließen oder dazu gar nicht mehr in der Lage waren. Das gleiche wiederholte sich im Jahr 2017, auch da gelang es Penzance nicht, bei seinem Pirates on the Prom-Festival, den Rekord zu brechen und wieder könnten es die „Pubpiraten“ gewesen sein, die sich von ihren Pints nicht rechtzeitig trennen konnten, um an dem Rekordversuch teilzunehmen. In Hastings hat man sicher über den zweiten Misserfolg in der über 500 Kilometer entfernten Stadt gejubelt.

Penzance in Cornwall, die Stadt, die nicht mehr im Guinness Buch der Rekorde steht.
Photo © Chris Downer (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 17. Oktober 2022 at 02:00  Comments (3)  

Old Canterbury (Kent) Teil 3: Die Escape Rooms in den Westgate Towers

Schauplatz der Escape Room Games: Die Westgate Towers.
Photo © Helmut Zozmann (cc-by-sa/2.0)

Escape Rooms sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Kaum eine größere Stadt, die dieses Freizeitvergnügen nicht anbietet. Auch in Canterbury gibt es mehrere Escape Rooms, darunter einige in den Westgate Towers, das mit 18 Metern Höhe das größte Torhaus Englands und das letzte der ehemals sieben Torhäuser in der Stadtmauer von Canterbury ist. Was für ein idealer Platz für Escape Rooms! Das im 14. Jahrhundert erbaute Gebäude, das eine Zeit lang als Gefängnis diente, bietet eine gruselige Atmosphäre, was den Reiz des Spiels noch verstärkt.

Im Escape In The Towers stehen drei Räume zur Verfügung, in denen die Spieler Rätsel lösen müssen, um ihnen wieder zu entfliehen: The Crime&Punishment Lab, The Comms Room und Magna Carta Murder.

The Crime & Punishment Lab ist in einer ehemaligen Gefängniszelle untergebracht, wo die Spieler mit dem Labor des mysteriösen Dr Wellington konfrontiert werden, der hier seine Experimente durchführte und spurlos verschwand.

Im The Comms Room-WW2 The Blitz Experience müssen die Aufgaben eines kürzlich verstorbenen Luftschutzwarts im Zweiten Weltkrieg übernommen und Canterbury vor Luftangriffen geschützt werden. Verrat und Sabotage machen den Spielern diese Aufgabe noch schwerer.

In Magna Carta Murder geht es um den Raub eines der seltenen Manuskripte, die dem Westgate Towers Museum geliehen worden sind. Dieses Escape Room Game findet auch oben auf den Türmen und im Museum selbst statt.

Zwei bis fünf Teilnehmer sind jeweils möglich; man muss die Termine online buchen, das Escape in the Towers ist täglich geöffnet. Die Preise für das Vergnügen liegen, je nach Teilnehmerzahl, zwischen £21 und £31 pro Person.

Escape in the Towers
1 Pound Lane
Canterbury, Kent, CT1 2BZ

P.S. Falls jemand mit dem Begriff Escape Rooms nichts anzufangen weiß, hier ist die Definition in der Wikipedia: „Kleine Personengruppen werden … gemeinsam in einem Raum oder eine kleine Anzahl Räume eingesperrt und müssen ihr Gefängnis innerhalb einer vorgegebenen Zeit (zumeist 60 Minuten) mit Hilfe der darin versteckten Hinweise und Gegenstände wieder verlassen“.

Published in: on 16. Oktober 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

London Duck Tours – Stadtrundfahrten einmal anders

Photo © Peter Trimming (cc-by-sa/2.0)

In der Chicheley Street in London, gleich hinter dem London Eye, stehen merkwürdige Gefährte, die auf Kundschaft warten. Sie sind gelb, sehen aus wie kleine Busse, können aber wesentlich mehr als nur auf Straßen herumzufahren: Diese Fahrzeuge können auch problemlos auf der Themse schwimmen.

Die Duck Tours bieten eine andere Art an, London kennenzulernen. Die Amphibienfahrzeuge, die im 2. Weltkrieg entwickelt und bei der Invasion der normannischen Küste 1944 eingesetzt wurden, sind seit 2003 im Londoner Straßenbild zu finden. Vorbild waren die Boston Duck Tours, die in der nordostamerikanischen Stadt schon länger bei Touristen sehr beliebt sind.
10 „Ducks“ sind momentan im Einsatz, die auch Spezialtouren durchführen wie die James Bond Tour, die Treasure Hunt Tour und die D-Day Tour.

Woher kommt nun der Name „Duck Tours“? Im 2. Weltkrieg hatten die Amphibienfahrzeuge den Codenamen DUKW, aus dem man kurzerhand Duck, die Ente,  machte. Wer es genau wissen möchte, was DUKW bedeutete:

D = First year of production code „D“ is for 1942
U = Body style „U“ utility truck (amphibious)
K = Front wheel drive
W = Two rear driving wheels (tandem axle).

Im Augenblick sind die Ducks gestrandet, weil die Zufahrtsrampe zur Themse gesperrt ist. Dort wird zur Zeit der Thames Tideway Tunnel gebaut, ein riesiger 25 Kilometer langer Abwasserkanal.

