Foto meines Exemplares.
Sir Jimmy Savile (1926-2011) war in Großbritannien eine Legende und das über viele Jahrzehnte hinweg. Man verehrte den Exzentriker, der als DJ und als Fernsehmoderator Karriere gemacht hatte. Er arbeitete bei Radio Luxembourg, moderierte für die BBC die Sendung „Top of the Pops“ und wurde mit der TV-Sendung „Jim’ll fix it“ Quotenkönig im englischen Fernsehen. Jimmy Savile war, was seine Popularität angeht, so etwas wie Thomas Gottschalk hoch zwei. Er setzte sich für wohltätige Zwecke ein, sammelte Millionen für das Krankenhaus in Stoke Mandeville (wie ich vorgestern in meinem Blog schrieb) und auch für die psychiatrische Hochsicherheits-Klinik Broadmoor bei Crowthorne in Berkshire setzte er sich ein, so dass er dort ein und aus gehen konnte.
Aber: Jimmy Savile hatte auch eine dunkle Seite, die er jahrzehntelang verbergen konnte und darüber schreibt John McShane in seinem Buch “ Savile The Beast – The Inside Story of the Greatest Scandal in TV History„. Kurz nachdem Savile am 29. Oktober 2011 in seinem Penthouse in Leeds gestorben war, traten Frauen an die Öffentlichkeit und berichteten darüber wie sie von dem DJ sexuell belästigt worden waren. Es wurden immer mehr Frauen, und die eingeschalteten Polizeibehörden konnten es kaum glauben, dass ein Mann, der den größten Teil seines Lebens im Rampenlicht verbracht hatte, über Jahrzehnte hinweg speziell sehr junge Mädchen sexuell belästigte und vergewaltigte. Diese Taten spielten sich überall ab, zum Beispiel im Gebäude der BBC, in den beiden genannten Krankenhäusern und in Schulen. Auch vor laufender Kamera schreckte er nicht davor zurück, junge Mädchen zu begrapschen wie dieser Film zeigt.
Nach einer intensiven polizeilichen Untersuchung kamen die Behörden zu dem Ergebnis, dass er sich mindestens an 450 Mädchen und jungen Frauen vergangen hatte, die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. Ein Fünftel der Opfer waren Jungen, darunter Kinder unter zehn Jahren. In der britischen Kriminalgeschichte hatte es bis dahin keinen Fall gegeben, in dem ein Mann derart viele Minderjährige sexuell missbraucht hatte.
Natürlich fragt man sich, warum keines der Opfer sich an die Eltern, die Lehrer oder an die Polizei gewendet hatte. Einige hatten es getan, aber entweder glaubte man ihnen nicht, schließlich war Jimmy Savile eine Berühmtheit, der ständig karitativ unterwegs war, oder die Kinder hatten einfach Angst vor ihm. Außerdem wollte man nicht die Spendensammlungen gefährden, die durch den DJ ins Haus kamen.
Bei der BBC soll es ein offenes Geheimnis gewesen sein, dass ihr berühmter DJ und TV-Moderator eine Schwäche für sehr junge Mädchen gehabt hatte, aber man bewahrte Stillschweigen. „It’s just Jimmy“ hieß es immer wieder verharmlosend.
Jimmy Savile wurde schon früh zum Officer of the Order of the British Empire ernannt und zum Ritter geschlagen, war Ehrendoktor der Universitäten von Leeds und von Bedfordshire. Zu Margaret Thatcher hatte er ein inniges Verhältnis und auch mit Prince Charles und Lady Diana stand er auf vertrautem Fuß.
1974 erschien Jimmy Saviles Autobiografie „As it Happens„, und mehrere TV-Dokumentationen wurden über ihn erstellt wie zum Beispiel diese.
John McShanes Untersuchung ist schockierend, und es ist kaum zu glauben, dass es heute im 20. und 21. Jahrhundert noch einen Fall Jekyll und Hyde geben kann, der jahrzehntelang unentdeckt blieb.
John McShane: Savile The Beast – The Inside Story of the Greatest Scandal in TV History. John Blake 2013. 251 Seiten. ISBN 978-1-78219-359-3.