Der Diebstahl eines wertvollen Vermeer-Gemäldes aus dem Kenwood House in London

Kenwood House auf der Hampstead Heath.
Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)

Bei einem Spaziergang über die Londoner Hampstead Heath kam ich am Kenwood House vorbei, einem ehemaligen Herrenhaus, das im 18. Jahrhundert von dem Architekten Robert Adam im klassizistischen Stil umgebaut worden war. Es beherbergt eine große Gemäldesammlung, die der irische Geschäftsmann und Philanthrop Edward Cecil Guinness, 1. Earl of Iveagh, von der Bierbrauerfamilie, zusammengetragen hatte und alles, Haus, Grund, Gemäldesammlung, nach seinem Tod im Jahr 1927 der englischen Nation vermachte. Das Haus liegt jetzt in den Händen des English Heritage.

Eines der berühmten Gemälde im Kenwood House ist Jan VermeersDie Gitarrenspielerin„, das der niederländische Maler 1672 angefertigt hatte. In der Nacht des 23. Februars 1974 wurde dieses Bild aus dem Kenwood House gestohlen. Der Dieb verschaffte sich mit Hilfe eines Vorschlaghammers Zutritt zu dem Museum, nahm den Vermeer von der Wand und war schnell wieder verschwunden. Das Sicherheitspersonal konnte nichts mehr ausrichten, rief die Polizei, die mit Spürhunden versuchte, dem Dieb auf die Spur zu kommen, aber vergebens. Dieb und Bild blieben verschwunden. Auf dem Kunstmarkt ließ sich so ein berühmtes Gemälde nicht absetzen, also vermutete die Polizei anfangs eine Auftragsarbeit eines Kunstsammlers. Der Rahmen des Bildes wurde schnell gefunden, durch den Hinweis einer Hellseherin namens Nella Jones. Diese hatte plötzlich eine Eingebung, notierte den Standort (ein paar hundert Meter vom Kenwood House entfernt), ging damit zur Polizei, die äußerst skeptisch dem Hinweis nachging und tatsächlich an der angegebenen Stelle den beschädigten Rahmen vorfand.

Mehrere Anrufer nahmen Kontakt zu Scotland Yard auf, die jeweils ein Lösegeld forderten; man vermutete die IRA dahinter, aber auch andere Terrororganisationen gerieten ins Blickfeld der Polizei, die ein Lösegeld kategorisch ablehnte. Es gingen auch einige anonyme Anrufe zum Aufenthaltsort des Gemäldes ein, darunter einer, der sagte, das Bild befände sich auf dem Kirchhof von Saint Bartholomew-the-Great in der Londoner City. Und siehe da, als die Polizei dort eintraf, fand sie die Gitarrenspielerin gegen einen Grabstein gelehnt vor, glücklicherweise nur gering beschädigt (hier ist ein Film). Der Täter wurde nie ermittelt, obwohl Scotland Yard einen starken Verdacht hatte, dass die IRA Terroristin Rose Dugdale ihre Hände im Spiel gehabt hatte. Dugdale und einige andere raubten zwei Monate später aus einem Herrenhaus in Irland neunzehn Meisterwerke, darunter wieder einen Vermeer,  dieses Mal „Briefschreiberin und Dienstmagd„, ein Ölgemälde aus dem Jahr 1670.

„Die Gitarrenspielerin“ hängt nach wie vor im Kenwood House, das besucht werden kann, leider zur Zeit nicht, da das Coronavirus etwas dagegegen hat.

Kenwood House
Hampstead Lane
Hampstead
Greater London NW3 7JR

Hier auf dem Kirchhof von St Bartholomew-the-Great in der Londoner City wurde das Gemälde wiedergefunden.
Photo © Christine Matthews (cc-by-sa/2.0)