Vielleicht stammt meine Liebe zu England zum Teil von ihm ab: Victor Gunn, einer der klassischen englischen Krimiautoren, leider heute in Vergessenheit geraten. Als Jugendlicher habe ich seine Bücher verschlungen, fand man darin doch alle Zutaten eines typisch englischen Dorfkrimis.
Einen Mann namens Victor Gunn gab es eigentlich gar nicht, denn es handelt sich hier um eines der Pseudonyme des Edwy Searles Brooks, der am 11. November 1889 in Hackney, im Süden Londons zur Welt kam. Brooks oder Gunn oder Robert W. Comrade, Berkeley Gray, Carlton Ross oder Rex Madison, alles weitere Pseudonyme, war ein sehr produktiver Autor, der über 1000 Romane und Erzählungen geschrieben haben soll.
Der Münchener Goldmann-Verlag veröffentlichte die Victor-Gunn-Romane in den 1950er und 1960erJahren, die sich damals auch sehr gut verkauften. Später wurden einige Krimis noch einmal aufgelegt und das war’s dann. Heute ist in Deutschland keines von Victor Gunns Büchern mehr lieferbar, aber dank der zahlreichen Online-Antiquariate kann man die meisten noch kaufen. Auch in England sind die Bücher vom Markt verschwunden, werden aber zum Teil zu horrenden Preisen antiquarisch angeboten.
Die beiden Hauptpersonen der Gunn-Romane waren Chefinspektor Bill Cromwell, auch „Ironsides“ genannt, und sein Assistent und Sportwagen-Fan, Sergeant Johnny Lister, beide von Scotland Yard, die oft von ihrem Londoner Hauptquartier abberufen wurden, um draußen im Lande die örtliche Polizei zu unterstützen, die mit der Lösung der Mordfälle überfordert war.
43 Folgen der Krimiserie gab es, die mit dem Tod des Autors am 2. Dezember 1965 endete. Die erste Folge „Footsteps of Death“ (dt. „Schritte des Todes“) erschien 1939, die letzte Folge „The Petticoat Lane Murders“ (dt. „Schrei vor der Tür“) im Jahr 1965.
Edwy Searles Brooks bzw. Victor Gunn liebte Autos; er fuhr über 50 Jahre unfallfrei und kannte sich mit Motoren und Elektrik der Fahrzeuge bestens aus. Oft finden sich in seinen Romanen liebevolle Beschreibungen von Autos, speziell von luxuriösen und schnellen Exemplaren.
Es ist schade, dass die Werke eines Mannes, der immerhin über 40 Millionen Wörter geschrieben hat (grob geschätzt), heute so ganz in Vergessenheit geraten sind. Spaß macht die Lektüre seiner „Ironsides“-Romane auch heute noch.