Skegness, Blackpool und Clacton-on-Sea – Über den Niedergang der englischen Seebäder

Der Jolly Fisherman in Skegness erinnert an bessere Zeiten.    © Copyright Steve Daniels and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

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Vielen englischen Seebädern geht es nicht gut. Die Gästezahlen schrumpfen seit Jahren, als Folge haben die Leerstände zugenommen, kleine Läden, Pubs, Pensionen und Hotels sind mit Brettern zugenagelt, was die Attraktivität der Orte nicht gerade erhöht. Die Folge: Es kommen noch weniger Gäste; es ist schwer, diese Abwärtsspirale aufzuhalten. Im letzten Jahr veröffentlichte das Centre for Social Justice eine Studie mit dem Titel „Turning the Tide„, in der man versuchte herauszubekommen, welche Ursachen für den Niedergang der Seebäder verantwortlich sind. Da sind die Billigflieger, die die britischen Urlauber für ein paar Pfund Sterling an die südeuropäischen Strände bringen, wo das Wetter beinahe garantiert besser ist als in Skegness oder in Cleethorpes. Früher brachten die aufkommenden Eisenbahnen einen Boom der „seaside areas“, jetzt ist es ein anderes Transportmittel, die Flugzeuge von Easyjet oder Ryanair, die die Urlauber aus den heimatlichen Seebädern fernhalten. Britische Pubs mit britischem Bier gibt es an den Stränden Mallorcas oder anderswo sowieso in Hülle und Fülle, also warum an die kühle Ost- oder Westküste fahren; das Schwimmen ist hier auch kein besonderes Vergnügen. Also gehen viele auf Nummer sicher und buchen einen Auslandsurlaub. Auch die in England so beliebten Hen- und Stagparties, die vorzugsweise an der See „zelebriert“ wurden, finden jetzt eher in den baltischen Staaten oder in Prag statt, wo man mit attraktiven Angeboten lockt.

Der Immobilienmarkt geht in den betroffenen Regionen natürlich auch den Bach herunter; die leerstehenden Häuser sind kaum mehr an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Dafür ist in in den letzten Jahren eine neue Entwicklung eingetreten: Die ehemaligen Pensionen und kleinen Hotels werden für die Unterbringung von bedürftigen Familien verwendet, die in London oder anderen Großstädten von den Sozialämtern auf Grund der Entwicklung der Grundstückspreise und Mieten nicht mehr versorgt werden können. Man spricht von vielen Seebädern schon als „dumping ground for the poor“ und wo schon einmal arme Menschen wohnen, kommen noch mehr arme Menschen hin. Die Nebenwirkungen sind Alkoholismus, Drogenkonsum und Teenager-Schwangerschaften. In der „Turning the Tide“-Studie fand man heraus, dass z.B. 41% der Bevölkerung von Clacton-on-Sea in Essex keinerlei Ausbildungsabschluss und dass Blackpool die höchste Quote an Heimkindern von ganz England hat.

Das Office for National Statistics hat ein Negativ-Ranking veröffentlicht, in dem die Seebäder aufgelistet sind, denen es am schlechtesten geht. Da steht auf Platz 1 Skegness in Lincolnshire, dessen berühmtes Maskottchen „The Jolly Fisherman“ einst für hohe Gästezahlen sorgte (ich berichtete in meinem Blog darüber).
Auf Platz 2 findet man Blackpool an der Westküste, früher einmal ein Dorado für Urlauber aus den Industriestädten der Midlands, wo man sich in zahllosen Amusement Arcades verlustieren konnte. Diese Vergnügungshallen gibt es noch immer, aber es sind immer weniger Besucher da, die sie auch benutzen.
Der 3. Platz wird von dem schon erwähnten Clacton-on-Sea eingenommen, Platz 4 von Hastings an der Südküste und Platz 5 von Ramsgate in Kent.

Doch es gibt auch Seebäder, die diese Probleme nicht haben, z.B. Brighton, wo immer jede Menge los ist oder Whitby an der Küste Yorkshires, das sehr erfindungsreich ist und wo man u.a. von Dracula, Ghost Walks und Goth Weekends profitiert. Vielleicht müsste man einfach in den Seebädern neue Marketingideen entwickeln, um die Touristen wieder zurückzuholen, denn schöne Strände gibt es hier allemal.

Morrisseys Song und Video Everyday is Like Sunday“ („This is the coastal town that they forgot to close down – Armageddon – come Armageddon!“) gibt die Atmosphäre eines „doomed seaside resorts“ wieder. Gedreht wurde das Musikvideo in Southend-on-Sea (Essex), auch ein Ort, der mit Problemen zu kämpfen hat.

Eselreiten in Blackpool.    © Copyright Gerald England and   licensed for reuse under this Creative Commons Licence.

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Happy "London-by-the-sea": Brighton. Eigenes Foto.

Happy „London-by-the-sea“: Brighton.
Eigenes Foto.

Published in: on 5. September 2014 at 02:00  Comments (4)  
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