Hier ist ein Film über die Duck Tours. Siehe auch meinen Blogeintrag über die Windsor Duck Tours.

In Hamburg gibt es auch so etwas, den Hafencity Riverbus, den ich aus eigener Erfahrung sehr empfehlen kann.

Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)
Published in: on 23. September 2022 at 02:00  Kommentar verfassen  

Sir Joseph Nickerson und Frederick Robinson, 2nd Marquess of Ripon – Zwei Männer, die Rekorde im Abschießen von Wildvögeln aufstellten

Photo © Des Colhoun (cc-by-sa/2.0)

Sir Joseph Nickerson (1914-1990) war ein erfolgreicher Farmer und Geschäftsmann, der viele Sorten Saatgut nach Großbritannien importierte und damit wohlhabend wurde. Frederick Oliver Robinson, 2nd Marquess of Ripon (1852-1923) war ein Politiker, der im Parlament den Wahlbezirk Ripon in North Yorkshire vertrat und eng mit König Edward VII. befreundet war.
Beide hatten eine Leidenschaft: Das Abschießen von Wildvögeln. Ob Rebhühner oder Fasane, es konnten gar nicht genug sein; sie schossen die Vögel nicht ab, um sie dem menschlichen Genuss zuzuführen, sie betrieben diesen sogenannten „Sport“ nur zum Amüsement und um sich damit zu brüsten, wie viele Tiere sie erlegt haben.

Nickerson versuchte immer wieder die von dem Marquess aufgestellten Rekorde zu brechen. Sir Joseph war stolz darauf, in seinem Leben 188 172 Wildvögel abgeschossen zu haben, was durchschnittlich 7841 pro Jahr entsprach. Er stellte auch einen Rekord auf; niemand vor ihm hatte an einem Tag so viele Rebhühner getötet wie er, nämlich 1059. Da kann man doch wirklich stolz darauf sein! Nickerson schrieb ein Buch über seine Leidenschaft: „A Shooting Man’s Creed„, das so etwas wie die Bibel für Jäger von Wildvögeln ist und in dem er von der grenzenlosen Freude spricht, die ihm das Töten von Vögeln bereitet hat.

Der Marquess of Ripon soll in seinem Leben 556 000 Vögel geschossen haben, wovon 241 000 Fasane waren. Bei einer Jagd auf dem Gelände von Sandringham behauptete er, in weniger als einer Minute 28 Fasane getötet zu haben (was in diesem Film nachgestellt wird, aber glücklicherweise ohne Fasane). Der Mann war regelrecht besessen davon, alles abzuschießen, was ihm vor die Flinte kam, auch vor Singvögeln machte er kein Halt. Und wenn da zufällig ein friedlich grasendes Schaf herumstand…Bäng!

Leider sind diese beiden Männer keine Ausnahme; auch heute noch wird auf dem Privatgelände vieler Großgrundbesitzer in der Jagdsaison wild herumgeballert und alles vom Himmel geholt, was Flügel hat.

Published in: on 7. September 2022 at 02:00  Comments (1)  

Die Geevor Tin Mine – Ein Touristenziel bei Pendeen in Cornwall

Photo © Jonathan Wilkins (cc-by-sa/2.0)

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts deckte Cornwall mehr als die Hälfte des Weltbedarfs an Zinn. Der Bergbau war ein wichtiger Wirtschaftszweig im äußersten Südwesten Englands, doch am Ende des 20. Jahrhunderts waren die Minen weitgehend erschöpft. 1998 wurde die letzte Zinnmine geschlossen. Die Bergbaulandschaft von Cornwall nahm man 2006 in die Liste des UNESCO-Welterbes auf und in vielen Teilen des Landes sind die Ruinen und Überreste der einst florierenden Bergwerke noch zu sehen.

Die Geevor Tin Mine, nördlich von St Just bei Pendeen gelegen, wurde 1990 geschlossen und, nachdem die Pumpen abgestellt waren, wurden die Stollen geflutet. Heute erfreut sich die alte Zinnmine vieler Besucher, denn man hat sie als Touristenattraktion umgebaut, die allen Interessierten einen Einblick in die Arbeitsweise des früheren Bergwerks gibt. Neben dem Minenmuseum ist sicher der Höhepunkt eines Besuches eine geführte Tour durch den noch übriggebliebenen, zugänglichen Stollen Wheal Mexico.

Die Geevor Tin Mine ist ganzjährig von Sonntag bis Freitag von 10 Uhr bis 16 Uhr geöffnet und kostet £17.70 Eintritt für einen Erwachsenen.

Hier ist ein Film über die Geevor Tin Mine zu sehen.

Geevor Tin Mine
Pendeen
Penzance
Cornwall
TR19 7EW

Das Buch zum Artikel:
Denys Bradford Barton: A History of Tin Mining and Smelting in Cornwall . D.B.Barton 1967. 302 Seiten. ISBN 978-0851530369 (nur noch antiquarisch erhältlich).

Photo: CharNewcomb.
Creative Commons 2.0
Photo: Ian A Gratton.
Creative Commons 2.0
Published in: on 23. August 2022 at 02:00  Comments (4)