Dunwich – Die vom Meer verschlungene Stadt an der Küste Suffolks

Die Klippen von Dunwich.
Photo: Angus Wilson.
Creative Commons 2.0

Wir wohnten im „The Bull Hotel“ (s. dazu auch meinen Blogeintrag) in Long Melford (Suffolk) und machten von dort aus Fahrten an die Küste; so kamen wir auch nach Dunwich, das zwischen Aldeburgh und Southwold liegt. Eine Stichstraße führt von der A12 zu dem Küstenort, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist.

Im frühen Mittelalter herrschte hier ein reges Treiben. Dunwich war einer der größten Seehäfen des Landes und das Geschäft brummte. Dann kam der 1. Januar 1286: Ein gewaltiger Sturm brauste heran und spülte einen großen Teil der Stadt ins Meer. Im Jahr darauf wurde das bereits stark dezimierte Dunwich von zwei weiteren Stürmen heimgesucht, die verheerende Auswirkungen hatten. Nachdem einige Jahrzehnte später Dunwich von zwei weiteren Stürmen getroffen wurde, war das das Aus für den Ort. Die zahlreichen Kirchen stürzten reihenweise ins Meer, der Hafen war nicht mehr nutzbar, die Geschäftswelt war nicht mehr vorhanden, viele Menschen verloren ihr Leben.
Auch in den folgenden Jahrhunderten musste der einst blühende Ort Tribut ans Meer zollen, denn auch von den verbliebenen Gebäuden sackten immer wieder welche von den Klippen ab.

Heute gibt es den Ort Dunwich zwar noch, aber er besteht nur noch aus einer Handvoll Häusern, der Kirche St James, einem Pub, The Ship, und dem kleinen Dunwich Museum, das über die Geschichte der verschwundenen Stadt informiert.

Wir saßen vor den Flora Tea Rooms am Strand und schauten auf das Meer hinaus; eine merkwürdige Atmosphäre hatte sich an dem trüben Novembertag breit gemacht. Der deutsche Schriftsteller Winfried Georg Sebald, der in Norfolk lebte und dort 2001 bei einem Autounfall ums Leben kam, beschreibt diese Atmosphäre sehr eindringlich in seinem Buch „Die Ringe des Saturn“ (Eichborn-Verlag 1995).

M.R. James, Autor von gruseligen Kurzgeschichten, der häufig in Dunwich weilte, ließ sich von der Stimmung des Ortes inspirieren, und so vermutete man, dass seine berühmte Geschichte „Oh, whistle, and I’ll come to you, my lad“ (siehe dazu auch meinen Blogeintrag) hier angesiedelt war. Im Vorwort zu dem Buch „The Penguin complete ghost stories of M.R. James“ schreibt er aber selbst, dass Felixstowe (Suffolk) dafür Pate gestanden hat.

Jean und Stuart Bacon sind zahllose Male vor der Küste von Dunwich hinabgetaucht und haben dort die Überreste der versunkenen Kirchen gefunden, deren Glocken noch heute, so sagt es die Legende, bei bestimmten Wetterlagen zu hören sein sollen. Ein Zeichen für die Fischer, nicht aufs Meer hinauszufahren, denn das Läuten der Glocken warnt vor einem heraufziehenden Sturm.

Den Glocken von Dunwich hat die Folk-Rock Gruppe Stone Angel, die aus East Anglia kommt, einen Song gewidmet: „The Bells of Dunwich„.

Hier ist ein Film über die „Ghosts of Dunwich“.

Das Buch zum Artikel:
Jean and Stuart Bacon: The search for Dunwich – City under the sea. Segment 1979. 96 Seiten. ISBN 978-0906952016.

The Ship in Dunwich.
Photo © Colin Park (cc-by-sa/2.0)

Das Museum von Dunwich.
Photo © Paul Shreeve (cc-by-sa/2.0)

Die Flora Tea Rooms.
Photo © Geographer (cc-by-sa/2.0)

Die letzte verbliebene Kirche: St James.
Photo © Evelyn Simak (cc-by-sa/2.0)

Published in: on 28. März 2024 at 02:00  Kommentar verfassen